Kapitel 5 - Von Fee zu Mensch

103 7 0
                                    

Kaum hatte Severus mehr als zwei Stunden Schlaf bekommen, bevor ihn die Sonnenstrahlen im Gesicht darauf hinwiesen, dass er aufstehen musste. Er setzte sich auf und als er sich umsah, befand er sich in einem kalten staubigen Keller. Er hatte also nicht geträumt, letzte Nacht war er tatsächlich einer Frau mit zwei Hörnern auf dem Kopf im verbotenen Wald begegnet und sie mit nach Hogwarts genommen. Natürlich hätte er es wesentlich bevorzugt, sie in seinem schaurigen Keller voller Zaubertrank-Reserven und unbrauchbarer Gegenstände übernachten zu lassen, doch das Risiko, jemand würde sie hier finden, ging er ungern ein. Also erhob er sich von der quietschenden, modrigen Matratze, welche er glücklicherweise im Raum fand, strich so gut es ging seine seit gestern getragenen Klamotten mit den Händen glatt und öffnete so leise wie möglich die Kellertür, um keine Geräusche zu machen. Zu seinem Glück war es noch relativ früh am Morgen, denn zu dieser Zeit liefen die wenigsten Schüler herum. Kein Wunder, faul und ungebildet diese Kinder, dachte er sich, während er mit schnellen Schritten den Weg zur großen Halle nahm. Dort angekommen saß schon seine älteste, weibliche Kollegin munter an ihrem Platz. Minerva musste nicht einmal zu ihm hochblicken, um ihn zu erkennen, denn aus dem Augenwinkel war sein dramatisch wehender Umhang überall zu erkennen. "Morgen, Severus." sagte sie also wie jeden Tag, ohne ihren Blick von dem Pergament vor ihr abzuwenden. "Morgen." murmelte er ihr als Antwort und setzte sich auf seinen Stuhl, wobei er vor Verschlafenheit versehentlich seinen mit Kürbissaft gefüllten Trinkbecher umkippte. Selbst Minerva, die auf ihre Dokumente konzentriert war, schreckte hoch, als der Aufprall des Bleches auf dem Boden ein schepperndes Geräusch machte. "Severus, was-" "Nichts passiert, alles gut!" rief Severus sofort, um Minervas Nachfrage auszuweichen und wischte mit einer Serviette die verteilten Flecken des Saftes weg. Als er sich wieder setzte, fragte er sich selbst, was mit ihm los war. Wenig Schlaf hatte ihm nie etwas ausgemacht, immerhin war er als Todesser und gleichzeitiger Spion und Lehrer für Hogwarts dazu gezwungen, sich daran zu gewöhnen. Die Tatsache, dass in diesem Moment eine fremde Frau in seinem Bett lag, schien seinen Kopf ziemlich zu überfordern. Wären die beiden Hörner auf ihrem Kopf nicht, wäre alles bestimmt unkomplizierter abgelaufen. Er musste unbedingt herausfinden, wer oder was sie war, doch das musste bis nach den Unterricht warten. Inzwischen erwachte Maleficent auch schon und setzte sich sofort auf, um die Umgebung genauer zu betrachten. Auch sie musste feststellen, dass sie nicht geträumt hatte. Sie stand auf und ging ein paar Schritte nach vorn. Die Schmerzen ließen erfreulicherweise schon etwas nach, wodurch ihre Kraft zur Fortbewegung etwas nachgetankt wurde. Ein Grummeln ertönte und sie legte eine Hand auf ihren Bauch. Sie war hungrig, doch wo würde sie hier etwas Essbares finden? Heute Abend würde er nach ihr sehen, das waren seine Worte, doch so lange konnte sie nicht warten. Erwartete er, dass sie einfach hungernd hier drin bleiben würde und sich bis zum Abend nicht rühren würde? Also öffnete sie die Zimmertür und streckte zuerst den Kopf hinaus. Links und rechts war ein langer Gang ausgestreckt, getragen von einer Reihe riesiger Steinsäulen. Da es im Gesamtbild einen einzigen Gang ergab und er in beiden Richtungen gleich aussah, entschied sich Maleficent spontan dazu, in die linke Richtung zu laufen. Ihr Blick dabei zu den Säulen gerichtet, erkannte sie zwischen ihnen die Aussicht auf das restliche Schloss. Es war wirklich prächtig riesig und die Aussicht schien von hier oben auch die beste zu sein. Doch sie fragte sich, warum weit und breit niemand zu sehen war. Ihr Glauben, allein in dem Gang zu sein, verschwand, als sie vor Verträumtheit in eine harte Brust lief. "Wow." kam von der Person, in die sie hineingelaufen war. Ein Junge, ein paar Zentimeter kleiner als sie, mit braunen Haaren und merkwürdiger Kleidung stand vor ihr. Er war ausgestattet mit einem großen Umhang mit rotem Innenstoff und einer roten Krawatte mit gelben Streifen. Die linke Seite des Umhangs trug ein rotes Wappen mit einem Löwen darin. Mit offenem Mund waren seine hellblauen Augen auf ihre Hörner gerichtet. "Verzeihung." Ihre Entschuldigung schien überflüssig, denn der Junge vor ihr ignorierte sie und starrte weiterhin ungläubig auf ihre Hörner. "Finnigan!" eine laute, tiefe Stimme ertönte hinter den beiden und eine kräftige Hand packte Maleficent am Arm, um sie in einen kleinen Raum zu zerren. Während sie um sich herum eine kleine Abstellkammer erkannte, hörte sie die Person, die sie hier hinein gezerrt hatte, draußen mit dem Jungen sprechen. "Mr. Finnigan, ab in Ihre Klasse!" Dieser nickte hastig und gehorchte ihm. Danach schritt die Person in die Kammer, schloss sie ab und sah Maleficent direkt in die Augen. Der Jemand, der sie gestern hierher gebracht hatte, das wusste sie sofort durch die schwarzen Augen. "Habe ich nicht gesagt, du sollst das Zimmer nicht verlassen?!" "Ich muss dir nicht gehorchen. Ich werde nicht hungern, weil du es so willst." Severus schwieg einen Moment, als sie ihren Hunger ansprach. Darüber hatte er tatsächlich nicht nachgedacht. "So wirst du nichts zu essen bekommen." Mit diesen Worten erhob er den Zauberstab, den er bereits in der Hand hielt, sprach ein merkwürdiges, lateinisch klingendes Wort und ein grelles Licht aus der Spitze des Stabes blendete Maleficent. Als das Licht endlich verschwand, deutete Severus auf einen alten Spiegel neben sich. Sie sah daraufhin hinein und erstarrte, denn die prächtigen Hörner auf ihrem Kopf waren nicht mehr zu sehen. Sie fasste sich an den Kopf, doch das Spiegelbild täuschte sie nicht. Die Hörner und die spitzen Ohren waren tatsächlich weg.

Severus Snape × Maleficent - Die Fee und der ZaubererWo Geschichten leben. Entdecke jetzt