#49 Nicht alleine.

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Drei Tage waren vergangen. 

Tage, in denen ich so sehr litt wie noch nie in meinem Leben zuvor. Selbst meine Mutter überhäufte mich mit Sorgen und Mitleid, konnte sie doch kaum meinen Anblick ertragen. Auch ich konnte mich so nicht sehen. Jede Situation, in der ich mich selbst sah, vermied ich. Egal was die Spiegelung auslöste, ich vermied sie.

Ob es nun ein Spiegel, ein einfacher Löffel, mein Monitor, oder das Display von meinem Handy war.

Allem was ein Abbild meiner selbst kreierte schenkte ich nicht einen Blick. Denn immer wenn ich mich doch versehentlich sah, erschien der verletzte Teil in mir, der die Flucht aus der Schule ergriffen hat. Ich erkannte das Gesicht eines jungen Mannes, der ein gebrochenes Herz in sich trug. ,,Chan? Deine Freunde sind da.", ich hatte das Klopfen überhört. Dabei konnte ich nicht einmal sagen, ob ich es überhört hatte, weil ich in Gedanken versunken war oder weil es mir einfach egal gewesen ist.

So egal wie die Tatsache, dass meine Freunde da sind.

,,Du..", Changbin setzte zuerst zu Worten an, schien aber wohl nicht zu wissen was er sagen soll. Dem Jüngsten von uns ging es dabei genauso, weswegen sie nun stumm auf meinem Sofa saßen, was mich fast wütend stimmte. ,,Wir machen uns Sorgen.", war dann Jeongin derjenige, der die Stille durchbrach. Stumm zuckte ich nur mit der Schulter und machte immer noch keine Anstalten aus dem Bett aufzustehen. Mir war bewusst, dass das nicht reichen würde, um die Beiden abzuwimmeln. Jedoch war ich zu nichts anderem fähig. Seit die Sache mit Felix passiert ist war ich wie gelähmt.

Ich ignorierte alle Anrufe und jedes Klingeln der Tür. All die Nachrichten meiner Freunde ignorierte ich, dass sie sogar gemeinsam hier aufschlugen. Nur zum Arzt hatte ich mich überwinden können, um mich krankschreiben zu lassen, damit ich bloß nicht Felix sehen muss.

Felix, mit seinen wunderschönen dunklen Augen, seinen weichen schulterlangen Haaren, seiner tiefen Stimme und-

,,Man Chan, dich so zu sehen... Was ist denn passiert?", Changbin holte mich aus dem negativen Strudel, in den ich mich fast selbst hineinmanövriert hätte. ,,Ich wurde abgewiesen.", ließ ich endlich verlauten, womit sich zum ersten Mal wieder Tränen seit der Sache mit meinem Schwarm in meinen Augen bildeten. Schwach schaute ich meine Freunde nur an, die mich beide mitleidend und hilflos anschauten. Ein Anblick, der mir leid tat, den ich aber gerade nicht ändern konnte. 

Weil ich nicht ertragen konnte sie so zu sehen schaute ich wieder von ihnen weg, wonach ich auch meine Mimik nicht mehr verstecken konnte. Mein Körper fing an zu beben. Ein Schluchzen schlich sich in meine Stimme und ein Wimmern begleitete meine Tränen, die ihren Weg an die Freiheit gefunden hatten. Noch viel schlimmer wurde es, als ich plötzlich spürte, wie sich eine Stelle auf meinem Bett senkte. Changbin hatte sich zu mir gesetzte und mich aus dem Sitzen heraus umarmt, während mich Jeongin am Bein streichelte. 

Meine Stimme war in dem Moment keine, die meine Freunde von mir kannten.

Ich klang zerbrechlich, verletzt und so von Leid geplagz, dass sich sogar in Jeongins Augen ein glitzerndes Nass bildete. Es war das Glitzern von Gemisch aus Wasser und Salz, was mir zu verschulden war. ,,Das tut mir leid.", hauchte mir Changbin zu, weswegen ich nur noch stärker weinte.

Ohne mich noch zurückzuhalten ließ ich meine Gefühle einfach zu und teilte ihm mit, wie groß mein Schmerz ist. Immer wieder fragte ich ihn, warum die Welt so unfair ist und warum sowas so weh tut. Alles was ich wissen wollte war, ob dieser Schmerz wieder aufhört. Was muss ich tun, damit ich die Gedanken stoppen kann? Wo ist der Plan, der mir verrät, wie man über sowas hinwegkommt?

Wie schaltet man Liebe ab?

Fragen, auf die keiner von uns Antworten hatte. ,,Sollen wir heute hier bleiben?", das war wenigstens eine Frage, die sich beantworten ließ, auch wenn sie mir ebenfalls schwerfiel. Denn gerade wusste ich nicht was ich sonst wollte. Einerseits wollte ich alleine in meiner Trauer versinken, andererseits hatte ich Angst vor diesem kalten Nebel, der sich um meine Gedanken und Gefühle legte. Genau so hätte ich es ihnen auch gerne gesagt, was ich aber nicht konnte und glücklicherweise nicht musste.

Nicht umsonst sind sie meine besten Freunde.

Sie wussten was zu tun war, was ich daran erkannte, dass Changbin Jeongin gewissenhaft zunickte, der aufstand und die Tür hinter sich zuzog, als er meinen Raum verließ. Leise hörte ich wie er mit meiner Mutter sprach, die genauso besorgt wie meine Freunde klang. ,,Das wird wieder.", Worte, die ich nicht hören wollte und nicht glauben konnte.

Aber was soll er sonst zu mir sagen?

Das ist es, was man nun mal in solchen Situationen sagt. Etwas, an dem bestimmt etwas dran ist. Jedoch hat dafür niemand eine Garantie. Keiner kann mir sagen, ob es wirklich aufhört und wieder gut wird. Außerdem will ich auch nicht wirklich, dass es wieder vergeht. Viel mehr wünsche ich mir einfach, dass diese Sache von Anfang an ganz anders gelaufen wäre. Eine Alternative die mich zufriedenstellen würde gibt es nicht.

Ich will seine Wärme, seine Nähe, seine Küsse und seine Liebe. Seine Berührung, seine Zärtlichkeit, seinen Geruch und das hübsche Lächeln, was sein wunderschönes Gesicht zierte, wenn wir uns trafen.

Dafür würde ich auch die Zeit zurückdrehen und das wieder zurücknehmen, was wir bisher hatten. Alles war besser als ihn zu verlieren. 

Diese Sehnsucht, die sich so endgültig anfühlte, drohte mich zu ersticken. ,,Wie lang bist du denn noch krankgeschrieben?", damit brachte mich Changbin ein kleines Bisschen weg von dem, was sich in meinem Kopf abspielte. ,,Bis Freitag, Montag muss ich wieder.", brachte ich gebrochen hervor, wozu er nickte. ,,Wir bleiben so lange du magst hier.", dazu nickte ich nur und verstummte wieder. Auf meine Stille hin erklärte er, dass sie trotzdem aber zur Schule müssten, weil das der Kompromiss all unserer Eltern dafür wäre, dass sie in der Woche bei mir bleiben dürfen.

Das war mir auch am liebsten, denn so hatte ich wenigstens ein bisschen Zeit für mich, die ich nötig hatte. In letzter Zeit habe ich viel zu oft für andere gelächelt, stand gerade, aber nie für mich. Meine Worte waren voll mit Lügen und meine Aktionen die einer Marionette. Darum war ich so froh über das bisschen Auszeit was ich hatte.

,,Wir sind immer für dich da, klar?", er boxte mir leicht gegen die Schulter, während sich Jeongin zu mir legte. Sanft lächelte ich, was ich in diesem Moment auch ehrlich meinte. Ich liebe meine Freunde. Vielleicht nicht auf die gleiche Art wie denjenigen, der mich um mein Herz gebracht hat, aber trotzdem liebe ich sie.

,,Danke.", brachte ich also leise hervor und war einfach unendlich dankbar.

Lemme pay with my currency || ChanlixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt