#3 Das verdorbene Saatgut

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Die ganze Stunde über hatte ich mit einem miesen Gefühl zu tun. Felix hatte sich verspätet und die Klasse mit einer kaputten Hose betreten, wofür wir die Ursache waren. Verpetzt hatte er uns aber nicht. Stattdessen entschuldigte er sich damit, dass ihm schlecht gewesen sei und er deswegen etwas länger gebraucht hatte, um seinen Weg in die Klasse zu finden. Mit einem Nicken und ein paar wenigen Worten versicherte sie ihm, dass sie ausnahmsweise kein Vermerk in das Buch schreiben würde, was etwas unfair war.

Normalerweise bekommen wir immer Konsequenzen, egal ob wir selbst schuld sind, oder nicht. Felix aber war mit einer anderen Mitschülerin jemand, der sich komischerweise auffällig oft Fehltritte erlauben darf. Er ist zwar erst seit ein paar Monaten an der Schule, hat sich aber jetzt schon mehr Dinge geleistet als manch anderer in meiner Klasse, der schon seit Jahren hier ist.

Darum sind ich und meine Freunde uns auch so sicher, dass er viel Geld haben muss. Er wäre nicht der Erste und auch nicht der Einzige, der die Lehrkräfte oder die Schulleitung mit Geld besticht, um seine Sünden reinzuwaschen. Ein Gedanke der mir wenigstens ein bisschen dabei half mit meinem schlechten Gewissen klarzukommen. Vielleicht hat er ein bisschen verdient so behandelt zu werden. Immerhin ist sein Verhalten gegenüber Menschen wie mir die sich normalerweise an die Regeln halten auch asozial.

Man erntet wohl wirklich was man sät. 

Dieser Spruch ging mir wenig später noch einmal durch den Kopf, als ich nach der Schule von einem anderen Klassenkameraden angesprochen wurde, der sonst eher selten mit mir redet. ,,Heeey, na du frisch gebackener Mobber! Alles klärchen bei dir?", sofort stockten bei diesen Worten mein Atem. Hat er mich gerade Mobber genannt?! ,,Was faselst du da?", fragte ich gespielt unschuldig nach, versuchte dabei aber so glaubhaft wie möglich rüberzukommen und zu verstecken wie geschockt ich innerlich bin. Scheinbar war meine Schauspielkunst aber auch hier wieder extrem miserabel, was ich anhand dessen festlegte, dass mein Mitschüler sich einfach stumpf wiederholte und sogar noch einen oben drauf setzte. ,,Ist das euer erstes Opfer? Ihr scheint noch etwas ungeübt zu sein.", perplex starrte ich ihn mit offenem Mund an. 

Woher zur Hölle weiß er das? Hat Felix ihm das gesagt? 

,,Ich weiß nicht wovon du redest, Han.", versuchte ich ihn abzuwimmeln, was mir nicht gelang. Stattdessen wurde er nur noch direkter, was mir den Schweiß auf die Stirn trieb. ,,Fünfzehn Euro sind wirklich ein Witz, da hat Changbin absolut Recht und ich finde übrigens auch, der Tritt war notwendig.", damit war es klar, er hat alles mitbekommen. 

Eine Sache die gar nicht geht. 

,,Hast du uns verfolgt, oder woher weißt du das?!", wollte ich sofort wissen, was ihn grinsen ließ. ,,Naja ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort kann man sagen. Genau wie die hier.", schelmisch wedelte er mit einer digitalen Kamera vor seinem Gesicht herum und tat so, als würde er ein Foto von mir schießen und ahmte sogar Klickgeräusche nach. Gestresst wischte ich mir über das Gesicht und wusste nicht, was ich jetzt tun soll. Allerdings musste ich darüber auch gar nicht so viel nachdenken, weil er anscheinend schon ganz genau weiß, was er von mir will. ,,Aber du hast Glück. Meine Kamera wird schnell vergesslich, wenn sie Geld wittert. Wie wärs also, wenn wir euren Gewinn teilen, hm?", für einen Moment hielt ich inne und biss mir leicht auf die Unterlippe. 

Das kann doch nicht wahr sein.

,,Ich will fünfzig Prozent eurer Einnahmen.", "Fünfzig?!", entgegnete ich ihm sofort laut protestierend, was nach meinem Geschmack etwas zu laut war. ,,Zeig mir erstmal was du angeblich für Beweise hast, vorher reden wir hier über gar nix.", am liebsten wäre ich vor Wut explodiert. Erst kritisieren meine Freunde so an mir herum, dann plagt mich mein schlechtes Gewissen und jetzt werde ich als Erpresser selbst erpresst. 

,,Hier.", ohne zu zögern ging er meiner Aufforderung nach und zeigte mir eine Reihe von Bildern, die mich dabei zeigten wie ich Felix körperlich anging. Bilder, die nicht existieren sollten und erst recht nicht in die falschen Hände geraten dürfen. Schnell versuchte ich ihm also die Kamera aus der Hand zu reißen, was mir nicht gelang. Laut lachte Han daraufhin abfällig auf, was mir unglaublich peinlich war. ,,Denkst du echt ich zeige dir Material was einmalig existiert? Natürlich habe ich schon Kopien gezogen, das ist doch wohl klar. Was fällt dir außerdem ein mich auch noch anzugehen? Also ehrlich, gibt mir lieber etwas von den Einnahmen eures perfiden Planes ab, ansonsten poste ich die Bilder und zeig sie auch der Lehrerschaft."

Wütend grummelte ich etwas vor mich hin und nahm mir ein paar Sekunden zum Nachdenken und um das Alles sacken zu lassen, ehe ich ihm antwortete, dass er nicht mehr als 35 Prozent bekommen würde, wobei er nochmal auf 40 erhöhte, was ich dann doch schweren Herzens zusagte. Lieber verliere ich 40 Prozent des Geldes, als das diese Bilder jemand anderes außer uns zu Gesicht bekommt. Mit einem Handschlag besiegelten wir unsere Abmachung und legten noch fest, dass er das Geld immer am Ende der Woche, um die gleiche Uhrzeit und am selben Ort, wo wir uns momentan befinden, bekommen wird. ,,Für ein bisschen mehr Geld bringe ich dir auch bei wie man wirklich scheiße zu jemandem ist.", viel zu ernst schob er diese Worte noch nach, als ich mich gerade verabschieden wollte. ,,Wir sehen uns morgen.", mit diesem letzten Satz für heute zeigte ich ihm auf, dass ich daran kein Interesse hätte, was wirksam genug zu sein schien. 

Endlich ließ er nach einem letzten dummen Spruch lachend von mir ab und winkte mir noch zu, wonach er sich fröhlich von mir entfernte.

Man erntet wohl wirklich was man sät.

Lemme pay with my currency || ChanlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt