Reise ins Jenseits

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Nach einer halben Stunde kamen wir endlich an dem Friedhof an und ich öffnete schweren Herzens das große Tor. Wir betraten den Friedhof und ich führte sie zum Grab meiner Eltern. "Hier bitte. Meine Eltern.", präsentierte ich ihr traurig das Grab. Sie stand irritiert davor und sah sich stumm die Namen und das Grab an. Fünf Minuten der Stille vergingen bis sie sich nah zu mir hinstellte. "Als ich sagte....ich will deine Eltern kennen lernen....hättest du mir ruhig sagen können das sie nicht mehr leben.", meinte sie zu mir und klang wieder etwas kalt. Ich starrte nur mit Tränen in den Augen das Grab an und antwortete ihr nicht da es einfach zu sehr weh tat. Sie schaute nur stur das Grab an und es ließ sie wahrscheinlich kalt wie ich mich in diesem Moment fühlte. Getröstet hatte sie mich auf jedem Fall nicht.
Als sie merkte das ich leise vor mich hin weinte, distanzierte sie sich von mir, schloss ihre Augen und hielt ihre Hände vor sich als würde sie irgendwas darin fest umklammern. Es wurde plötzlich richtig windig und ich musste mir meinen Zylinder festhalten. Ein schwarzer, dunkler Wirbel umschloss uns und der Wind dazu wurde immer stärker sodass ich mich fast nicht mehr auf meinen Beinen halten konnte. Sie hingegen stand felsenfest wo sie sich vor dem Ganzen hingestellt hatte und hatte keine Mühen wie ich. Ich merkte wie ich langsam den Halt verlor und drohte mitgerissen zu werden. Irgendwann kippte ich nach hinten und jemand hielt mich plötzlich fest. Es war Tinchen selbst und mit einem Stampfer auf dem Boden hörte plötzlich alles auf. Es wurde sehr hell in der Umgebung und ich schaute mich vorsichtig um. Der Himmel, der vorhin noch mit Wolken bedeckt war, war plötzlich strahlend blau und die Sonne schien. Die Atmosphäre, die vorhin noch bedrückend war, war plötzlich sehr freundlich und angenehm. Ich blickte auf das Grab meiner Eltern und konnte jemanden darauf liegen sehen. Er lag kerzengerade auf dem Bauch und sein Kopf war nach rechts gedreht jedoch schien er nicht mehr zu atmen. Ich schaute mir weiter die Person an und bemerkte plötzlich das ich das sein soll. Als ich hingehen wollte wurde ich von hinten zurück gehalten und ich drehte mich um. Es war Tinchen selbst die mich am Umhang festhielt und zu sich zog. "Entspann dich Billy.", sagte sie nur zu mir und ließ mich wieder los als ich bei ihr stand. "Wo sind wir?", fragte ich verwirrt und schaute mich weiter um. "Willkommen in der Welt der Geister und Dämonen. Wir haben aber nur eine begrenzte Zeit.", präsentierte sie mir die helle und freundliche Umgebung. "Was? Aber wie?", fragte ich verwirrt und verstand nicht genau was sie meinte. Dann fiel mir die Person wieder auf dem Grab ins Auge und ich betrachtete genau die Stelle unterhalb der Nase. Dort lief Blut aus der Nase was sehr verstörend und grausam aussah. "Wer....ist das?", fragte ich sie vorsichtig und wollte es unbedingt wissen. "Der Mann da? Das bist du. Aber keine Sorge. Nur wir können es sehen und kein Außenstehender.", antwortete sie und zeigte wieder ihre eiskalte Seite. "Und warum.....blute ich dann.....aus der Nase?", fragte ich etwas verängstigt. "Der leise Tod, so wie ich das gerne nenne, ist ein schneller Genickbruch der den sofortigen Tod hervorruft. Diejenigen bluten dann aus der Nase was für mich ein Zeichen des Todes ist. Killerinstinkte eben. Aber wenn wir diese Welt wieder verlassen bist du wieder ganz normal. Das ist nur eine Vorwarnung an dich mich nicht zu hintergehen Billy.", erklärte sie mir und strich mir einmal von hinten an meine Schultern entlang. Mir lief sofort ein kalter Schauer über den Rücken und ich bekam Gänsehaut als sie es tat und sagte. Es machte mir große Angst und verschaffte mir Respekt vor ihr. "Ok. Aber was machen wir denn hier? Das verstehe ich noch nicht.", gab ich von mir und sah sie immer noch verwirrt an. "Du wirst jetzt deine Eltern wieder sehen Billy. Ich habe gesehen wie weh es dir tut und ich denke die würden sich auch freuen dich zu sehen. Die Seele eines Menschen der verstorben ist weilt immer noch unter uns obwohl wir sie nicht mehr sehen und anfassen können.", antwortete sie mir und stand vor dem Grab meiner Eltern um es weiterhin zu betrachten. "Ich soll jetzt einfach nach ihnen rufen oder wie?! Mädel! Ich muss mich damit abfinden das sie nicht mehr da sind!", gab ich etwas wütend von mir und verschränkte meine Arme. "Alexander? Elisa? Das ist eure Möglichkeit euren Sohn Billy in die Arme schließen zu können.", rief sie plötzlich und wartete ab. Auf mich ging sie gar nicht mehr ein was mich innerlich noch wütender machte. Und tatsächlich tauchten plötzlich meine Eltern auf die hinter dem Grabstein zum Vorschein kamen. Fassungslos starrte ich meine Eltern an und konnte nichts mehr dazu sagen. "Wer sind Sie und warum haben Sie uns gerufen?", fragte meine Mutter Tinchen die sie anlächelte. "Es wird Zeit Billy das Gefühl zu geben was er schon so lange vermisst. Sie können sich mit ihm ganz normal unterhalten als würden Sie beide noch leben.", antwortete sie ihnen und zeigte auf mich. Völlig überrascht sahen mich meine Eltern an und konnten es selbst nicht glauben was sie sehen. "Billy?", fragte meine Mutter und kam langsam auf mich zu. Auch Alexander näherte sich mir langsam und vorsichtig. Tinchen schaute nur zu und lächelte. Ich antwortete nicht und hatte merklich Angst davor. Aber meine Mutter kam weiter auf mich zu und berührte mich an meiner Wange. "Liebling.....das ist unser Billy....leibhaftig und wie er hier vor uns steht.", merkte meine Mutter an und konnte es nicht glauben mich berühren zu können als würde sie in diesem Moment lebend vor mir stehen. "Bist du dir sicher ma Chérie?", fragte mein Vater unglaubwürdig. "Oui Liebling. Das ist unser Sohn Billy.", antwortete meine Mutter sicher und schaute mich liebevoll an. Ich konnte es mir nicht länger verkneifen und fing an zu weinen. "Aber...das ist doch unmöglich.", gab mein Vater weiterhin von sich und musste es erstmal verkraften. "Mutter!", sagte ich weinend und musste sie einfach umarmen was auch funktionierte. Und da verlor auch Vater langsam das Misstrauen mir gegenüber und umarmte mich daraufhin auch. Es tat einfach so gut wieder von meinen geliebten Eltern in den Arm genommen zu werden was mir so lange verwehrt blieb und vermisst habe. "Mein kleines Vögelchen! Wir sind so stolz auf dich. Und du bist wirklich sehr groß geworden.", sagte mein Vater liebevoll nach der Umarmung und sah mich stolz an. "Oh Engelchen....wir lieben dich so sehr und würden dich niemals allein lassen. Aber Billy mein Engel, sag doch wer diese junge Dame hier ist? Ist das deine Freundin?", fragte meine Mutter und schaute auf Tinchen. "Mutter? Vater? Das ist Tinchen. Sie ist eigentlich eine Auftragskillerin die mich ausschalten sollte aber....sie hat sich dann doch umentschieden als sie raus bekam was der Auftraggeber für ein falsches Spielchen getrieben hatte. Allerdings......bin ich in sie wahnsinnig verliebt und sie hat mir den Kopf verdreht. Aber Beziehung oder Freundschaft ist das bis jetzt noch nicht.", stellte ich sie vor und erzählte kurz etwas dazu. Tinchen sah mich daraufhin entsetzt an und ihre Mimik verfinsterte sich. "Wie kommst du darauf zu denken hier ein Liebesgeständnis abzugeben?! Junge!! Ich habe dir gesagt du sollst mir Paris zeigen und nicht mir deine Liebe gestehen! Das du auf mich stehst habe ich schon gemerkt wo du mich mehrmals geküsst hast!", fuhr sie mich plötzlich wütend an. "Warte....soll das heißen du hast mir nur was vorgespielt? Und warum hast du dich dann darauf eingelassen?", fragte ich sie traurig. Meine beiden Eltern standen mir bei und trösteten mich etwas da sie den Streit mitverfolgten. "Ich habe es nur getan weil ich wusste wie sehr dir das momentan fehlte einen lieben Menschen bei sich zu haben! Gefühle waren keine im Spiel!!", antwortete sie mir wütend und eiskalt. "Aber.....", stotterte ich und sah sie nur verständnislos an. Ich konnte einfach ihre Reaktion nicht verstehen. "Sei nicht traurig mein Vögelchen. Irgendwann wirst auch du eine liebevolle Frau finden wie ich deine Mutter gefunden habe.", versuchte mich mein Vater aufzumuntern. Meine Mutter streichelte mir über meinen Rücken und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Billy! Wir müssen langsam gehen! Unsere Zeit geht zuneige!", gab sie etwas gereizt von sich und wartete auf mich. "Nein. Ich will nicht mehr gehen.", weigerte ich mich und wollte am liebsten bei meinen Eltern bleiben. "Entscheide dich. Sterben oder Leben!", stellte sie mich vor die Wahl. "Engelchen. Lass endlich los und behalte uns in Erinnerung wie du uns kennst. Denk an deinen Bruder und all den Lieben die dich so mögen und akzeptieren wie du bist.", gab meine Mutter von sich und küsste mir nochmal liebevoll auf die Wange. "Deine Mutter hat Recht mein Vögelchen. Gehe mit ihr. Wir werden immer bei dir bleiben ben egal auf welchen Wegen du unterwegs bist. Wir sind immer für dich da wenn du uns am meisten brauchst.", sagte mein Vater zu mir und umarmte mich noch einmal herzlich. "Ok. Ich liebe euch von ganzem Herzen. Lebt wohl, Mutter und Vater.", sagte ich traurig und stellte mich zu Tinchen. "Wir lieben dich Billy!", riefen mir noch meine Eltern zu und winkten. Es wurde wieder windig und der schwarze Wirbel umhüllte uns wieder. Meinen Zylinder musste ich wieder festhalten denn sonst wäre er mitgerissen worden. Nach kurzer Zeit war der Spuk vorbei und ich schaute sofort zum Grab meiner Eltern. Der Tote lag nicht mehr auf dem Grab und ich fasste mir instinktiv an meinem Hals und Nackenpartie. "Ich lebe!", dachte ich mir und sah zu Tinchen die auf einer Bank saß und über irgendetwas nachzudenken schien. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, ging auf sie zu und setzte mich zu ihr. "Hey....ähm....tut mir Leid was ich gesagt habe. Ich habe einfach nicht richtig nachgedacht und es kam einfach aus mir heraus. Verzeihst du mir?", sprach ich sie an. "Ach, hör doch auf! Ich hätte es einfach tun sollen wie beauftragt und dann wäre das Ganze hier nie passiert!", meinte sie nur kalt und drehte sich von mir weg. "Dann tu es. Du erledigst deinen Auftrag wie eigentlich verlangt und ich gehe zu meinen Eltern. Dann ist alles so wie es sein sollte und das Ganze hier.....hat ein Ende.", sagte ich traurig, stand auf und drückte ihr meine Pistole in die Hand. Anschließend kniete ich mich vor ihr hin, nahm meinen Zylinder vom Kopf und richtete ihre Hand mit der Pistole an meine Stirn. "Na los....drück ab und erledige deinen Auftrag.", forderte ich sie auf und wartete darauf. Zuerst tat sie dies wie ich sie geführt hatte aber sie zögerte doch und legte meine Pistole auf die Seite. Ich sah sie an und sie war irgendwie etwas traurig. "Weißt du....seit ich dich kennen gelernt und dein Leben öfters beschützt habe bist du mir doch irgendwie ans Herz gewachsen. Auch wenn es mein Auftrag war dich zu eliminieren kann ich es doch nicht mehr. Und das liegt wirklich nicht daran das wir uns sogar geküsst haben und du dich in mich verliebt hast. Es liegt mehr daran weil ich dich etwas kennen lernen durfte und du nun ein Teil meines Lebens wurdest. Für mich bist du kein Fremder mehr sondern ein Freund mit großem Herzen und Gefühl in dir. Und Freunde werde ich nicht töten.", erklärte sie mir ruhig und ließ mich wieder auf die Bank setzen. Meine Pistole drückte sie mir wieder in die Hand und ich steckte sie wieder in den Holster zurück. "Also....sind wir doch Freunde?", fragte ich sie hoffnungsvoll. Daraufhin fing sie an zu lächeln und antwortete nur: "Ja Billy. Und ich glaube durch meinen Beschützerinstinkt werden wir unsere Freundschaft noch sehr weit vertiefen. Vielleicht sogar....beste Freunde mit einigen Ausnahmen." Verführerisch strich sie mir über meine Wange und meine Gefühle fingen wieder an verrückt zu spielen. Ich fing an zu lächeln und musste mich richtig zusammenreißen sie nicht wieder unkontrolliert zu küssen wie letztes Mal. Aber ich konnte einfach nicht anders und es passierte wieder. Ich küsste sie voller Leidenschaft und hörte plötzlich einen Schuss. Verwirrt sah ich mich um und sah einen Mann zusammenbrechen der in unserer Nähe stand. "Sorry Billy, aber er war im Weg und hatte vor dich mit einem Messer hinterrücks zu erstechen.", meinte sie nur zu mir und steckte ihre Pistole wieder weg. "Das du sowas immer merkst ist echt erstaunlich.", gab ich überrascht von mir. Sie kicherte daraufhin und stand auf. Auch mich ließ sie aufstehen, nahm meine Hand und zusammen Händchen haltend gingen wir vom Friedhof.

Killerin AmericanoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt