Von einem Kollegen der Streife wurde ihnen die Tür geöffnet und erst, als sich die Tore des Präsidiums hinter ihnen geschlossen hatte, drosselte Twyla ihr Tempo. Nun ja, wen ein Verrückter hinter einem her war, spürte man sich sicherlich sicherer hinter den steinernen Mauern des Polizeigebäudes. ,,Twyla, Ilia wird dich ins Vernehmungszimmer bringen. Sag ihm bitte das Gleiche wie mir vorher", bat sie ihn und knapp nickte die Frau. Auch ihr Kollege zeigte ihr knapp das Zeichen der Zustimmung, dann führte er die Anwältin in Richtung des Zimmers. Kaum das der Ermittler und die Frau die Tür hinter sich geschlossen hatten, machte sich Mara auf den Weg zu ihrem Büro. Hoffentlich hatte Steinberger bereits den Durchsuchungsbefehl ausgestellt, schließlich mussten sie nun so schnell handeln wie möglich. Und tatsächlich sah sie das Schreiben auf ihrem Tisch liegen, ein kleines Post-It klebte darauf. ,,Danke fürs Warten", stand in der Sauklaue des Staatsanwaltes darauf geschrieben und knapp musste die Kommissarin schmunzeln. Ja, sogar sie konnte aus ihren Fehlern lernen. Schnell steckte sie das Papier in ihre Manteltasche, dann machte sie sich bereits auf den Weg, ein paar Kollegen der Streife und der Spurensicherung für die Durchsuchung zu sammeln. Die Inspektion wirkte jedoch wie ausgestorben, nicht einmal die Chefin, die sonst gefühlt in dem Gebäude wohnte, war irgendwo anzutreffen. Doch schlussendlich fand sie eine Gruppe von jungen Streifenpolizisten, sowie auch eine junge Frau, welche sich angeregt zu unterhalten schienen. ,,Das kann doch nicht wahr sein. Der Rüdiger war Teil von so einer Gruppe von Arschlöchern? Der arbeitete doch als Ausbilder in Fürstenfeldbruck." ,,Deswegen kamen sie erst darauf. Während einer der Unterrichtstunden hat er eine komische Aussage getätigt, weswegen er gemeldet und dann überprüft wurde", entgegnete die junge Frau in Zivil, bevor sie ihre Beine auf den Tisch des Gemeinschaftsraumes legte. Diese Position hielt sie nicht sonderlich lange, sondern nahm sofort ihre Füße herunter, als sie Mara erblickte. ,,Frau Pibal, was machen Sie noch hier?" ,,Das gleiche könnte ich Sie fragen. Und wer sind Sie überhaupt?" Flink richtete sich die Frau auf und reichte der Kommissarin die Hand, um sich vorzustellen: ,,Stephanie Hoffmann. Doch die meisten nennen mich einfach Shot." ,,Shot? Trinken Sie so viel?" Schon errötete die junge Frau und strich sich die blonden Haare hinters Ohr, dann erklärte sie: ,,Nein. Ich war die beste Schützin meiner Ausbildungsgruppe. Die Sicherste und Schnellste." ,,Wundervoll", kam von der Kommissarin nur sarkastisch, dann wandte sie sich an die Kollegen der Streife: ,,Neben dem Frischfleisch, dass sicherlich dabei ist. Ich brauche ein paar Freiwillige für die Durchsuchung von Ludwigs Villa. Wir haben eine neue Spur im Fall Kracht. Und Nowak." Sofort packten die Polizisten ihre Sachen zusammen und einer machte sich bereits daran, die Spurensicherung auf Rufbereitschaft anzurufen. Nur die junge Frau blieb stehen. ,,Passt doch sicherlich für Ihren Chef, wenn Sie mal kurz bei der Mordkommission aushelfen, oder?" ,,Da wird es vermutlich keine Probleme geben. Hat man Sie noch nicht informiert?", fragte sie sie, was Mara nur verwirrt die Augenbraue heben ließ. ,,Ich bin Ihre neue Kollegin bei der Mordkommission. Die Chefin wollte Sie eigentlich gestern informieren, doch da erhielt sie die Nachricht über die Verbesserung des Gesundheitszustandes von Herrn Nowak." ,,Bitte was?", stoß Mara überrascht aus und dem Gesichtsausdruck der jungen Frau nach hatte sie einen eher entsetzten Tonfall angenommen. Doch egal, was sie nun von dieser Situation hielt, sie sollten keine weitere Sekunde verlieren. ,,Wir sprechen nachher nochmal darüber, Frau Hoffmann." ,,Shot." ,,Frischling", wählte die Kommissarin als Spitznamen für die junge Frau, dann sprach sie weiter: ,,Wir dürfen nicht weiter trödeln. Kommen Sie, Sie begleiten mich. Ich fahre." Statt auf eine Antwort zu warten machte Mara auf dem Absatz kehrt und sah nur noch aus dem Augenwinkel, wie der Frischzugang ihre Waffe in ihr Holster an der Hüfte steckte. Auch sie holte sich ihre Waffe und Autoschlüssel aus dem Büro, dann fing sie die junge Frau am Eingang mit den Kollegen der Streife und der Spurensicherung ab.
Schweigend saß die Frau neben Mara im Auto, während die Kommissarin ihren Wagen durch die Straßen Münchens Richtung Starnberg lenkte. Auch wenn sie eigentlich gerne während der Fahrt mit jemandem sprach, suchte sie nicht das Gespräch mit der Frau. Doch diese schien die Stille genauso unangenehm zu finden wie Mara. ,,Es tut mir leid, dass die Chefin mich nicht angekündigt hatte. Vielleicht denken Sie, ich wäre als Ersatz für Ihren Kollegen da, doch ich soll einfach nur ihr Team unterstützen", sprudelte es aus ihr heraus und brachte Mara nur dazu, die Augen zu rollen. Doch bevor sich das Frischfleisch sich die Seele aus dem Leben reden konnte, machte Mara den Mund wieder auf: ,,Der Grund, weswegen Sie hier sind, ist mir ziemlich egal. Was gerade zählt, ist einen möglichen Serienmörder zu verhaften, welcher nicht nur drei junge Männer getötet, sondern auch meinen Partner fast ermordet hatte. Also solange Sie tatsächlich so eine gute Schützin sind, können Sie gerne helfen, Frischling." ,,Mein Name ist Stephanie. Oder Shot." ,,In Ordnung", entgegnete sie nur mit einem Augenrollen: ,,Frischfleisch." Wie ein Fisch öffnete die neue Kollegin den Mund, ohne jedoch einen Ton zu verlieren und knapp lächelte Mara in sich hinein, als sie sich daran erinnerte, wie sie selbst an ihrem ersten Tag unterwegs gewesen war. Ganz anders als die Neue. Bereits beim ersten Fall war sie ihrem Bauchgefühl gefolgt und wurde sogleich zur Chefin geschickt. Glücklicherweise hatte Julius sie da rausgeboxt. ,,Können Sie bitte Julius Nowaks Nummer heraussuchen? Mit der Bezeichnung: Ersatz." Schneller als Maras Hand im Notfall an ihrer Waffe war, hatte die junge Blondine bereits die Nummer herausgesucht und sah die Kommissarin erwartend an. ,,Und bitte anrufen." Somit drückte die Frau auf den Knopf und der typische Warteton erklang. ,,Und was ist jetzt wieder?", knurrte ihr Partner, eindeutig nicht begeistert von dem erneuten Weckruf. ,,Erstens, wir sind gerade auf den Weg, Ludwigs Villa zu durchsuchen. Zweitens.." ,,Ilia hat sich einmal aus dem Labor, und überraschender aus dem Revier herausgetraut? Dass ist ja fast ein Jahrhundertereignis und ich war nicht da", unterbrach Julius sie, während die Müdigkeit in seiner Stimme mitklang. Bevor er den gemeinsamen Kollegen noch grüßen würde, klärte die Frau ihn schnell auf. ,,Nein. Wir haben eine neue Kollegin." ,,Hallo, Herr Nowak", quietschte die Neue dazwischen und fast sofort errötete die Frau, als sich ihr offenbarte, dass sich ihre Nervosität in ihre Stimme widergespiegelt hatte. ,,Guten Morgen?", ließ der Mann den Gruß eher wie eine Frage klingen. ,,Stephanie Hoffmann, kurz Shot. Ich freue mich wirklich, bei Ihnen im Team zu sein. Und alles herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag." ,,Vielen Dank, werte Kollegin, und lass doch bitte das Siezen, schließlich gehörst du ja nun zum Team", bedankte sich der Mann und Mara spürte fast schon, wie er sie tadelnd angeblickt hätte, säße sie ihm gegenüber. ,,Auch von mir alles Gute." ,,Danke. Und Mara, wenn du mir eines versprechen könntest, passt auf euch auf. Und sei bitte lieb zu Stephanie, obwohl du Veränderungen hasst", tadelte er sie übers Telefon, was dazu führte, dass nun sie etwas errötete. Knapp knurrte nun sie: ,,Ok. Tschüss und schlaf dich aus. Irgendwer muss das Frischfleisch ja einlernen." Schon beendete sie das Telefonat und konzentrierte sich wieder auf die Straße und die vorbeistreichenden Lichter. ,,Herr Nowak, ich meine Julius ist wirklich ein netter Mann. Hoffentlich wird er bald wieder gesund. Würden Sie eigentlich die Leitung des Teams übernehmen, wenn Julius nicht mehr zurückkommen würde?"
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Bilder der Nacht
Mystery / ThrillerMünchen, 2022... Nach zwei Jahren Pandemie versucht die Stadt endlich wieder zur Normalität zu finden, doch anscheinend hat jemand einen anderen Plan. Im Frühling des Jahres wird eine Leiche in einem der reicheren Gemeinden gefunden, welche jedoch...