1 Hold On

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Song: Hold On - Chord Overstreet

Was ist schon Glück? Nichts weiter als eine Illusion, von der wir Menschen glauben, sie wäre real.
Wir reden uns ein wir wären glücklich, aber tief im Innern sind wir's nie.
- Oder doch?

Cayden POV

Es ist Samstag. Ein Perfekter Tag um einfach nichts zu tun. Die Sonne scheint zwar schon wohlig warm auf mein Bett, aber es ist noch nicht warm genug um mit den Jungs an den See zu fahren. Deswegen liege ich an einem Samstagmittag in meinem Bett und tu nichts. Ich starre einfach nur an die Decke und höre den Vögeln vor meinem Fenster zu.
Es klopft. „Darf ich reinkommen, mein Junge?", ertönt Dads Stimme vor meiner Tür.
„Klar!" schnell richte ich mich auf und kram nach meinem Smartphone. Dad öffnet die Tür und ich versuche so zu tun, als würde ich irgendein Game spielen.
Er seufzt „Cayden, du bist ein furchtbarer Schauspieler." Das ist gelogen. Ich bin ein hervorragender Schauspieler. Dad ist halt nur der einzige der hinter meine Maske schauen kann.

Ich klopfe neben mir auf die Matratze und Dad setzt sich. Er seufzt einige Male schwer und dreht gedankenverloren meine Plüschgiraffe in seinen Händen.
Als er beginnt zu sprechen ist seine, sonst unglaublich sanfte Stimme ziemlich rau und eine tiefe Sorgenfalte bildet sich auf seiner Stirn. „Mein Sohn, kannst du mir eins versprechen? Sei Bitte immer du selbst und versuche nicht, dich für Andere zu verstellen. Wenn sie meinen wunderbaren Jungen nicht so akzeptieren wie er ist, tja dann haben sie dich nicht verdient! Versprich mir, dir selbst treu zu bleiben und ausschließlich das zu tun, was dich wirklich glücklich macht!" Erwartungsvoll sieht er mich an. Ich nicke stumm, aber weil es ihm so wichtig ist bringe ich doch noch ein „Ich versprechs." über die Lippen.
Dad hat plötzlich Tränen in den Augen. Unbeholfen nehme ich ihn in den Arm. er flüstert mir ins Ohr, „Finde dein wahres Glück ja? Und pass gut auf deine Mum und deine Schwester auf, hörst du?" Dad löst sich aus der Umarmung und zwei einzelne Tränen laufen über sein Gesicht.
Ich weiß nicht was ich sagen soll und nicke erneut.

Dad schließt mich in eine zweite Umarmung und verlässt dann mein Zimmer.

Ich lege mich wieder hin und verfalle erneut in meine Tagträumereien.
Etwas an der Situation eben kommt mir komisch vor, also lasse ich unser Gespräch Revue passieren.
Auf einmal beschleicht mich eine komische Vermutung. Ich springe panisch auf und renne die Treppe runter.
Meine Schwester sitzt im Wohnzimmer und schaut fern. „Alli, hast du Dad gesehen?" Meine Stimme zittert und ich versuche garnicht erst es zu verstecken.
„Der ist vor einer Viertelstunde los. War komplett aufgelöst. Er sagte er liebe mich ‚so unglaublich sehr' und dass ich Mum einen Kuss von ihm geben soll wenn sie nach Haus kommt."
Scheiße. Das bestätigt meine Vermutung. „Alli, denk haarscharf nach! Hat er gesagt wo er hin will?"
„Ne. Oder warte doch! Er sagte er geht spazieren. Das heißt er ist wahrscheinlich bei der Brücke."

Ohne Abschiedsgruß lasse ich sie allein, schnappe mir die Autoschlüssel vom Küchentresen, springe ins Auto und fahre wie ein Irrer zur Brücke.

Ich bin zu spät. Ich höre bereits das Geräusch der Alarmsirenen von Polizei und Krankenwagen.
Ich stürme auf das Geländer zu. Ich denke ich will sehen, wie es meinem Dad geht.
Starke Arme packen mich und versuchen mich vom Geländer Fernzuhalten, damit ich das, was mich unterhalb davon erwartet, nicht sehen muss.

༺༻

Ich öffnete die Augen und wurde augenblicklich von dem grellen Sommerlicht geblendet. Schon wieder dieser Albtraum.
Ich musste irgendwann eingedöst und mit dem Kopf gegen die schmutzige Fensterscheibe gesunken sein. Die Landschaft draußensah ganz anders aus, als die zu Hause. Ich gähnte und setzte mich wieder aufrecht hin.

Die Sonne brannte vom Himmel auf die Blechbüchse, in der wir saßen, herab. Die Klimaanlage des Autos mühte sich ab die Spätsommerhitze zu bekämpfen.
Im Radio dudelte irgendeins dieser viel zu fröhlichen Lieder. „Mum, kannst du Das Da ausschalten?", fragte ich und lehne mich vom Rücksitz ein wenig nach vorne.
Sie lächelte mich im Rückspiegel an und schaute dann wieder auf die Straße. „Wieso? Das Lied ist doch schön." Ergeben seufzte ich und ließ mich wieder gegen die Rückenlehne sinken.

Ich setzte meine Kopfhörer auf, startete meine Playlist und starrte wieder aus dem Fenster.
Die vorangegangene Handlung führte dazu, dass ich erneut in Gedanken versank.
Ich dachte an das Lächeln meiner Mutter, das, selbst wenn es echt war, nicht mehr bis zu ihren Augen reicht. Ich dachte an meinen Albtraum, der mich seit 16 Monaten heimsuchte und an das falsche Interesse und Mitleid meiner ehemaligen Klassenkameraden.

Mein Vater ist vor genau 16 Monaten von der Christopher S. Bond Bridge gesprungen. Alles was er mir hinterlassen hat war ein Brief, der seitdem auf meinem Schreibtisch lag. Ich habe es bisher nicht übers Herz gebracht ihn zu lesen, denn das würde bedeuten, dass Dad wirklich für immer fort ist.
Als er weg war, hat sich in meinem Innern eine tiefe Leere gebildet. Einmal wollte ich ihm folgen, erinnerte mich jedoch im letzten Moment an das Versprechen, das ich ihm vor seinem Tod gab.
In der Schule spielte ich einen Cayden, den es nicht mehr gab. Vormittags stellte ich mich glücklich, Nachmittags besuchte ich verschiedenste Therapeuten.

Mum fiel es schwer in Kansas weiterzumachen. Von Nachbarn und Bekannten bekam sie Sprüche wie wäre ich mit ihr verheiratet, wäre ich auch gesprungen. zu hören. Alles in dieser Stadt erinnerte sie an Dad.
Also hat sie möglichst viel Geld zusammengekratzt, kündigte ihren Job und kaufte ein Haus in einer kleinen Stadt mitten im Nirgendwo.
Alli diskutierte viel und lange mit Mum. Sie wollte nicht weg von ihren zwanzig Freundinnen.

Ich habe mich schnell damit abgefunden. Bis auf meine beste Freundin Veronica würde mich ohnehin niemand vermissen. Nicht das ich unbeliebt an meiner Schule war, sie ist halt nur meine einzige wirkliche ‚Freundin'.
Ich musste Vee, sie besteht darauf, dass jeder sie so nennt, versprechen, dass ich sie jeden Abend anrufe. Hätte ich sowieso gemacht. So leicht wird sie mich nicht los.

Erneut änderte sich die Landschaft vor den staubigen Fenstern. Die Felder wurden zu Häusern.
Die Häuser wurden immer mehr. Wir bogen an einer Kreuzung in eine kleinere Seitenstraße ein und hielten schließlich vor einem Einfamilienhaus am Ende der Straße.

Das würde ein Neuanfang werden. Eine neue Chance für uns drei.

...I Love You. |boyxboy|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt