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Das Plätschern von Wasser weckte mich am nächsten Morgen. Gähnend räkelte ich mich und verdrehte mir dabei fast den Rücken. „Au...," meckerte ich und massierte mir die Lendenwirbel. „Selbstverstümmelung am frühen Morgen?" belustigt streckte Becc den Kopf aus dem Badezimmer und ich könnte schwören, dass die Disney Zeichner von Alice im Wunderland das Haifischgrinsen der Grinsekatze direkt von ihr abgekupfert hatten. „Witzig, wirklich zum Totlachen!" maulte ich und quälte mich aus meinem unfassbar bequemen Bettchen.
Ich stapfte an der feixenden Becca vorbei und ignorierte die Schreckschraube mit dem Vogelnest auf dem Kopf und dem Kissenabdruck im Gesicht, die mir griesgrämig aus dem Spiegel entgegen stierte. Der Vergleich zu der Schneewittchenhaften Schönheit neben mir war fast schon grotesk, also lenkte ich mich ab, indem ich mit Eimerweise kaltes Wasser ins Gesicht schaufelte. Das Hämatom wechselte allmählich die Farbe und wurde gelblich. Noch ein paar Tage und es würde endlich komplett verschwunden sein. Ich seufzte und begegnete Beccas sorgenvollen Augen im Spiegel. „Es ist fast verheilt..." murmelte ich und meine beste Freundin legte ihr Kinn auf meiner Schulter ab. Eine Weile lehnten wir uns aneinander und genossen den Trost, den wir uns gegenseitig schenkten, dann atmete Becc tief durch und richtete sich auf. „Ich glaub, Katzenwäsche reicht bei deiner Matte heute nicht aus... da helfen wohl nur die schweren Geschütze..." Auf mein Knurren hin hüpfte sie kichernd aus dem Bad, nur um postwendend den Kopf nochmal reinzustecken. „Sag mal, meine herzallerliebste Gewitterhexe... Du weißt nicht zufällig, wo mein Koffer gelandet ist, oder?" Ich kämpfte derweil einen ausgesprochen aussichtslosen Kampf gegen das Vogelnest und meine Haarbürste ächzte unter der Belastung. „Die Tür.. Autsch... schräg gegen... Auuu.. über! Ebenholz und ... Mist, verdammter! ... weißer Türrahmen.. Fuck!"
Ich gab auf.. bevor es die Bürste tun würde, zog das Schlafshirt über den Kopf und marschierte in die Dusche. Vielleicht würde eine Spülung im Haar die Kämmbarkeit wieder herstellen können. Beccs, die selber nur ein großes Handtuch umgewickelt hatte, winkte mir ein kurzes Dankeschön zu und schlug die Tür hinter sich zu.
Ok, ok, ok... ich geb's ja zu. Die warme Dusche war nicht nur von Nöten gewesen, sie tat meinen verkrampften Muskeln auch noch sagenhaft gut. (Erzählt das nur nicht Becci!!!) Genüsslich shampoonierte ich mich ein und je wacher ich wurde, desto wuschiger wurde ich leider auch. Denn mein nun just erwachtes Gehirn spielte mir die gestrige Szene mit Alex auf der Treppe in Dauerschleife ab. Natürlich hatte ich seine wachsende Erektion gesehen und in meiner Mitte begann es bedürftig zu pochen. Allerdings hatte ich nicht so wirklich Lust von Becca beim masturbieren erwischt zu werden, denn - seien wir mal ehrlich - die Frau hatte keinerlei Scham, geschweige denn Grenzen was das Ganze anging. Sie würde sich vermutlich auf den Klodeckel setzen, mir von ihrem Tag erzählen und mittendrin einen Ratschlag vom Stapel lassen, wie ich meinen G-Punkt besser stimulieren könnte.
Seufzend verabschiedete ich mich von dem Gedanken und rasierte mir stattdessen die Beine. Nur für den Fall, dass ich den Soldaten in der nahen Zukunft allein für mich haben sollte. Dann würde ich ihn besteigen wie den Kilimanjaro!!

Als ich schließlich fertig war, wusch ich die Spülung aus meinen Erdbeerblonden Haaren, die sich nun wieder glatt und seidenweich anfühlten und kuschelte mich in ein riesiges graues Flausche-Handtuch. Nachdem ich auch meine Locken durchfrottiert und gekämmt hatte, ging ich zurück ins Zimmer und fand Becca merkwürdig still auf dem Bett sitzend vor. Gedankenverloren zog sie sich gerade ihre roten Lieblings Vans an, während ein leichtes Lächeln um ihre Lippen spielte.
Ich hob eine Augenbraue, fragte aber nicht weiter. Wenn sie es mir erzählen wollte, würde sie es auch tun...
Rasch schlüpfte ich in Unterwäsche und eine schwarze Yogahose. Dann streifte ich mir ein lässiges dunkelblaues Hemd über und drehte mich zu Beccs um.
„Fertig für deine Kaffeeinjektion?" fragte ich wohlwissend, dass meine Besti ohne das Koffein schlechtere Laune haben würde, als ein Stabhochspringer unter Synchronschwimmern.
Beim Wort Kaffee leuchteten ihre Augen hell auf und Becc hackte sich bei mir unter. Gemeinsam marschierten wir die Treppe hinunter und folgten dem Duft von Speck, der bereits durch das ganze Haus zog und unsere Mägen lautstark grummeln ließ.
In der großen Küche angekommen überraschte uns mein Soldat, der gerade äußerst gekonnt ein Omelett wendete.
Alex warf einen kurzen Blick zu uns, lächelte und wandte die Aufmerksamkeit wieder den Eiern in der Pfanne zu.
„Guten Morgen," rief ich und stibitzte eine Scheibe des knusprigen Specks, der bereits auf der Anrichte stand.
Der älteste Henson Bruder hob kurz hochkonzentriert grüßend den Pfannenwender und zwinkerte uns beiden zu.
„Guten Morgen, Schwesterchen," Luke kam aus dem Esszimmer und wuschelte mir durch mein gerade wieder gezähmtes Haar.
„Ey!" fauchte ich und quittierte den Angriff auf meine Frisur mit einem Ellenbogenstoß in seine Seite.
„Prinzesschen!" flötete Leander, der seinem Zwilling folgend nun auch zu uns stieß.
„Hallo, Bob. Gut geschlafen? Oder hast du von umstürzenden Backsteinwänden geträumt?"
„Bob?" fragte Becca mit gerunzelter Stirn.
„Leander ärgert Juna mit ‚Prinzesschen' und sie kontert mit ‚Bob - der Baumeister'." erklärte Luke und reichte Becca höflich die Hand.
„Hi... ich bin Luke. Der zweite Teil des Duos.  Und du musst die berühmte Beccs sein. Juni schwärmt ja in einer Tour von dir..." Gerade dachte ich noch, meine Besti würde Luke ein paar Takte ob der Rumschleimerei husten, doch weit gefehlt!
Becca wurde rot!
Sie wurde rot!
Ich meine... Hallo?
Nährten wir uns mit riesigen Schritten der Apokalypse? Was zum Donnerdrummel hatte ich denn da wieder nicht mitbekommen?!
Alex hängte die Schürze weg und schaltete das Gas aus. Dann schlenderte er um den Herd herum und umarmte mich. Seine großen warmen Hände glitten in mein Haar, was Luke nur wenige Minuten früher noch einen Nierenstoß eingebrockt hatte, erlaubte ich meinem Seal. Und dann er roch auch noch einfach zum Anbeißen!!! Nach Pinien und Minze und Speck... Yummi!!!
„Guten Morgen, Schatz" murmelte er leise an meinem Ohr und küsste mich zart auf die Wange. Dann hob er die Stimme und sagte: „Guten Morgen, Rebecca. Ich bin Alex. Da Dad und Alice bereits im Krankenhaus sind, heiße ich dich stellvertretend in unserem Zuhause herzlich willkommen. Wenn du irgendwas brauchst, brüll einfach..."
„Sie braucht einen Kaffee... sonst ist sie nur mit äußerster Vorsicht zu genießen."
Unbehaglich wand Becc sich bei meiner Äußerung.
Was zum Teufel war hier los?!?
Luke murmelte: „Werd ich mir merken..." dann zog er Becca zur Kaffeemaschine, bei deren Anblick jede Barista der Welt vermutlich auf die Knie gefallen wäre, um dem Hersteller dieses Wunderwerks zu danken.
Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Doch dann kraulte Alex meinen Nacken und flüsterte die magischen Worte, die mich alles vergessen ließen...
„Ich hab dir von Miss P eine heiße Schokolade geholt. Komm mit mir, Baby.."
Und wie das Kind, welches ein Fremder mit Süßigkeiten ins Verderben lockt, folgte auch ich dem schönen Mann, der mich mit Schokolade zu verführen gedachte. Und wie das Kind folgte auch ich seinem Sirenengesang... wohin auch immer er mich hinführte...

Meine vier Stiefbrüder und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt