Okay... das ging mir eindeutig zu schnell!! Noch bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte mich zu wehren, waren wir bereits die halbe Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Und jetzt? Luke, der sich zwei Schritte vor uns befand brüllte bereits nach seinem Vater.
„Im Ernst, Alex, lass mich los! Ich brauche keine Hilfe."
Der dunkelhaarige Riese drehte den Kopf und betrachtete nur bezeichnend den großen violetten Fleck in meinem Gesicht. Dann schnaubte er verächtlich und zog mich einfach weiter. „ALEX!" fauchte ich und zerrte an den Griff seiner Hand. Genervt blieb er stehen und hob mich einfach wie ein kleines Kind auf seine Hüfte, trug mich die letzten Stufen runter und marschierte schnurstracks ins Wohnzimmer.
„Himmel!!! Juna, was ist passiert?" schrie meine Mutter und stürzte auf mich zu. Alex drehte sich leicht von meiner Mutter weg und ich spürte, wie seine Arme sich fester um mich schlossen - nur für eine Sekunde, dann ließ er mich behutsam auf dem Sofa nieder. Mama nahm sofort neben mir Platz und griff nach meinem Kinn, drehte mich zu sich hin und erforschte bebend meine Miene. Während dessen betraten Jason und Luke das Zimmer, dicht gefolgt von Leander. Großartig... jetzt hatte ich die gesamte Sippe um mich rum. Und dass, wo ich mich eigentlich nur verstecken und meine Wunden lecken wollte.
„Juni... ich will sofort wissen, was passiert ist!" Mama fixierte mich mit einem strengen Blick, der keinerlei Ausflüchte duldete.
„Alice... das hat Zeit. Lass mich Juna zuerst durchchecken." Ruhig und bestimmt schob Jason meine Mutter zur Seite, damit ich etwas Luft bekam... anscheinend sah man mir meine Überforderung und den Wunsch zu fliehen mehr als nur eindeutig an. Er zog den Couchtisch zu mir heran, setzte sich darauf und beugte sich leicht vor. Seine blauen Augen waren völlig gelassen und seine Ausstrahlung hatte eine echt relaxende Wirkung auf mich. „Darf ich?" fragte er leise und zögernd nickte ich. Was sollte es denn schon schaden? Seine Hände waren warm und sicher, als er behutsam meinen Kopf zur Seite neigte um das Hämatom genauer betrachten zu können. Sachte tastete er die betroffene Fläche ab und achtete dabei genau auf meine Reaktionen. Als Jason an meinem Wangenknochen ankam zuckte ich stark zusammen und Tränen schossen mir in die Augen. Der Schmerz war grell und scharf wie zu dem Zeitpunkt, an dem ich mir den Schlag eingefangen hatte.
Meine Hand schoss in die Höhe und stieß die seinen beiseite, dann sprang ich auf und wich mit angsterfüllten Augen zurück. Mein Blick irrte durch den Raum, peinlich darauf bedacht niemanden anzusehen, während ich versuchte die Schnappatmung, die durch die unguten Erinnerungen ausgelöst worden war wieder unter Kontrolle zu bekommen... (Gott, Juna... nenn das Kind doch einfach mal beim Namen und sag wie es war! Wenn diese Geschichte schon erzählt wird, dann beschönige es nicht!!! Keine unguten Erinnerungen! Panik... es war Panik!)„Juna..." hauchte meine Mutter und erhob sich. Doch bevor sie einen Schritt machen konnten, wirbelte ich herum und stürmte die Treppe hinauf um den Drang mich zu verstecken endlich nachzugeben. Ohne den Rückhalt von Becca wurde es mir einfach zu viel und erst jetzt begriff ich, wie sehr ihre Stärke mich vor dem abgeschirmt hatte, was geschehen war. Oben angekommen riß ich die erste Tür auf an der ich vorbeikam und fand mich in einem großen Bad wieder. Schlechte Wahl! Verdammt, warum konnte ich nicht einfach mal meinen Kopf einschalten? Ich hätte doch nur nach draußen laufen müssen! Bis die mich in dem Monster von Parkanlage, das diese Familie einen Garten nannte wieder gefunden hätten, wäre mir unter Garantie eine plausible Erklärung für mein Verhalten und das blaue Auge eingefallen.
Aber so? Facepalm des Todes!
Schritte wurden auf der Treppe laut und Angst hämmerte in meinen Adern. Verzweifelt sah ich mich um, versteckte mich schließlich in hintersten Winkel der riesigen Dusche und kauerte mich auf den Boden. Tränen liefen mir übers Gesicht, während ich mich so klein wie möglich machte und meine Stirn gegen die angezogenen Knie presste.
Leise öffnete sich die Tür und jemand betrat den Raum... zwei jemande, um genau zu sein und dann hockte mein Stiefvater wieder vor mir. „Juna... sieh mich bitte an." Die Autorität in seiner Stimme zeigte deutlich, dass trotz aller Sanftheit Jason in dieser Situation keine Ausflüchte dulden würde. Also hob ich den Kopf und sah ihn mit tränenblinden Augen an. Alex trat zu seinem Vater und reichte ihm wortlos ein feuchtes Handtuch, mit dem Jason vorsichtig mein Gesicht wusch. Dann ergriff er die Tube mit Kühlsalbe, die ihm hingehalten wurde und betupfte das Hämatom behutsam damit. Als er fertig war, säuberte er die Finger in dem Handtuch und sah mich ernst an.
„Brauchst du ein Schmerzmittel?" Ich schüttelte den Kopf und Jason seufzte leise.
„Na, schön... bitte komm wieder mit runter. Deine Mutter wird keine Ruhe geben und auch ich möchte wissen, warum meine Stieftochter mit einem blauen Auge auf meiner Türschwelle erscheint." Jason richtete sich auf und streckte mir die Hand hin um beim Aufstehen Hilfestellung zu geben. „Ich hätte gerne noch eine Minute allein," flüsterte ich heiser und mein Stiefvater nickte. „In Ordnung. Aber dann werden wir reden, Juna." Ich nickte und Jason verließ das Badezimmer. Alex lehnte am Waschbecken und sah mich an... sein Blick war wütend und weckte noch bösere Erinnerungen, als es die Schlagspuren von Linus taten. Ich fühlte mich so klein und verloren.... Als Alex einen Schritt auf mich zu machte, prallte ich regelrecht zurück und stieß mit dem Kopf heftig gegen die dunkle Mamorwand.
Aua! Mist, jetzt tat mein Hinterkopf auch noch weh!
Mit einem leisen Fluch war Alex sofort bei mir, seine großen Hände strichen über meine Wangen und glitten in meine Haare, bis sie den Hinterkopf abtasten konnten.
Jetzt verstand ich gar nichts mehr?! Der Highschool-Alex hätte laut gelacht und dann noch einen Mülleimer über mir ausgekippt (nicht hätte! HATTE!!!), doch der erwachsene Alex sah voller Sorge (?) in meine Augen. „Hast du dir wehgetan? Hast du Kopfschmerzen, ist dir schwindlig? Übel?"
Verwirrt schüttelte ich schwach mit dem Kopf.WAS GING HIER VOR? WER WAR DIESER MANN????
Fast schon widerwillig ließ Alex mich los und tat einem Schritt zurück. „Wir warten dann unten..." murmelte er und verschwand... ich blieb zurück und wusste auf einmal nicht mehr, was Sache war. Ich setzte mich auf den Rand der Badewanne und starrte ins Nichts.
Mein Verstand lief zischend auf Hochtouren, dann gab er auf und stellte kurzerhand den Betrieb ein. Ich begriff nicht, was hier los war... das waren nicht dieselben Jungs, die mich gequält hatten - trotzdem weigerte ich mich anzuerkennen, dass... ja....was eigentlich?
Plötzlich müde seufzte ich leise und stand auf. Wenn ich nicht bald runtergehen würde, käme mich mit Sicherheit jemand holen. Und darauf konnte ich echt verzichten!
Also runter zu meiner wundervollen neuen Familie oder auch bekannt als Inquisition!
Nur noch die Fragerunde hinter mich bringen, dann konnte ich mich in meinem Bett verkriechen und mir stilvoll und in aller Ruhe die Seele aus dem Leib heulen...
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Meine vier Stiefbrüder und ich
RomanceIch hab ja schon viel Dreck in meinem Leben einstecken müssen... aber niemals hätte ich gedacht, dass ich eine dieser Frauen sein würde, die von ihrem Partner geschlagen werden. Doch hier sitze ich, auf der Couch meiner besten Freundin mit einem Vei...