Ich wollte dir das nicht antun

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Kyos Sicht:

Als Mensch kann man das Bedürfnis haben, für seinen Fehler bestraft zu werden. Doch weil es keiner tut, tut man es selbst.

Ich gehöre zu den Menschen, die manchmal dieses Bedürfnis spüren.
Ich gehöre auch zu den Menschen, die es schonmal getan haben.

Ich verließ Kirigakure und versuchte alle von mir abzustoßen. Jahre lang blieb ich allein. Nahm keinen Beruf an, wollte nirgendwo sesshaft sein.
Lieber bestrafte ich mich selbst und zwang mich allein auf der Straße zu leben.

Dies tat ich so lange, bis ich ihn traf.
Nach all diesen qualvollen Jahren erschien er.

Der Kopierninja, der mich nach Konoha gebracht hat. In das Dorf, das bald darauf meine Heimat wurde.
Und er... Kakashi wurde meine Zukunft.

Auch wenn ein Teil von mir das nicht wollte, wurde er zu meiner geliebten Person.

Im Nachhinein merkte ich erst, dass ich mir damals viel zu wenig Sorgen gemacht habe, dass ich ihn verlieren könnte.

Klar, er musste mir versprechen, dass er mich nie verlässt. Dass er diese Person für immer ist.
Er musste mir ein Versprechen geben.
Doch dies alles war dämlich.

Eigentlich bin ich eine misstrauische Person, was Versprechen angeht. Trotzdem habe ich seine Worte einfach so hingenommen.
Ich wollte nicht darüber nachdenken, dass er es vielleicht garnicht halten kann.

Ein Teil von mir fragte sich, wieso ich das einfach so hingenommen habe. Wieso ich ihm so schnell vertraut habe.

Dabei wusste ich die Antwort schon.
Weil ich ihn geliebt habe.

Ich habe ihn geliebt, bevor ich überhaupt wusste, dass ich ihn liebe.
Ich weiß nicht einmal, wann ich damit angefangen habe. Diese Gefühle waren auf einmal da.

Ich hatte mich nicht einmal fragen müssen, ob diese Gefühle für ihn echt sind. Es schien einfach so klar.
Ob das ein Fehler war?

Hätte es irgendwas geändert, wenn ich mich nicht sofort auf ihn eingelassen hätte?
Wenn unser erster Kuss nicht so früh gewesen wäre?
Wenn ich seine Liebe nicht so schnell hätte erwidert.

Vielleicht hätten wir uns besser kennenlernen sollen, bevor wir so schnell eine Beziehung gestartet haben.

Als ich darüber nachdachte, was für einen Unsinn ich da eigentlich dachte, brachte ich, mitten auf der Straße, in schallendes Gelächter aus.

Wie dumm ich doch bin. Unsere Beziehung ging doch nicht auseinander, weil wir uns nicht kannten.
Wieso zerbreche ich mir deswegen also den Kopf?

Sie ging auseinander, weil ich ein egoistisches Miststück bin.
Weil ich Angst habe, mich auf so einer weiße zu binden.
Die Angst habe, dann nicht mehr frei zu sein.

Er hat gar nichts falsch gemacht.
Es war mein Fehler. Ganz allein meiner.

Ich war es doch, die nach dem Antrag, vor ihm weggerannt ist.
Ich war es, die Angst hatte, unsere Auseinandersetzung zu klären.
Ich war es, die ohne ein Wort Konoha verlassen hat.
Das alles war ich.

Meine derzeitige Situation ist doch nur meine Schuld.
Statt nachhause zu gehen, um mit ihm zu reden, war ich lieber feige.

Ich weiß, dass ich mich meiner Angst hätte stellen müssen.
Denn tief im Inneren ist mir schon längst klar, dass ich besser mit Worten bin, als ich denke.

Ich konnte meinen Schülern helfen, mit Worten. Also hätte ich bestimmt auch mir selbst mit Worten helfen können.
Dafür ist es jetzt aber zu spät.

Denn ich habe die feige Entscheidung gewählt, die ich schon damals gewählt habe.
Ich bin vor meiner Heimat geflohen.

Erschrocken schaute ich auf. Es dauert einige Sekunden, um zu verarbeiten, was ich eigentlich getan habe.
Ich habe es wirklich getan.

Trotzdem gab es einen Unterschied.
Damals in Kirigakure, gab es niemanden mehr, der mir was bedeutet hat. Ich ließ nur meine Probleme dort.
Aber dieses Mal, habe ich auch alle Personen, die mir was bedeutet haben, in Konoha gelassen.
Ich habe sie dort gelassen und ihn... Ich habe ihn verlassen.

Ich habe ihn das angetan, wovor ich solche Angst hatte.
Nie wollte ich von ihm verlassen werden.

Habe ich es deswegen selbst getan?
Habe ich ihn verlassen, um nicht selbst verlassen zu werden?
Wenn ich so darüber nachdenke, würde das zu mir passen.

Verzweifelt hielt ich mir an den Kopf. Ich kann das nicht mehr.
Dieses ganze überdenken von Taten.
Ich kann es doch sowieso nicht mehr rückgängig machen. Nichts davon kann ich ändern.
Wieder habe ich meine Chance auf ein glückliches Leben mit Füßen getreten.

Ich werde es wohl akzeptieren müssen.
Die Zeit mit ihm, hat doch nur gezeigt, wie schnell ich alles zerstören kann.

Ich kann von Glück reden, dass Kakashi meinetwegen nicht gestorben ist.
Doch das, was jetzt passiert ist, ist noch viel schlimmer, oder?

Ob er sich gerade Sorgen um mich macht?
Ob er gerade einsam ist?

Erschrocken hielt ich mir die Hände vor den Mund.
Die Tränen, die ich die ganze Zeit mit Mühe unterdrückt habe, kamen wieder.

Ich bin schuld, dass es ihm gerade schlecht geht.
Ich habe ihm schreckliches angetan.

Bevor ich es noch schaffen konnte, mich zu beherrschen, brach ich weinend auf dem Boden zusammen.

Unzählige Menschen gingen diese Einkaufsstraße entlang, das war mir bewusst. Ich konnte deren Blicke auf mir spüren.

Es ging aber nicht anders.
Diesen Schmerz in mir konnte ich nicht mehr unterdrücken.
Die Schuldgefühle waren zu stark.

Weswegen, ich allein, in dieser Menschenmenge versuchte, alles herauszuschreien.
Zwanghaft versuchte nicht aufgrund dieser Schuldgefühle zu sterben.

Ein VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt