Kapitel 24 - Der Patronus

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Maleficent nahm sich einen Moment, um sich umzusehen und die frische Luft des Waldes einzuatmen. Gemeinsam mit Snape marschierte sie zu einer der Wasserstellen, wo jedes Wesen die beiden ungläubig anstarrte. "Maleficent!" kam es von einer männlichen Stimme hinter ihnen. Als Severus sich umdrehte, sah er einen jungen Mann, die Augen fassungslos auf Maleficent gerichtet. Seine schwarzen Haare waren nach hinten gekämmt und er trug ein halb offenes Hemd mit Hose, beides ebenfalls schwarz. Hätte er ein markanteres Gesicht, hätte Severus sein jüngeres Selbst in ihm sehen können. Er ging über das ganze Gesicht grinsend auf Maleficent zu und schlang seine Arme um sie. Auch wenn man an ihrem Gesichtsausdruck erkannte, dass sie nicht besonders erfreut darüber war, gefiel Severus dieser Anblick nicht. "Diaval." sagte sie zu dem Mann, als er wieder von ihr abließ. Er atmete erleichtert aus. "Wir dachten, wir hätten dich verloren.." Erst, als Maleficent wieder zu Snape herüber sah, drehte sich Diaval um und bemerkte ihre unbekannte Begleitung. "Verzeihung, ich habe dich gar nicht gesehen." Merlin, es war in den Mooren tatsächlich normal, fremde Leute zu dutzen, dachte sich Severus. "Snape." antwortete er ihm auf die gleiche, arrogante Art, wie er sich Maleficent das erste Mal vorgestellt hatte. Diaval wollte ihm die Hand schütteln, ließ es aber schließlich sein, da Severus nur grimmig und mit hochgezogener Augenbraue auf die Hand schaute, ohne dabei überhaupt den Kopf zu senken. Nicht anders als viele Feenwesen, die sich in der Nähe aufhielten, starrte Diaval ihn mit leichter Verunsicherung in den Augen an. Es wunderte Maleficent nicht, da sie ihn bei dem ersten Treffen genauso angesehen hatte. Immerhin war Snape ein auffallend großer Mann und seine Erscheinung machte im Gesamtbild im nur grellen Licht des Mondes einen wirklich furchteinflößenden Eindruck. Maleficent wollte sich selbst niemals zugeben, wie unheimlich attraktiv sie das eigentlich fand. Die Wasserelfen, die nun alle hintereinander um ihn herumflogen und ihn mit Fragen bombardierten, rissen sie aus ihren Gedanken. Aussagen wie "Ist das ein Mensch?" "Der ist ja riesig!" oder "Er trägt einen Umhang!" war von piepsigen Stimmen aufzunehmen, während sie interessiert an seinen Klamotten herumzupften. "Weg von ihm." befahl Maleficent ihnen streng, woraufhin sie sich sofort zurückzogen. Während sie alle anderen Bewohner begrüßen ging, machte Severus gemeinsam mit Diaval einen Spaziergang durch die Wälder, wo er ihm einiges über dieses Königreich erzählte. "Wer wohnt dort?" fragte Snape, als er auf der anderen Seite der Landfläche ein prächtiges Schloss erkannte. Zwischen Anfang des Waldes und dem Schloss wuchs eine riesige, schwarze Hecke aus Dornen und Unkraut, die wie eine Mauer die beiden Landschaften trennte. Diaval schluckte schwer. "Der König der Menschen. King Stefan. Er tut alles in seiner Macht stehende, um diese Schutzmauer zu durchbrechen und die Herrschaft über beide Königreiche zu übernehmen." Severus spürte einen dicken Kloß im Hals. Wer dieser König sein musste, war ihm sofort klar. "Ist er das Schwein, das einer Fee die Flügel entrissen hat?" Diaval hob den Kopf und weitete die Augen. "Du kennst die Geschichte?" Snape nickte. Wenn er wollte, könnte er einfach in das Schloss gehen und Stefan mit dem Todeszauber ermorden, doch er tat es nicht. Eine Doppelspionage zu führen, und das Ganze auch noch vor beiden Seiten geheim zu halten, war anstrengend genug und Lehrer in Hogwarts zu sein machte die Lage nur noch schwerer für ihn. Dieser Gedanke erinnerte ihn daran, wieso er überhaupt hier war. Als Diaval sich zu Maleficent gesellte, die unter dem Baum eines Teiches saß, sammelte Severus nicht weit entfernt von ihnen verschiedene Trankzutaten. "Hallo." unterbrach ihn eine weibliche Stimme. Er drehte sich um und sah ein junges Mädchen. Aus ihrer Dornenkapuze ragten blonde, lange Haare hervor, die ein hübsches helles Gesicht umrahmten. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.." Er zog eine Augenbraue hoch. "Du mich erschrecken? Dümmchen, wenn sich hier irgendjemand erschrecken sollte, dann du wegen mir." "Dafür sehe ich keinen Grund." Mit fasziniertem Blick machte sie einen Schritt näher, wurde aber sofort von einem gezückten Zauberstab aufgehalten. "Bleib ja wo du bist!" knurrte er, woraufhin sie zu grinsen begann. Warum lächelte sie? "Du bist also wirklich ein Zauberer! Oh die gute Fee hat ja soviel über dich erzählt!" rief sie begeistert. Interessant, Maleficent war für sie die "Gute Fee". Und wieso bei Merlins Bart sollte sie viel über ihn erzählt haben? "Mit diesem Stab kannst du sicher soviel tun." fuhr sie fort und musterte interessiert den Zauberstab in seinen Händen. "Zeigst du mir etwas?" Severus drehte sich um und tat so, als wäre sie nie da gewesen, doch das half ihm nicht. Pfiffig stellte sie sich vor die Pflanze, die er pflücken wollte, und sah ihn fragend an. "Geh aus dem Weg, Mädchen!" rief er. Sie rührte sich nicht. "Bitte." wiederholte sie mehrmals und machte einen flehenden Hundeblick. Genervt schnaufte er und sein schlaffer Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er aufgab. Über beide Ohren lächelnd stellte sie sich neben ihn und wartete gespannt. Severus wusste nicht recht, was er vorführen sollte, doch dann fiel ihm der Zauber ein, den er vermutlich am längsten nicht mehr benutzt hatte. Auch wenn es ihm schwer fiel, dachte er über sein erstes Treffen mit Lily nach, machte große, kreisende Bewegungen mit dem Zauberstab und flüsterte: "Expecto Patronum." Der Mund und die Augen des Mädchens standen weit offen, als der blau schimmernde, fast durchsichtige Umriss einer Hirschkuh aus der Spitze des Stabes sprang und in der Luft hüpfende Bewegungen wie ein echtes Tier machte. Hinter jedem Galopp der Gestalt folgten ebenso schimmernd blaue Schleier, leicht wie Rauch, welche die Blondine, ihre Augen funkelnd, mit ihren Fingern bewegte. Verschiedenste Wesen ragten aus ihren Verstecken hervor und sahen genauso entzückt zu, und viele kleine Feen flogen durch die Schleier hindurch und tanzten Ballettänze auf den blauen Schimmern. Maleficent, die mit Diaval dazu gekommen war, hoffte, Snape würde niemals herausfinden, dass er die ganze Zeit über leicht lächelte. Denn mit der Spiegelung des Feenglitzers in den schwarzen Augen und der Bewunderung, die er den Feen schenkte, war es das hübscheste Lächeln, das sie je gesehen hatte.

Severus Snape × Maleficent - Die Fee und der ZaubererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt