Brücke

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Schnell war ich wieder auf meinen Beinen und starrte Yeonjun an, seine Aussage machte mich wieder etwas wütend, aber gleichzeitig rührte sie mich auch.

"Nein, es ist alles gut", antwortete ich und lächelte leicht verunsichert.

Ich wollte so schnell wie möglich aus dieser Situation heraus und drehte mich von ihm weg, um schnell zu verschwinden. Außerdem musste ich meinen Bruder irgendwie erreichen, er klang so, als würde er sich vielleicht irgendetwas antun wollen.

Wer kann das schon wissen?

Yeonjun war sitzen geblieben und hatte mich ungläubig angesehen, als ich mich weg drehte, spürte ich, wie er mich am Arm packte.

Ich lag auf einer Wiese und heulte verzweifelt, mein ganzer Körper schüttelte sich und ich hatte Angst, so große Angst. Ich war gerade mal 9 Jahre alt schätze ich.

Heute hatte beim Ballettunterricht gar nichts so wirklich funktioniert, das Spitzentanzen tat so weh, meine Füße waren ganz wund und ich konnte meinen Puls darin pochen spüren.

Nach der Veranstaltung in der Schule meiner Schwester Mari muss ich auch noch zum HipHop-Unterricht, ich kann nicht mehr, ich bin so kaputt! Alles tut mir so weh, mein Körper schüttelte sich und ich fasste mir auf meine Füße.

Es tat so weh!

Diese alte Erinnerung schoss in meinen Kopf wie ein Blitz und ich hatte schon lange nicht mehr an diese Zeit gedacht, mein Körper zitterte kurz und als ich mich zu Yeonjun drehte, lief mir eine Träne über meine Wange.

Verwundert wischte ich sie mir weg, Yeonjun sah mich daraufhin sehr geschockt an und fragte besorgt:

"Mit wem hast du telefoniert?"

"Mit meinem Bruder", sagte ich etwas abwesend.

Warum kam diese Erinnerung jetzt hoch, vielleicht weil es Ichirochan zur Zeit nicht so gut ging, oder warum? Irgendwie kam mir die Erinnerung so vage vor, ich wusste nicht mehr genau, was danach passiert war, nur mehr noch das Gefühl, wie ich mich in diesem Moment gefühlt hatte, war gerade so präsent, dass meine Beine nachgaben und ich auf den Boden plumpste.

Ich will das nicht, ich will diesen Weg nicht gehen! Dieser Weg, den meine Eltern mir vorschreiben, warum muss ich nur auf sie hören? Ich will das nicht!

Diese Gedanken, die ich damals in meinem Kopf hatte, schossen durch meinen Kopf und schienen sich darin fest zu krallen.

Yeonjun hielt noch immer mein Handgelenk und fragte nun:

"Kannst du bitte irgendetwas sagen."

Ich blickte zu ihm hoch, er saß noch immer auf der Treppe und ich vor ihm auf dem Boden.

Der war ja auch noch da, wie soll ich hier jetzt wieder raus kommen?

Lust auf irgendwelche emotionalen Gespräche hatte ich nicht, vielleicht erzähle ich ihm etwas von meinem Bruder, dann kann ich besser von mir selbst ablenken.

"Mein Bruder, ihm geht es nicht gut...."

Ich erzählte ihm mit glasigem Blick, was mein Bruder zur Zeit mitmachte und wie verzweifelt er am Telefon geklungen hatte, während ich darüber sprach schaffte ich es mich von meiner Erinnerung zu erhohlen und mein Gefühlszustand stabilisierte sich.

"Du musst zu ihm gehen", sagte Yeonjun und blickte mich ziemlich ernst an.

"Sollte ich das?", fragte ich ihn.

"Aber sicher, du bist doch seine große Schwester, wer weiß was er sonst für Blödsinn macht", schrie er mich schon fast an und ich konnte in seinen Augen Tränen sehen.

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