#35 Geheimnis gegen Geheimnis

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Sprachlos saß ich also da und starrte auf das Bild, das mir Wonho hinhielt. Was meine Augen hier zu sehen bekamen konnte ich kaum verarbeiten. Es war ein Selfie von meinem Bruder und einem anderen Mann, den ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe. Bis dahin scheint erstmal alles normal zu klingen, bis man die Handlung des Bildes erklärt. 

Er küsst einen Mann.

Und das tat er nicht halbherzig oder mal so eben nebenbei, sondern voller Leidenschaft, die ich sogar durch das Telefon spüren konnte. ,,Wonho, wer ist das?", brachte ich nach einer ewigen Sprachpause heraus, was mich auch endlich dazu brachte meinen Blick von dem Telefon zu lassen. In dem Moment, wo ich von dem Bildschirm aufschaute, sah ich die großen Flecken, die sich unter seinen Achseln auf dem grauen Hoodie gebildet hatten. Anscheinend ist er doch super aufgeregt, hat es bis hierhin aber einfach nur gut versteckt. Ganz im Gegensatz zu mir, der so einfach zu lesen ist wie ein offenes Buch.

,,Hyungwon.", sagte er nur kurz und knapp, wonach er sich räusperte. Mit diesem Namen wurde mein Gehirn plötzlich von tausend Fragen durchflutet, die ich alle frei heraus in den Raum warf. Ich wollte wissen seit wann er ihn kennt, ob das sein richtiger fester Freund ist, wie lange er das schon unter Verschluss hält und so vieles mehr. Mit dieser Offenlegung hatte ich auf einmal das Gefühl, als müsste ich ihn von Grund auf neu kennenlernen, auch wenn ich wusste, dass das eigentlich Quatsch ist. ,,Hey, hey, hey! Jetzt bist erstmal du dran.", sofort verstummte ich. Den Teil der Abmachung hatte ich schon wieder fast vergessen, weil ich von dem neuen Wissen komplett umgehauen wurde.

Trotzdem hat er recht. Ich bin jetzt dran, wobei ich nicht so eine coole Methode habe wie er, um mir die Blöße zu geben. 

Das einzige was mir ein kleines bisschen Sicherheit gab, war die Tatsache, dass wir so ziemlich das Gleiche mit uns herumschleppen. Darum atmete ich einmal tief ein und aus, bevor ich ihm einfach vor den Bug knallte, was mich seit ein paar Wochen plagt. ,,Ich glaube, ich hab mich in diesen Felix verknallt.", wahrscheinlich war ich in dem Moment rot wie eine Tomate geworden. ,,Und heute Nacht ist was passiert?", damit wollte er schon das nächste wissen, wogegen ich sofort protestierte. ,,Geheimnis gegen Geheimnis!", damit rief ich die Abmachung zurück in sein Gedächtnis, wozu er meinte, dass er nie festgelegt hat, dass immer er anfangen müsse. Trotzdem aber war er es, der weitere Informationen preisgab.

,,Hyungwon ist mein fester Freund, schon seit... pfff sechs Jahren?", ich staunte nicht schlecht und war verblüfft, wie er das so lange geheim halten konnte, wogegen ich es nicht mal 24 Stunden geschafft habe. Direkt fiel mir aber ein, dass er uns vor ein paar Jahren ein Mädchen vorgeführt hat, von dem er sich angeblich wenig später getrennt haben soll. Ist er damit seinem Partner fremd gegangen?

Wer ist dieser Mensch, der gerade vor mir sitzt?

,,Und was war mit Mei oder wie die hieß?", ermahnend hob er den Finger, wonach ich mit den Augen rollte. Weil ich unbedingt mehr wissen wollte beantwortete ich also seine Frage von davor. ,,Wir haben uns geküsst, mehr ist da nicht passiert.", ,,Und gekuschelt", fügte er dem hinzu, wonach ich einen Zischlaut von mir gab. ,,Na, was ist jetzt mit Mei?!", kurz Seufzte er aus, eher er ein bisschen mehr ausholte, um die Situation mit dem Mädchen zu erklären. Sie diente nur als Alibi, was vorher mit diesem Hyungwon abgesprochen war. Entgeistert nickte ich nur noch und war zu fast nichts anderem mehr fähig.

Mein Gehirn drohte zu explodieren und der Rest meines Körpers versank in der Scham. 

,,Aber ihr seid nicht zusammen?", fragte mich Wonho plötzlich, was mich aus der Starre holte. Traurig schaute ich zu Boden und schüttelte langsam den Kopf, wonach ich aber meinte, dass ich es nicht weiß. ,,Woher weiß man sowas?", fragte ich ganz frei heraus, was ihn zum Lachen brachte. ,,Na, habt ihr da nicht drüber geredet?", gerade wollte ich zu Worten ansetzen, schüttelte aber wieder den Kopf, was ihn laut schnaufen ließ. ,,Naja, dann solltest du das vielleicht bald mal machen. Aber siehst du, ich sag' doch. Du kannst mir alles sagen.", sein Grinsen war so breit, dass es von einem Ohr zum anderen reichte, was ich von mir nicht behaupten konnte. In mein Gesicht war sie Skepsis geschrieben. Gerade jemand wie er, der seinen Partner seit sechs Jahren verheimlicht, sagt das?

Seine Begründung war, dass ich nun mal der kleine Bruder bin und darum nicht seine Probleme aufzuschultern habe, was ich andersrum aber genauso wenig fair fand. Außerdem beteuerte ich, dass das für mich kein Problem sei und ich prinzipiell nichts Falsches darin sehe. Wer wäre ich auch, wenn ich es bei anderen verteufeln und bei mir tolerieren würde?

,,Ja, aber Chan. Wenn wir ehrlich sind, bist du auch echt schlecht darin Dinge für dich zu behalten.", damit traf er einen wunden Punkt, weil ich nicht anders konnte als ihm recht zu geben. Auch wenn ich es nie absichtlich mache, rutscht mir doch hier und da was raus, weil ich manchmal nicht genug nachdenke. Zumindest was meine eigenen Sachen angeht. Felix sein Geheimnis ist geheim geblieben und das war auch eines der Dinge, auf die ich echt stolz war.

,,Wenn du willst, kannst du heute länger bleiben, dann lernst du auch Hyungwon kennen.", 


Lemme pay with my currency || ChanlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt