Epilog

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Die kalten Ringe um seine Handgelenke begangen sich langsam an seine eigene Körpertemperatur anzupassen, dennoch fühlte es sich ungewohnt an, dieses Metall auf der Haut zu haben und seine Arme nicht ausstrecken zu können. Dennoch versuchte Wolfgang sich nicht anmerken zu lassen, dass er die Situation nicht mochte. Statt sich laut zu beschweren knetete er einfach an seinem Fingerbett herum, um dies somit ebenmäßiger zu machen. Er legte viel wert auf sein Aussehen und da diese Polizistin es nun doch vollbracht hatte, eins und eins zusammen zu zählen, müsste er ein paar Vorbereitungen treffen. Im Gefängnis würde er garantiert nicht all die Produkte bekommen, welche er benötigte und somit müsste er vielleicht etwas vorsorgen. Nagelfeilen wären doch sicherlich erlaubt, oder? Wobei, er hatte noch ein paar Ass im Ärmel, die sollten alles klären können. Natürlich hatte er nicht wirklich erwarten können, dass seine ethnische Quotenfrau lange an ihm hängen würde, dafür war sie nicht gemacht. Damit wollte er sie nicht beleidigen, nein, ihre Arbeit war unglaublich und es hätte ihn gewundert, wenn Schauer ihre Chance für eine eigene Kanzlei nicht ergriffen hätte, er fand Menschen einfach generell komisch. Immer so hochemotional wegen allem. Auch nun, mit diesen drei Jungs, keiner von ihnen hatte man wirklich vermisst. Nur der Polizist, er war ein Fehler gewesen. Doch als Wolfgang diesen Mann gesehen hatte, irgendetwas hatte sich in ihm geregt. Eigentlich hatte er gelernt gehabt, seine Emotionen nicht mehr seine Handlungen kontrollieren zu lassen, eine sehr nützliche Fähigkeit. Aber bei diesem Kommissar, Wolfgang hatte ihn nicht töten wollen. Natürlich, er war heiß und auch wenn er ein bisschen älter als sein normales Beuteschema war, er hätte sich wundervoll als Model gemacht. Aber die ganze Aufmerksamkeit wäre es nicht wert gewesen. Irgendeinen mexikanischen Studenten, der eh Probleme hatte, sich zu verständigen, war etwas ganz anderes als ein Hauptkommissar der Mordkommission, welcher in dem Fall eines seiner Opfer ermittelte. Im Gegensatz zu seiner ehemaligen Partnerin Schauer würde er jedoch nicht den Kopf hinter der Julius Sache verraten, sonst wäre es schnell sein Kopf, der auf dem Präsentierteller zur Show gestellt werden würde. Wobei, so schlimm wäre es nicht. Das Silber des Tabletts würde gut zu dem seiner Haare und Augen passen. Die Bleiche des Todes ließe es nur etwas eintönig aussehen, doch vielleicht könnte das dunkel schillernde Rot seines Blutes dies wettmachen. Es sähe bestimmt interessant aus, auch wen er, der vermutlich einzige Wertschätzer solcher Kunst, sie dann nicht mehr begutachten könnte. Leise klirrten die Ketten der Handschellen als er seine Hände wieder auf den Tisch legte und wartete, dass nun endlich mal diese kleine Kommissarin auftauchen würde. Ihre Körpergröße machte ihre große Klappe keinerlei Konkurrenz, schließlich schien die Frau manchmal erst zu sprechen und dann zu denken. Oder sie dachte, sprach und realisierte währenddessen, dass das, was sie gesagt hatte, nur zum Teil vorteilhaft war. Dafür beneidete der Mann sie jedoch irgendwie. Er wollte auch wieder einmal eine impulsive Entscheidung treffen, doch alles war in seinem Leben stets bis zum letzten Staubkorn durchgeplant gewesen. Außer vielleicht der erste Mord, da hatte ihn das Gefühl, Herrscher über Leben und Tod zu sein leicht aus der Bahn geworfen. Dieses jedoch hatte er nie wieder empfunden, bis zu dem Abend, als er den Kommissar bei sich in der Galerie auf dem Boden liegen hatte und er schnell überlegen musste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Es war nicht seine Glanzleistung gewesen, als er ihn in sein Motorboot gelegt und bevor er ihn rausgeworfen hatte, den großen Stein erst noch hatte anbringen müssen. Sanft hatte er ihm damals über die Wange gestrichen, während die Augen unter den Lidern des bewusstlosen Mannes wild gezuckt hatten. Dieses Mittel schien nicht wirklich ohne zu sein.

Dann endlich, die Zeit war unnötig vergeudet, öffnete sich die Tür des Raumes und die Kommissarin trat ein. Mit ihren ungefähren 1,60 war sie tatsächlich einfach klein, doch ihm war bereits zuvor bewusst gewesen, dass er sie nicht hat unterschätzen dürfen. ,,Herr Doktor Ludwig, wollen Sie erneut mir eine Spritze reinjagen?" ,,Frau Pibal, sehen Sie es eher, mit etwas Fantasie, als Kompliment. Nur ihr Kollege und Sie nahmen die Fälle ernst und nun sitze ich hier." Noch immer stand die Kommissarin vor ihm und weigerte sich anscheinend vollständig, sich mit ihm zu Unterhalten. ,,Kommen Sie. Nehmen Sie doch Platz." ,,Nein danke", entgegnete sie kalt: ,,Was wollen Sie mir noch erzählen? Wir haben Videoaufnahmen der Morde, Ihr gemaltes Geständnis und ihre Internet Aktivität. Alle Indizien sprechen gegen Sie. Das Einzige, was ich von Ihnen gebrauchen könnte, wäre ein umfassendes Geständnis von Ihnen. Es würde mir viel Arbeit ersparen." ,,Nein, ich hatte selbst eine Frage", war stattdessen seine Antwort: ,,Wie kamen Sie auf mich?" Leicht hob die Kommissarin ihre Augenbraue, bevor sie leicht lächelte. ,,Bauchgefühl hauptsächlich. Das, und Ihr auffälliges Verhalten am Tatort." ,,Mehr nicht?" ,,Natürlich mehr", lachte sie: ,,Ich starte zwar mit einem Bauchgefühl, doch danach heißt es graben." ,,Ihr Team hat ja wirklich alles gegeben. Von der jungen Frau, die Sie heute das erste Mal hat begleitet, bis hin zu dem werten Julius, der fast alles gegeben hatte, was es für einen Menschen zu geben gibt." ,,Herr Ludwig, ehrlich! Was soll das hier bitte?", unterbrach sie ihn und etwas konnte er verstehen, warum sie genervt war. ,,Werden Sie mir ein Geständnis geben oder vergeuden Sie meine Zeit?" Was meinte sie damit? Ihm war bewusst, dass die Videos nicht zu seinem Vorteil waren, doch ein guter Anwalt könnte alles herumdrehen. Er kannte genügend Berufsgenossen, die an seinem Können kratzten, welche den Staatsanwalt sicherlich in die Tasche stecken könnten. War ja schließlich nicht sonderlich schwer, wenn sich Wolfgang nur an die Pressekonferenz erinnerte. Die Kommissarin hatte zwar eine manchmal unpassende Ausdrucksweise gehabt, doch im Gegensatz zu diesem grauen Mäuschen wirkte sie zumindest sicher in ihrer Haut. Das einzige Mal, als er sie unsicher gesehen hatte, hatte er kurz zuvor ihren Partner und anscheinend engen Freund fast getötet hatte. ,,Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass man sich vor Gericht sehen wird. Und vielleicht sollten Sie nicht mit Ihrer Kronzeugin gegen mich schlafen, das würde Ihre Glaubwürdigkeit nur beschmutzen." Für eine Millisekunde sah er ihre Augenbrauen zusammen zucken, dann kam auch schon ein kleines Lächeln auf ihre Lippen. ,,Wie kommen Sie den auf so eine Idee? Waren Sie vielleicht bei meiner Wohnung und haben eine Drohung gegen das Leben Ihrer ehemaligen Partnerin und mich ausgesprochen?" Er wusste natürlich sofort, wovon sie sprach, doch er persönlich hatte ihr diese Nachricht nicht hinterlassen. ,,Ausgesprochen würde ich es nicht nennen, schließlich habe ich Ihnen ja ein wundervolles Bild eines meiner Gemälde überreicht." ,,Um es überreichen zu nennen, hätten Sie dabei sein müssen. Also, wer hat den Brief vor meiner Wohnung gelassen und wer hat meinem Partner das Ketamin gespritzt?", rückte die Frau endlich damit heraus, was sie eigentlich wissen wollte. ,,Wie zuvor gesagt, wir werden uns vor Gericht sehen. Nun würde ich gerne mit meinem Anwalt sprechen. Sie können einfach die Liste jener hervorholen, die Ihnen neben mir das Leben schwer machen und davon wählen Sie einfach den Besten und Teuersten aus und holen ihn oder sie her. Könnten Sie dies für mich tun oder wollen Sie mir das Recht auf rechtlichen Beistand verweigern?" ,,Keine Sorge. Ich werde erfahren, was ich wissen möchte. Man sieht sich vor Gericht", kam von ihr nur mit einem Lächeln, dann verließ sie den Raum. Hätte sie nicht zumindest ihm diese nervigen Handschellen abnehmen können?

Bilder der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt