Dose

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Die junge Frau, die gemeinsam mit Herrn Han herein gekommen war, stellte sich als seine weibliche Unterstützung heraus, um mir meinen Solopart bei zu bringen.

Sie hieß Hong Sumin und war genauso alt wie ich, sie war ziemlich klein und strahlte die ganze Zeit über ihr ganzes Gesicht.

Nun stand sie vor mir und erklärte mir den letzten Teil meines Soloparts, Yeonjun saß in einer Ecke und sah sich gemeinsam mit Herrn Han bereits den Teil an, in dem wir aufeinander zugingen und gleich gemeinsam tanzen würden.

Eigentlich war ich immer die schnellste in Choreographien lernen und beherrschen, aber er war um einiges schneller gewesen und konnte seinen Solopart schon nach der ersten halben Stunde.

Das gefiel mir irgendwie gar nicht und ich versuchte mich noch mehr anzustrengen, damit ich mit ihm mithalten konnte.

Yeonjun blickte vom Laptop auf und sah mir direkt in die Augen, in dem Moment wurde mir bewusst, dass ich ihn die ganze Zeit über angestarrt hatte, während ich darüber nachgedacht hatte, wie schnell er doch gewesen war.

Frau Hong hatte zum Glück nicht bemerkt, dass ich gerade total abgelenkt war, Yeonjun lächelte zu mir rüber und deutete, ich solle zu der Tanzlehrerin schauen und mich konzentrieren.

In dem Moment, als er dies zu mir deutete, streckte ich ihm frech die Zunge raus und drehte mich schnell zu Frau Hong, die noch immer meinen letzten Teil erklärte.

Fassungslos schlug ich mir mit der Handfläche auf den Mund, warum hatte ich gerade so etwas Kindisches gemacht?

Das war so gar nicht meine Art, warum brachte mich Yeonjun immer wieder dazu, Dinge zu machen, die ich normalerweise nicht mache?

So bin ich nicht, ich bin ein Mensch, der sich immer unter Kontrolle haben muss, mit einem tiefen Atemzug schaffte ich es, mich auf Frau Hong zu konzentrieren.

Jetzt lief alles besser, schon nach 10 Minuten saß mein Teil des Tanzes und wir wollten in der letzten halben Stunde, die wir noch hatten, den ersten Teil von uns beiden anfangen.

Herr Han und Frau Hong tanzten uns erst den ersten Part vor. Nach meinem Solopart würde Yeonjun aus dem Nebel auftauchen und mich an der Hand erst einmal hochziehen.

Ich lag am Ende meines Parts am Boden, anscheinend sollte ich total verzweifelt wirken und Yeonjun war der Prinz, der mich retten würde.

Es war eine so kitschige Geschichte, die hinter dem Tanz stand und ich war ehrlich gesagt nicht begeistert darüber.

Nun lag ich am Trainingsboden und Yeonjun beugte sich über mich, er würde mir jetzt gleich die Hand entgegenstrecken und mich hochziehen, ich würde ziemlich nahe an ihn ran gezogen werden und dann würde....

Yeonjuns Hand war da und ich ergriff sie.......

......BUM!

Ich fiel zu Boden, aus irgendeinem Grund war das Gefühl von Angst wieder da.

Das kleine Mädchen in mir schien wieder da zu sein, ich hatte Yeonjuns Hand während er mich hochgezogen hatte vor Schreck losgelassen, weil mich schon wieder diese Emotionen überwältigten.

Daher war ich rückwärts auf meinen Rücken gefallen, ich spürte den Schmerz nicht wirklich.

Als ich auf den Boden gekracht war starrte ich kurz zur Decke hoch und dann rollte ich mich auf die Seite zog meine Knie ganz fest an mich und schrie laut:

"Ich will das nicht! Ich will das einfach nicht mehr!"

Ich spürte, wie jemand seine Hand auf meine Schulter legte, ich drehte meinen Kopf und sah plötzlich den Jungen aus meinem Traum vor mir.

Dieser Junge ich hatte ihn schon lange vergessen, ich blinzelte kurz und sah, dass es nicht der Junge sondern Frau Hong war, die mit ihrer Hand über meine Schulter streichelte und frage:

"Ist alles in Ordnung mit dir?"

Zitternd stand ich auf und sah mich um, Yeonjun hatte den Übungsraum scheinbar verlassen, Herr Woosung half mir auf, doch mir wurde im Stehen leicht schwindelig. Jetzt merkte ich einen stechenden Schmerz an meinem Hinterkopf, scheinbar war ich ziemlich hart mit ihm auf den Boden gekracht.

"Wir sollten für heute Schluss machen", stellte Frau Hong fest.

Ich nickte und setzte mich an die Wand auf den Boden, beide wollten sich scheinbar um mich kümmern aber das war mir ehrlich gesagt unangenehm und ich sagte zu beiden:

"Es geht mir gut."

Herr Han bekam gerade einen Anruf, rein scheinbar wurde er irgendwo gebraucht. Nervös blickte er zu mir rüber ich sagte mit einem Lächeln:

"Sie können gerne gehen und Frau Hong gehen Sie auch, ich schaffe das schon, machen Sie sich keinen Gedanken."

Beide gingen und ich saß da und ich dachte wieder zurück an diesen Tag:

Ich lag wieder auf der Wiese, meine Verzweiflung war so groß und ich wollte aufgeben.

Da hörte ich, wie sich jemand neben mich stellte, eigentlich erwartet ich meine Mutter, die mich zu der Aufführung meiner Schwester holen würde und mir wahrscheinlich vorhalten würde, dass ich mich zusammenreißen sollte.

Ein Schatten beugte sich über mich und ein Junge fragte:

"Ist alles gut bei dir, warum weinst du?"

Langsam öffnete ich die Augen, ein Junge hatte sich über mich gebeugt, er sah ziemlich besorgt aus.

Unter schluchzen sah ich ihn an.

"Weine doch nicht", sagte er und streckte mir die Hand entgegen.

Als ich sie nahm, wollte er mich eigentlich hochziehen, aber er schien das ganze ziemlich ungeschickt zu machen und ich fiel wieder auf die Wiese.

Mit meinem Pech krachte ich auch noch mit meinem Kopf auf einen Stein.

"Aua!", schrie ich laut.

Der Junge blickte mich schuldig an und lief plötzlich weg.

Völlig verwundert richtete ich mich auf und blickte den Jungen hinterher, kurz darauf kam er aber auch schon wieder zurück zu mir gelaufen. Er hatte eine kalte Dose aus dem Automaten, der um die Ecke des Schulgebäudes stand, geholt. Schnell lief er auf mich zu und stellte sich neben mich, dann hielt er mir die Dose hin und sagte:

"Halt das auf deine Beule, das ist kalt."

Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich hob meinen Kopf nach rechts, um zu sehen wer mit mir sprach.

Yeonjun stand neben mir, er hatte eine kalte Dose in der Hand und hielt sie zu mir runter.

Vielleicht Doch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt