Kapitel 25

27 2 0
                                    

m e m e n t o
m o r i

»»

„remember
that you
will die."

.

Nari hatte sich ihr erstes Mal außerhalb des Planeten aufregender vorgestellt. Wie ein begeisterter Teenager hatte sie die ersten Stunden vor den riesigen Glasscheiben gehangen und die unendlichen Weiten bestaunt - ihre Faszination war jedoch recht schnell abgeflacht. Gelangweilt starrte sie vor sich hin, spielte mit ihrem Armband und stöhnte gelangweilt in einem regelmäßigen Abstand von zehn Minuten.

Abgesehen davon, dass ständig Asteroiden ihre Wege kreuzten begegneten sie niemandem. Arctic hatte ihr erklärt, dass sie sich noch zu weit weg von Handelsrouten und bekannten Planeten befanden. Es war öde. Das Kinn auf ihre linke Hand stützend starrte sie auf das Datapad. Sentientologie und intergalaktische Archäologie schienen plötzlich unfassbar interessant zu sein. Gerne hätte sich Nari das sogenannte HoloNet angesehen, doch um in dieses zu gelangen mussten sie sich erstmal in der Nähe von irgendwelchen galaktischen Zivilisationen befinden. Seufzend ließ Nari sich in den Co Piloten Sitz fallen.

„Euer Seufzen ist entsetzlich anstrengend." Kommentierte der Soldat neben ihr trocken und Nari zog eine Grimasse. „Dieser Flug ist entsetzlich anstrengend." Äffte sie seine Worte nach und sah, wie er den Kopf schüttelte. Vermutlich verdrehte er die Augen unter diesem verfluchten Helm: „Ihr verhaltet Euch wie ein Kleinkind." Empört starrte sie ihn mit offenem Mund an. „Genießt die Ruhe. Schlaft. Sobald wir uns den Kernwelten nähern, werdet Ihr genug Action für die nächsten Jahrzehnte haben." Fügte er dann etwas sanfter hinzu.

„Danach zeichnet sich Leben durch eine einzigartige strukturelle, ihm Form und Gestalt gebende Organisation, die Empfindlichkeit für Stimulationen aus seiner Umgebung, das Zunutzemachen von Kreisläufen zur Verarbeitung von Energie, die Fortpflanzung zur Arterhaltung sowie die Anpassung an Veränderungen in der Umwelt aus."

„Was?" Sein Helm wandte sich zu ihr und sie konnte sich den verwirrten Blick unter diesem genauestens ausmalen. „Eine Spezies ist dann intelligent, wenn sie in der Lage ist, abstrakte Gedanken zu kommunizieren, sich an Werkzeugen zu bedienen und eine Gesellschaft zu bilden." Setzte Nari unbekümmert ihren Monolog fort. „Sentientologie." Fügte sie dann trocken hinzu, nachdem Arctic sie verdattert angeschwiegen hatte. „Hab ich gerade gelesen." Erklärend deutete sie auf das Datapad, welches unschuldig auf einem Tisch lag.

„Das kannst du auswendig nach einmal lesen?" Er konnte sein Staunen kaum verbergen. „Du nicht?" Skeptisch hob sie eine Augenbraue, was ihn zum lachen brachte. „Ich besitze zwar ein fotografisches Gedächtnis, aber das dient eher dazu sich Karten und Pläne zu merken." „Oh." Schmollend hob sie ihre Unterlippe vor und schloss dann die Augen. „Kennst du nicht irgendwelche Spiele zum Zeitvertreib?" Wollte sie nach einigen Minuten Stille wissen. „Normalerweise hab ich es nicht nötig, mir die Zeit zu vertreiben." Lautete seine Antwort - da war sie wieder, diese stumpfe Art.

„Nichtmal: „Ich weiß etwas, das du nicht weißt?" Was machst du denn, wenn du Frei hast?" Verständnislos lag ihr Blick auf ihm. „Ich hab kein Frei, Nari." Kopfschüttelnd drückte er einige Tasten der Steuerung und richtete sich auf. „Wir sollten schlafen." Meinte er dann und begann, seine Rüstung abzulegen. Errötend blickte die junge Frau zur Seite. Sie sollte aufhören, sich wie eine hormongesteuerte Heranwachsende zu verhalten. „Ihr habt recht." Pflichtete sie mit ruhiger Stimme bei und nickte ihm zu. „Schlaft gut, Commander."

.

Nachdem sie ihren Körper gereinigt, ihr Gebet verrichtet und ihre Haare frisiert hatte, verließ sie die kleine Kammer. In wenigen Stunden würden sie endlich die Handelsrouten erreichen und es wäre gelogen, zu sagen sie wäre nicht nervös. Aber es war eher Arctics Verhalten, welches sie beunruhigte. Er wirkte noch angespannter, noch zurückhaltender als sonst - falls das überhaupt möglich war. In den letzten Wochen hatte sie immer wieder einen Blick hinter die Fassade des Mannes erhaschen können - sein prüder, trockener Humor gefiel ihr. Doch jetzt war er wieder so, wie als sie sich das erste Mal trafen.

Manchmal fragte sich Nari, wer dieser Mann überhaupt war. Welches war sein wahres Gesicht? Er war ein Commander, natürlich musste er seriös wirken und dazu gehörte nunmal auch eine Prise Gefühllosigkeit. Aber dies war keine Prise, sondern ein ganzer Kanister. Es war zum verrückt werden. „Setzt Euch lieber. Wir starten jetzt den Hyperraumsprung." Hörte sie seine Anweisung und am Liebsten hätte sie ihm den Helm vom Kopf geschlagen. „Zu Befehl." Brummte sie leise, für ihn nicht hörbar und sank in den viel zu weichen Sitz neben dem Klon. Er drückte selbstsicher wieder irgendwelche Tasten und unauffällig prägte sie sich jede Bewegung genauestens ein. Man weiß ja nie, wann man ein Schiff fliegen muss.

Ihre meckernden Gedanken verstummten Augenblicklich, als ein Ruck durch den Flieger ging. Erwartungsvoll blickte sie mit großen Augen aus der Frontscheibe - plötzlich überkam sie ein eigenartiges Gefühl und die Welt außerhalb des Schiffes schien sich zu verformen. Die Realität verschwand und das einzige was sie umgab, waren Abermillionen von Sternen. Ein Kribbeln breitete sich in ihrer Magengegend aus, es fühlte sich an wie eine dieser wilden Karusselfahrten, die sie als Kind geliebt hatte. Mit offenem Mund verfolgte sie das Schauspiel und merkte gar nicht, wie eine Hand diesen sachte zuklappte.

Überwältigt starrte sie eine halbe Ewigkeit aus dem Fenster, bis sie sich an das Gefühl gewöhnte und das Adrenalin abnahm. „Das war phänomenal!" Stellte Nari fest und sah zu dem Klon, welcher sie mit einem undurchschaubaren Ausdruck in den Augen anblickte. „Ich bin es gewohnt. Aber ich kann mir vorstellen, wie außergewöhnlich das für dich sein muss." Ein schiefes Grinsen lag auf seinen Lippen und ihr Herz schmolz dahin. Es wäre viel leichter gewesen, wenn die Kaminoaner einen weniger attraktiven Spender gewählt hätten.

„Wie viele Welten hast du bereits gesehen?" Interessiert sah sie ihn an. „Viele. Ich zähle sie nicht." Entgegnete der Klon und ihr entging nicht der abweisende Unterton. „Welcher hat dir am meisten gefallen?" Sie ignorierte seinen Ablehnung gekonnt. „Es gibt keinen. Ich erfülle meine Aufträge und verschwinde." Er schüttelte den Kopf und richtete sich auf. „Wir gelangen in wenigen Stunden in das Corusca System. Schlaft etwas, ich werde Wache halten." Er deutete auf die Kojen und Nari verzog das Gesicht. „Wache halten?" Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Damit wir nicht in einem Konflikt landen, ja." Seufzend richtete Nari sich auf: „Na gut." Gab sie nach und kehrte dem Commander den Rücken zu.

Apatheia Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt