Kapitel 47

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Immer mehr Tränen quellen aus meinen Augen. Die gesamte Traurigkeit, die sich in den letzten Tagen angestaut hat, bricht nun aus mir heraus.
Die Menschen um mich herum ignorieren mich völlig, was mir endgültig das Gefühl vermittelt ganz alleine zurückgelassen worden zu sein.

Plötzlich spüre ich, wie sich zwei starke Arme um mich legen und zu sich heranziehen. Ein vertrauter Geruch strömt mir in die Nase und ich ziehe den Duft tief ein. Auch ohne aufzuschauen, weiß ich, dass Tae nicht auf mich gehört hat und nun doch auf dem Flughafen aufgetaucht ist. Weinend drehe ich mich zu ihm um und kralle mich an seinem Shirt fest. "Schschsch... Ich bin ja hier.", raunt er mir ins Ohr und versucht mich zu beruhigen. Sanft wiegt er mich in seinen Armen hin und her und summt leise vor sich hin. Erschöpft kuschel ich mich an ihn und werde immer ruhiger. Irgendwann habe ich einfach keine Kraft mehr zum Weinen. Die Tränen sind versiegt. Tae hält mir ein Taschentuch hin, welches ich dankbar annehme und mir mein Gesicht abwische.

Ein sanfter Kuss auf meine Stirn lässt mich aufschauen. Ich habe mich vorhin nicht getäuscht. Die dunkel gekleidete Person ist tatsächlich Tae.
"Du hast Nerven!", zische ich. "Hast du keine Angst, dass dich jemand erkennen könnte?" Tae hält mir hastig den Mund zu.
"Psssssst! Wenn du darüber sprichst, dann wird natürlich noch jemand auf uns aufmerksam. Komm, lass uns von hier verschwinden."
Er reicht mir seine Hand und hilft mir auf. Die Cappy noch tiefer ins Gesicht gezogen und mit einigem Abstand voneinander machen wir uns auf den Weg zu meiner neuen Wohnung.

Als wir in der Wohnung angekommen sind, schließe ich schnell die Tür hinter uns und falle Tae um den Hals.
"Oh, Tae! Was hättest du nur gemacht, wenn dich irgendjemand erkannt hätte? Du bist doch verrückt einfach auf dem Flughafen aufzutauchen!", rufe ich aufgebracht.
Doch Tae umarmt mich nur fest und küsst mich erneut auf meine Stirn.
"Ich konnte dich nicht einfach alleine lassen. Es muss schwer sein, seine Familie ziehen zu lassen und hier zurück zu bleiben. Mir fiel es damals auch nicht leicht von zu Hause wegzugehen und mit den Jungs zusammen in einem Dorm zu wohnen und hier in Seoul ein neues Leben anzufangen. Es ist anfangs ungewohnt und man fühlt sich nicht wirklich wohl, weil man seine Eltern und Geschwister sehr vermisst, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Aber bitte... Bevor du dich alleine fühlst, schreib mich an. Ich melde mich dann so schnell wie es mir möglich ist, ja? Keiner sollte sich einsam fühlen müssen.", erklärt er mir.
"Du bist viel zu gut für mich.", murmel ich und schmiege mich eng an ihn. Sein Herz klopft wild in seiner Brust und bringt mich zum Lächeln. Sachte schiebt Tae mich ein wenig von sich und umfasst mein Gesicht liebevoll mit seinen Händen. Sein Gesicht nähert sich meinem immer mehr und ich schließe meine Augen. Doch als weiter nichts passiert, öffne ich sie wieder und sehe Tae breit grinsend vor mir.
"Du bist echt süß, weißt du?"
Empört schlage ich ihn leicht auf seine Schulter, was ihn nur noch mehr zum Lachen bringt. Doch dann beugt er sich noch weiter vor und schenkt mir den ersehnten Kuss. Sanft erwidere ich ihn und spüre, wie mein Herz ebenfalls an Tempo gewinnt und sich an Tae's Herzschlag anpasst.
Langsam löst sich Tae von mir und sieht sich neugierig um. "Das ist also ab sofort deine Wohnung? Du hast es dir wirklich gemütlich eingerichtet."
"Du kannst dich ruhig ein wenig umschauen, ich geh mal kurz ins Bad."
Eilig flüchte ich ins Bad und schaue in den Spiegel. Die Augen sind vom vielen Weinen noch rot und geschwollen, weswegen ich mein Gesicht wieder einmal mit kaltem Wasser abwasche. Anschließend setze ich mich auf den Wannenrand und atme durch. Einen kurzen Moment brauche ich mal für mich.

Tae POV:
Traurig sehe ich Seri nach, wie sie im Badezimmer verschwindet. Zu gerne wäre ich vorhin direkt an ihrer Seite gewesen, um ihr eine Stütze zu sein. Aber ich musste wirklich aufpassen, dass mich niemand erkennt. Der Flughafen war voller Menschen und auch viele junge Mädchen waren unterwegs. Beinahe hätte mich auch eines der Mädchen erwischt, aber ich konnte ihnen entkommen. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn sie mir womöglich laut kreischend hinterher gelaufen wären! Das muss Seri aber nicht wissen. Wichtig ist nur, dass ich jetzt für sie
da sein und sie trösten kann. Es hat mir vorhin fast das Herz gebrochen, als ich sie so stark weinend auf der Besucherterrasse vorgefunden habe. Ich weiß nur zu gut was es bedeutet von der eigenen Familie getrennt zu sein. Von daher kann ich gut nachempfinden, wie sich Seri fühlen muss. Am liebsten würde ich sie zu uns in den Dorm holen, damit sie nicht so alleine ist, aber das geht nun wirklich nicht.

Langsam lasse ich meinen Blick durch ihre Wohnung schweifen. Sie ist sehr klein, aber Seri hat wirklich guten Geschmack, was ihre Einrichtung und ihre Dekorationen angeht. Man fühlt sich sofort wohl. Ein kleines Foto im Regal erregt meine Aufmerksamkeit. Es ist eine verblichene Aufnahme. Darauf zu sehen sind ein Mann, eine Frau und ein kleines Mädchen. Ich nehme an, dass es sich dabei um Seri und ihre Eltern handelt, denn daneben steht ein neueres Foto mit der selben Frau und zwei Mädchen. Seri hatte mir schon einmal angedeutet, dass sie lange Zeit ohne ihren Vater auskommen musste und die Familie eben erst wieder zueinander gefunden hat. Das ist wohl auch der Grund, warum ihre Mutter und ihre Schwester mit dem Vater nach Deutschland gegangen sind. Seri möchte wohl erst einmal ihr Studium beenden und ihnen dann vielleicht folgen.

Bei dem Gedanken daran, dass wir tausende Kilometer voneinander getrennt sein könnten, schaudert es mich und mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Niemals könnte ich sie von mir fortgehen lassen! Auf der anderen Seite würde ich es aber auch verstehen, wenn sie zu ihrer Familie ziehen will.
Wir werden ja sehen, was die Zeit bringen wird. Jetzt soll sie sich erstmal auf ihr Studium konzentrieren und das erfolgreich abschließen. Und ich werde ihr dabei helfen und sie unterstützen so gut ich kann!

Ein Blick auf meine Uhr und mein knurrender Magen verraten mir, dass es schon spät ist und Zeit zum Abendessen.
Zaghaft klopfe ich an der Badezimmertür an. "Seri?"
Das Schloss wird entriegelt und die Tür öffnet sich. "Hmmm?", erwidert Seri leise und besorgt mustere ich sie.
Sie wirkt so unheimlich blass und erschöpft. "Es ist schon spät. Komm, lass uns was zum Essen bestellen und dann ruhst du dich am besten aus, ja?"
Seri nickt nur schwach und wankt zu ihrer Couch. Rasch bin ich an ihrer Seite und führe sie dorthin.
"Leg dich hin und ruh dich aus, ich kümmere mich um alles, ja?"
Wieder nickt Seri und legt sich auf die Couch. Liebevoll decke ich sie zu und küsse sie auf die Stirn. So gefällt sie mir gar nicht.
"Hast du heute überhaupt schon was gegessen?", frage ich nach, da ich eine dunkle Ahnung habe, die sich bei Seris Kopfschütteln nur bestätigt. Bestimmt hatte sie heute wegen des Abschieds keinen Appetit.

Ich lasse sie in Ruhe und gehe in den Nebenraum, um eine Bestellung aufzugeben. Als ich zu Seri zurückkomme, ist sie schon in einen unruhigen Schlaf gefallen. Ich lasse mich neben ihr auf den Boden nieder und streiche ihr durch die Haare bis sie ruhiger wird. Heimlich beobachte ich sie ein wenig und empfinde sowas wie Stolz.
Das hübsche Mädchen, welches gerade ihre Nase niedlich kraus zieht, ist meine Freundin. Meine!


Do you love the Bangtan Style? Pt.3 - Taehyung-FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt