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Das Schiff, auf dem man sie warten ließ, war mehr als prächtig. Froboscha und Farline hatten genug Zeit, die üppige Ausstattung in Blau und Silber, den Farben des Großfürstentums, zu bewundern. Mittschiffs, direkt vor ihnen befanden sich etwa zehn mal zehn Schritt große Aufbauten, die jedoch von prächtigen, Silberbestickten Brokatvorhängen, auf denen mehrfach das Emblem der Stadt, die zwei gekreuzten Khunchomere in Blau, eingestickt waren..

Schon seit einer Stunde zwang man sie, ruhig dazustehen und sich nicht zu rühren. Die Hände hatte man ihnen auf den Rücken gefesselt, und auch die Beine waren so gebunden, dass nicht mehr als kleine Trippelschritte möglich waren. Neben ihnen stand die Mannschaft Ulgurs des Roten, auf die gleiche Weise gefesselt. Lediglich der Schwarze Korsar lag schlaff auf dem Boden, da er nach wie vor das Bewusstsein nicht wiedererlangt hatte.

Mehrfach hatten die beiden Frauen den Versuch gemacht, die Situation zu klären, was aber stets daran scheiterte, dass offenbar keiner der um sie herum patrouillierenden Soldaten Garethi sprach. So wirkten die hilflosen Rechtfertigungsversuche der Frauen kaum anders auf die Soldaten, als die Versuche der Piraten, sich herauszureden. Im Gegenteil: Ein Teil der Piraten sprach zumindest ansatzweise tulamidisch, so dass sie weit bessere Chancen hatten, sich zu erklären. Hatten Farline und Froboscha also zunächst gehofft, der Sieg der Khunchomer könnte ihre Rettung bedeuten, so beschlich sie nun das Gefühl, vom Regen in die Traufe geraten zu sein.

Endlich tat sich etwas hinter dem Vorhang. Man vernahm Geräusche, die Soldaten stellten sich auf und nahmen Haltung an. Zwei von ihnen zogen die blau-silbernen Vorhänge zurück. Dahinter kam ein erhöhtes Podest zum Vorschein, in dessen Mitte ein thronartiger breiter Sitz, bedeckt mit blauen Kissen, aufgebaut war. Zu beiden Seiten des Sitzes standen Männer in den prächtigen Lamellenrüstungen, wie sie nur die hohen Offiziere des Großfürstentums trugen. In der Mitte auf dem Sitz aber saß, stolz und aufrecht, ein schlanker, großgewachsener Mann von vielleicht fünfzig Jahren. Die bräunliche Haut seines strengen, aristokratischen Gesichtes war bereits von vielen Falten durchzogen und in seinem kleinen, schmalen Oberlippenbart schimmerte es silbrig. Die großen schwarzen Augen blickten kühl und leidenschaftslos. Sein Kopf wurde geschmückt von einem prachtvoll geschlungenen Turban, den vorne eine saphirgeschmückte Agraffe zusammenhielt. Er trug lange, tulamidische Kleidung, halb verhüllt von einem goldbestickten Mantel mit sehr weiten Ärmeln. Seine schmalen, gepflegten Hände, von mehreren prächtigen Ringen geschmückt, lagen entspannt auf den Seitenlehnen. Seine ganze Erscheinung hätte, selbst ohne den entfalteten Prunk etwas Einschüchterndes gehabt.

Jetzt erhob der Tulamide seine Stimme. Nicht laut, aber doch sehr durchdringend. Er sprach Garethi mit einem weichen, melodischen Akzent, aber sonst fehlerfrei.

„Wer ist eurer Anführer?"

Ulgur hob stolz den mächtigen, zottigen Schädel. Er ließ sich durch orientalischen Prunk nicht so leicht einschüchtern. „Das bin ich. Kann ich vielleicht endlich mal fragen, warum man uns überfallen hat? Wir..."

Er bekam von hinten ein heftigen Stoß zwischen die Schulterblätter, und jemand zischte ihm etwas ins Ohr, das ihn sofort zum Schweigen brachte.

„Wie ist dein Name?"

Ulgur zögerte. „Ich... äh... heiße Thorgrimm, Thorgrimm von Prem. Ich bin ein freier, thorwalscher Händler, und..." Ein erneuter Stoß von hinten unterbrach ihn zum zweiten Mal.

Perlenmeer Teil 2: EfferdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt