#39 Das Kartenhaus der Lügen

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,,Ohhh, hast mich wieder erkannt!", spielerisch geschockt hielt sich Changbin seine Hand vor dem Mund, um seinen Sarkasmus noch ein bisschen mehr zu untermalen. Damit spielte er auf die Ferien an, in der ich nie für ein Treffen Zeit hatte, was ich doch etwas übertrieben fand. Immerhin haben wir uns einmal gesehen und waren auch nicht aus der Welt. 

Darum ignorierte ich auch sein Verhalten, was mir sehr leichtfiel, weil ich sowieso mit andern Dingen beschäftigt war.

Während Changbin seine Schulsachen herauskramte waren meine Augen auf der Jagd nach dem langhaarigen Schönling. Bei jeder Person, die den Raum betrat, bahnte sich ein bisschen Vorfreude in mir auf, die jedoch jedes Mal aufs neue zerschmetterte wurde, bis endlich derjenige den Raum betrat, auf den ich so sehnsüchtig gewartet hatte.

Allerdings wurde ich direkt enttäuscht.

So wie vor den Ferien schenkte er mir nicht einen Blick, sondern setzte sich einfach stumm auf seinen Platz. Dafür bekam ich umso mehr Aufmerksamkeit von dem Hobbyfotografen, der mir von weitem zuwinkte. Mehr als einen bösen Blick widmete ich ihm aber nicht, bevor ich mich daran machte aus dem Fenster zu schauen und die frischen Blätter der Bäume zu zählen.

Es ist echt unglaublich, wie alles interessanter als der Unterricht sein kann. 

Dabei frage ich mich immer, wieso nicht endlich mal was verändert wird. Die Lehrer kriegen doch mit, dass hier niemand Bock auf die Scheiße hat. Changbin schläft sogar, was nicht zu übersehen, oder zu überhören war. Sogar mir ging es schon so sehr auf die Nerven, dass ich den Entschluss fasste ihn zu wecken. 

,,Du schnarchst.", teilte ich ihm mit, was ihn überhaupt nicht juckte. Mit einer Bewegung wischte er sich nur die Spucke weg, mit der er seine Unterlagen vollsabberte, bevor er sich wieder ins Schlummerland begab. Wenigstens hatte er dabei aber seine Position gewechselt, weswegen auch das Schnarchen aufgehört hat. 

Somit weckte ich ihn erst wieder in der Pause, wo wir uns wie gewohnt gemeinsam in die Cafeteria begaben. Dort stellten sich Changbin und Jeongin in einer Schlange an, um etwas Essbares aufzutreiben, während ich uns Plätze an unserem Lieblingstisch bunkerte. Anders als sonst überbrückte ich diese Wartezeit aber nicht alleine, sondern bekam Gesellschaft, mit der ich nicht gerechnet hatte. ,,Naaaa.", schwunghaft setzten sich Han und Minho zu mir, die mich beide gleichermaßen blöd angrinsten. ,,Du hast dich heute Morgen gar nicht mit Felix getroffen.", kam Han direkt auf den Punkt, was mir schwitzige Hände bereitete.

Sofort fiel mir die Lüge ein, die ich meinen Freunden aufgetischt hatte. Wenn sie sehen, dass ich mit den beiden quatsche, werden sie bestimmt Fragen stellen, auf die ich keine Antworten habe. ,,Können wir darüber später sprechen? Changbin und Jeongin sollen mich nicht mit dir sehen.", zynisch grinste er auf meine Bitte hin, wonach sein Blick zu Minho wechselte, der ihn süß aber frech von der Seite anfunkelte. ,,Ach, warum denn?", seine Frage beantwortete ich nicht und fing stattdessen an zu betteln, dass er bitte weggehen soll, was ihn nicht sonderlich amüsierte. ,,Hm, dann sehen wir uns halt nach der Schule." beleidigt stand er damit auf, wonach er sich zu meinen Freunden umdrehte, die schon den Weg zu mir ansteuerten. ,,Bis daaaann.", trällerte er fröhlich los, wobei Minho nur breit lächelnd winkte. 

,,Was war das denn eben?", kam es direkt von Jeongin, den drei große Fragezeichen über seinen Kopf schmückten. ,,Ach, Han hat nur nochmal nachgefragt, ob die Sache mit Felix wirklich durch ist.", log ich meinen Besten vor, was nur einer von ihnen gut aufzunehmen schien. Jeongins Blick blieb skeptisch, was mir deutete, dass er mir nicht wirklich glaubte. 

Krampfhaft lenkte ich also das Thema auf etwas anderes, womit die Sache schnell vergessen war. Jedenfalls für die Beiden.

Nach der Schule war es an der Zeit den Fotodealer zu treffen, was ich gerne vermieden hätte. Im Schlepptau hatte er wieder Minho, was mir jetzt sogar noch ein Stück weit unangenehmer war. ,,Also, schieß los.", damit startete eine Konversation, die ich gänzlich auf Lügen aufbaute. 

Ohne mit der Wimper zu zucken, erzählte ich ihm, dass ich mit Felix eine neue Vereinbarung getroffen habe, in der sich Ort und Zeit geändert haben, die ich ihm nicht mitteilen wollte. ,,Ich kann es nicht ab, dass du mir ständig mit deiner Kamera hinterherrennst. Also habe ich das geändert.", meine Stimme klang so selbstsicher wie schon lange nicht mehr, weswegen mir die Hamsterbacke genügend Glauben schenkte. ,,Puuh, ich dachte schon, es gäbe Probleme.", warum auch immer kam es mir so vor, als wüsste er etwas, das er gar nicht wissen sollte, was mich stutzig werden ließ.

Die nächste Zeit werde ich meine Umgebung etwas genauer beobachten und auch meine Freunde etwas kritischer betrachten. Denn wie sagt man so schön, Vorsicht ist besser als Nachsicht. ,,Die Bilder sind übrigens gut weggegangen. Eines hab' ich sogar noch.", strahlend wechselte er plötzlich das Thema, was mich dazu brachte hilfesuchend zu Minho zu schauen. Er hingegen schien schon eingeweiht zu sein, was mir nicht in den Kragen passte. 

,,Ich finde, wir sollten ein kleines gemeinsames Geschäft daraus machen. Es gibt da jemand, der wäre nicht abgeneigt, noch ganz andere Bilder zu kaufen. Wir könnten uns das Geld teilen und-", weiter ließ ich ihn gar nicht reden, weil dieser Vorschlag extrem absurd für mich klang. Han rollte nur unbeeindruckt mit den Augen, wonach er Minho aufzeigte, dass er das Gespräch übernehmen soll, was sogleich passierte.

Während er mich kühl mit blanken Zahlen bombardierte und mir erklärte, dass die Bilder für mehr als hundert weggegangen wären, musste ich dann doch etwas schlucken. Bilder, auf denen ich etwas Haut zeige, würden sogar noch deutlich teurer sein. Die Formel war dabei einfach und simpel. Umso mehr Haut, umso mehr würde die Person dafür blechen. Dabei rückte wieder die Frage in den Vordergrund, wer das denn bitte sein kann. Wer den ich kenne, hat so viel Geld?

,,Also, was ist?", nach seinem kleinen Businessexkurs ließ er mir keine Pause, was in mir einen hohen Druck erzeugte. Eigentlich wollte ich das für kein Geld der Welt mehr machen, wobei mir jedoch Felix einfiel, dem ich so sein Geld zurückgeben könnte. Diese Entscheidung wollte ich jedoch nicht auf dem nach Hause Weg treffen, sondern wenigstens mal gründlich darüber nachgedacht haben. Felix wäre nämlich genau der Grund, warum ich zusagen und ablehnen würde. Zusagen, um ihm sein Geld zurückzugeben und absagen, weil ich mir eigentlich wünschte, dass nur er mich weniger bekleidet sieht. Außerdem fühlte es sich fast schon wie Hohn an, Felix mit Geld auszuzahlen, dass aus so einer Lage kommt. Trotzdem aber ließ ich mich insoweit breitschlagen, dass ich nach einer Bedenkzeit fragte.

,,Klar. Dann gib mir Freitag eine Antwort, wenn Felix sein Geld fällig ist.",

Fuck. Und schon hatte ich das nächste Problem.

Lemme pay with my currency || ChanlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt