Tournament

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Viserra saß auf einer hölzernen Bank und musste sich den lächerlichen Kampf mehrerer Ritter mit ansehen, die alle nur eines wollten. Die Gunst des Königs und seiner älteren Tochter.

Viserra konnte gut damit leben, im Schatten ihrer Schwester zu leben, und dennoch ermüdete es sie, dass sie selbst nie wirklich Beachtung fand. Jeder Ritter auf diesem Turnier wollte die Gunst ihrer Schwester – ihre eigene Gunst wollte niemand. Zumindest verlangte niemand offenkundig danach.

Viserra spielte desinteressiert an ihrem hellblauen Kleid aus feinsten seidenweichen Stoffen, mit einem, aus weißen Perlen und Steinen, besetzen Mieder. In ihren Haaren waren Ketten aus Perlen eingeflochten worden, welche klirrend auf ihrem Rücken hin und her schwangen, wenn sie sich bewegte oder den Kopf hob.

Ihre Schwester saß mit ihrer Freundin Alicent vor ihr und beide bestaunten das Geschehen. Ihr Vater saß hinter ihr selbst und klatschte aufgeregt mit seinen knochigen Händen, immer dann, wenn einer der Ritter vom Pferd gestoßen wurde.

Das Jubeln des Volkes drang in ihr Ohr vor und es nervte sie allmählich, dass scheinbar alles, was sich ihnen bot, diesen Menschen gefiel. Die stumpfe Brutalität, das sinnlose sterben von Pferden und das abwertende behandeln der Knappen – all das schien den Menschen zu gefallen.

Sicherlich wäre es gelogen gewesen, wenn Viserra die Brutalität nicht gut gefunden hätte. Allerdings handelte es sich bei diesem Turnier um das sinnlose verschwenden von Rittern.

Rhaenys hinter ihr brachte es auf den Punkt: die Ritter haben alle nie in einem richtigen Krieg gekämpft und stießen sich mit diesem Turnier ihre Hörner ab.

Viserra schaute erst hin, als ihr Onkel in die Arena ritt, hoch zu Ross auf einen schwarzen Hengst, gekleidet in der Rüstung ihres Hauses und einem Helm mit Drachenflügeln daran.

Denselben Helm, den er trug, als sie die Nacht nutzten, um die Stadt zu bereinigen.


Sie hatte ihren Onkel eine Weile nicht gesehen und keinen Kontakt mit ihm gehabt. Vermutlich war es dem geschuldet, dass Viserra nur selten aus ihren Gemächern trat und Sorge vor dem hatte, was entstehen könnte, wenn sie sich auf ihren Onkel einließ.

Ihr Herz würde früher oder später brechen, dessen war sie sich bewusst. Kein Herz blieb heil, wenn man sich mit Daemon Targaryen einließ und selbst Luna hatte ihr geraten Abstand von ihrem Onkel zu nehmen, wenn sie selbst nicht bereit war, sich das Herz brechen zu lassen.

Ganz davon abgesehen, dass sie noch beinahe ein Kind war und ihr Onkel auch nicht mehr in ihr zu sehen schien.

Sie konnte nicht in seinen Kopf gucken, auch wenn sie es gern gewollt hätte. Sie wollte wissen, was er dachte und wollte fühlen, was er fühlte – wie er zu ihr stand.

Doch das konnte sie nicht und aus diesem Grund zog sie sich zurück – bevor sie gänzlich die Kontrolle verlor.


Ihr Onkel blieb mit einem Mal vor ihnen stehen und deutete mit seiner Lanze nach oben.

„Ich erbitte die Gunst von Lady Alicent!", verkündete er und sah mit hochgezogenen, triumphierenden Augenbrauen zu der Hand des Königs, welcher schwer atmend hinter Viserra saß. Den schockierenden Laut hinter sich, nahm Viserra wahr und drehte ihren Kopf unmerklich in die Richtung von Otto Hohenturm. Dann schließlich stahl sich ein Schmunzeln auf ihre Lippen. Daemon tat dies mit purer Absicht. Daemon hasste Otto Hohenturm und Viserra konnte es ihm nicht verübeln. Der Vater von Alicent war ein unangenehmer Zeitgenosse und dafür musste er nicht einmal seinen Mund öffnen und die geschickten Worte herauskramen.

Fire cannot kill a dragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt