Langsam tropfte auch der letzte Rest des Kaffees in die Tasse. Er würde zwar bitter und billig schmecken, doch vielleicht besiegte er die dröhnenden Kopfschmerzen, die Mara plagten. Sie hätte gestern nicht zu der Party gehen sollen, schließlich wusste sie, dass sie nur durch die Unterstützung von Alkohol ihr Sozialverhalten mit anderen Menschen verbessern konnte.
Sollte sie den Trick ihrer Mutter versuchen? Sicherlich würde sich irgendwo auf der Direktion eine Zitrone finden lassen, doch bereits der Gedanke an die Mischung schickte ein angewidertes Schaudern durch ihren Körper.
Also blieb sie bei dem schwarzen Kaffee, welcher bereits ekelhaft genug war.
Doch bevor sie einen Schluck aus der Tasse nehmen konnte, tauchte plötzlich ein Arm neben ihrem Kopf auf und nahm ihr das Gefäß aus der Hand. ,,Vielen Dank", kam von hinter ihr und als sie sich umdrehte, stand ihr Kollege, Mentor und Freund vor ihr, welcher die Tasse fast in einem Zug leerte.
,,Ey, das war meiner!"
Statt auf ihren Protest etwas zu erwidern, reichte er ihr nur eine Tablette, dann stellte er bereits die nun leere Tasse zur Seite und deutete zur Tür.
,,Erstens, die Aspirin wirkt besser gegen Kater als Kaffee und zweitens können wir auf dem Rückweg vom Tatort einen Richtigen holen. Sieh es mal so, ich habe dich vor der bitteren Plörre gerettet." ,,Du bist ein Kaffee-Dieb, Julius. Mehr nicht."
,,Reg dich ab, wir haben eine Leiche. Starnberger See, nähe der S-Bahn Station. Kennst du den Spielplatz dort, mit dem bunten Turm?", erkundigte sich der Kommissar, während er sich bereits in Bewegung setzte und ihr dabei ihre Jacke zuwarf, welche auf dem Tisch im Pausenraum lag.
Nachdem sie diese gefangen hatte, entgegnete Mara nur mit einem Lachen: ,,So viel jünger als du bin ich nun auch nicht." ,,Habe ich auch nicht erwartet. Ich dachte nur, Lilly und Max hätten dich dorthin einmal mitgenommen. Die kleinen Racker lieben den Spielplatz."
,,Die lieben jeden Spielplatz, bei dem sie klettern können."
Auch ihr Partner begann nun zu Lachen, während sie den Pausenraum verließen und sich auf den Weg zu ihrem Wagen machten. ,,Dafür, dass du mir den Kaffee klaust, darf ich fahren", stellte Mara klar und ohne großen Protest reichte er ihr die Schlüssel.
Auch mit Kater fuhr sie besser als die meisten Polizisten im Dienst, ganz zu schweigen von Zivilisten.
Das Einzige, welches sich im Zusammenhang mit den Kopfschmerzen steigerte, waren ihre Flüche, wann immer ihr jemand während des Fahrens auf den Zeiger ging. Einer der Gründe, weswegen Julius sie selten seine Kinder umherfahren ließ.
,,Also, was haben wir?"
,,Heute Morgen fand eine Joggerin eine männliche Leiche, die fast vollkommend entkleidet an einen Baum gebunden war. Rechtsmedizin und KTU sind bereits vor Ort, der Rettungsdienst machte sich nicht einmal die Mühe."
,,Bitte was?", entfloh es Mara, gerade als sie sich hinter das Steuer setzte.
,,War auch meine Reaktion gewesen, doch ich kenne die Streife, welche zuerst vor Ort war. Die zwei übertreiben nicht, sondern halten sich stehts an Daten und Fakten, statt sich wie manche etwas von der Phantasie davon tragen lassen."
,,Du sagtest, die Leiche wurde in Starnberg gefunden. Ist das nicht dieser Reichen-Ort?" ,,Einer der vielen", begann Julius zu erklären, während sie den Motor des Wagens startete: ,,Es ist eine der Stationen der S6, welche auch durch beispielsweise Gräfelfing fährt."
,,Hatten wir da nicht den einen Fall? Der, bei dem die zwanzigjährige Frau ihren sechsundsiebzigjährigen Ehemann umgebracht hat?" Ihr Partner nickte nur als Antwort, da er eine Nachricht bekommen hatte und für ihn üblich direkt auf den Bildschirm schaute. ,,Du bist süchtig nach dem Ding." ,,Und du nach Kaffee. Stehst du dann wirklich in der Position, mir Vorwürfe oder anderweitiges an den Kopf zu werfen? Außerdem ist es eine Nachricht von Emma, die mir ein Bild von Max geschickt hat. Er hat heute seinen ersten Tag im neuen Kindergarten und macht sich anscheinend jetzt schon Freunde." ,,Wenn er deinen Charme übernommen hat, ist seine Fanbase bestimmt bald riesig."
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Bilder der Nacht
Mystery / ThrillerMünchen, 2022... Nach zwei Jahren Pandemie versucht die Stadt endlich wieder zur Normalität zu finden, doch anscheinend hat jemand einen anderen Plan. Im Frühling des Jahres wird eine Leiche in einem der reicheren Gemeinden gefunden, welche jedoch...