Mercy

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Viserra flog neben Daemon und Rhaenyra durch die Wolken, hoch am Himmel, der Sonne ganz nah.

Sie flogen nebeneinander und sahen immer wieder nach unten, wann endlich Königsmund unter ihnen war.

Die Aufregung, die Vorfreude machte sich allmählich in Viserra breit. Sie hatte keine Angst zu sterben.

Ihre Gedanken kreisten darum, ihre Kinder zu beschützen und die verloren Seelen ihrer verstorbenen Kinder zu rächen.

Hinter ihnen flogen die beiden anderen Drachenreiter und nur am Rande bekam Viserra mit, dass Nessel mit ihrem braunen Drachen immer wieder kleine Schleifen flog und den Flug scheinbar mehr als Spaß zu sehen schien.

Diese Tatsache macht sie noch wütender und schnaubend wendete die Prinzessin ihren Blick von Nessel ab und blickte nach vorne.

Nach einiger Zeit erblickte Viserra die Spitze des roten Bergfriedes und gemeinsam flogen sie noch ein Stück höher und tauchten in den weißen, weichen Wolken ein.

Niemand sollte sie ausmachen können. Ihre Soldaten würden vermutlich auch bald erscheinen, doch solange sie diese von hier oben nicht ausmachen konnten, musste sich die junge Prinzessin noch gedulden.

Sie musste von hier oben auf die Stadtmauer blicken, vor deren Eingang sich die Soldaten der Grünen positioniert hatten.

„Pōnta gīmigon bona īlon māzigon!", (Sie wissen das wir kommen) stellte Viserra fest, als sie sah, wie Soldaten aus dem Tor strömten und sich in Reih und Glied aufstellten.

Die Männer sahen von ihrem Drachen aus wie Ameisen. Noch kleiner als Ameisen, wie Flöhe.

Doch es gab ein Ding, etwas was herausstach und selbst von Amaric aus, deutlich zu erkennen war.

Die grüne Flagge der Grünen. Die Grüne Flagge der Verräter, Betrüger und Diebe.

Sie konnte nicht viel darauf erkennen, sie sah nur den grünen Stoff an einem langen Stab. Doch es brauchte auch nicht mehr. Viserra musste auch nicht mehr sehen, als diesen Stoff und die Soldaten, welche vor der Stadtmauer standen und auf ihre Armee warteten.

Dieses Grün stach hervor wie grelle Sonnenstrahlen durch schwarze Wolken. Wie bunte Farben in einem dunklen Raum.

Viserra merkte, wie sie in den Sog von Blutdurst gelang, ohne dem entkommen zu können.

Die Prinzessin starrte nach unten und wurde in die Tiefen ihrer Seele gerissen. Dieser grüne Stoff reichte aus, um im Blutrausch beinahe zu ertrinken.

Wie in Trance, aus blinder Wut, Hass und Rache, strich sie ihrer Drachendame über den Hals.

Sie berührte die Schuppen ihrer Drachendame und flüsterte: „Nābēmagon se Pōntoma Zālaza!" (Greif an und verbrenne sie alle!)

„Viserra!", vernahm sie die hallende Stimme von Daemon, welcher zu ihr aufgeschlossen haben muss.

Doch sie hörte nicht auf ihn.

Amaric knurrte leicht und flog noch höher. Ihr Drache flog der Sonne nun buchstäblich entgegen.

Vor wenigen Stunden hatte sie Sorge, dass die beiden Drachenreiter auf Vermithor und Schafsdieb jene sein könnten, die aus der Reihe tanzten.

Allerdings hätte die Prinzessin viel mehr auf sich achten müssen. Doch das hatte sie verdrängt. Den Gedanken an ihren eigenen blinden Hass und der unkontrollierbaren Wut, hatte sie von sich geschoben. Sie hatte gehofft ihn unter Kontrolle zu haben und ihn somit weit von sich weggeschoben zu haben.

Fire cannot kill a dragonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt