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Zwei Tage später am frühen Morgen lief die Flotte des Großfürsten in Khunchom ein. Froboscha und Farline hatten zwei behagliche Tage an Bord eines der Schiffe verbracht, in einer großzügig eingerichteten Kabine mit reichhaltiger Verpflegung. Man hatte ihnen offiziell gedankt für den Dienst am Großfürstentum, sich entschuldigt für die Unannehmlichkeiten, welche sie im Rahmen ihrer Aufgabe ausgestanden hatten, ihnen eine gewisse Summe als Entschädigung ausgehändigt und ein neues Schiff für eine Passage nach Perrikum zugesagt.


Jetzt sahen sie zum ersten mal, wie groß und prächtige diese Stadt war, wie weitläufig die Hafenanlagen, wie vielseitig die großen und kleinen Schiffe, die den ehrwürdigen Mhanadi befuhren.

Sie legten im Militärhafen an, dem zweitgrößten Hafenbecken der Stadt.


Von einem Begleiter wurden sie an Land geführt, und nichts kann die Erleichterung ausdrücken, welche die Zwergin erfasste, als ihr Fuß endlich wieder Festland betrat. Echtes Festland, keine Insel! Als sie über den Anleger gingen, beobachteten sie, wie gerade von einem anderen Schiff die gefangenen Piraten herunter geführt wurden. Mit etwas unbehaglichen Gefühlen gingen beide näher heran. Sie wussten, dass alles, was jetzt geschah, nach Recht und Gesetz billig war, und zumindest Froboscha war auch ihr ganzes Leben hindurch von der Rechtmäßigkeit solcher Maßnahmen zutiefst überzeugt gewesen. Dennoch fühlte sie sich ein wenig unangenehm berührt, als sie sah, wie als Letzter ihr ehemaliger Gefährte auf der Insel von Bord geführt wurde. Er ist ein Pirat, sagte sie sich. Er hat es verdient.


Farline, die sich Phex nahe fühlte, hatte es hier leichter, Mitleid zu empfinden, und war daher eher im Reinen mit sich, als sie die Gefährtin mit sich zog.


„Komm. Wir sollten uns verabschieden," flüsterte sie.


Dennoch war es am Ende Froboscha, die am nächsten stand, als man die Gefangenen vorüber führte. Als sie den Schwarzen Korsaren brachten, geschah jedoch etwas Seltsames: Entgegen aller Vernunft, da doch eine Flucht ganz offensichtlich ausgeschlossen war, riss er sich plötzlich los und stürzte auf die beiden Frauen zu. Seine gefesselten Hände drückten der überraschten Zwergin etwas in die Finger und er flüsterte ihr etwas ins Ohr, nur vier Worte.


Dann hatten ihn die Wachen erreicht. Es gab einen kleinen Tumult, er wurde von mehreren Seiten gepackt und weggerissen, jemand prügelte mit einem Stock nach ihm, mehrere Männer schrieen durcheinander. So kam es, dass sich die beiden Frauen nicht verabschieden konnten.


„Was war das denn?" fragte Farline verwundert.


„Ich weiß nicht..." murmelte die verwirrte Zwergin. Sie öffnete ihre Hand und starrte auf eine kleine runde Silberplatte. Auf der Vorderseite war ein Pferd eingraviert, und als sie sie umdrehte erkannte sie eine Weintraube.


„Oh!" rief Farline. „Das ist doch dieses Ding, dass er immer um den Hals getragen hat. Warum hat er dir das gegeben?!"


„Er hat gesagt: ‚Gebt das Miribam Alwachabi' ."


Farline sah die Zwergin erstaunt an. „Wer ist das denn?" fragte sie.


Die Zwergin zuckte die Achseln. „Weiß ich auch nicht. Aber ich finde, wir sollten jetzt erst einmal zu unserem Schiff nach Perrikum gehen – nicht dass das ohne uns weiter fährt. Was wir dann hiermit machen, können wir uns immer noch überlegen."


Und dann folgten die beiden dem Soldaten, der sie zu ihrem neuen Schiff bringen sollte.


* * *


Das Ende dieser Geschichte wird erzählt in Perlenmeer Band 3: Boron

Perlenmeer Teil 2: EfferdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt