16. Leben

70 4 1
                                    

Heute habe ich mir ein wenig Zeit genommen, um etwas mit Madison zu unternehmen. Die Kleine fällt kaum auf, was in meinen Augen ziemlich unüblich für Kinder ist. In meinen Augen müssen Kinder herumtoben, lachen und einfach auffallen. Manchmal glaube ich, dass Madison mehr gesehen hat, als manch ein anderer Menschen. Sie viel erwachsener, als andere Kinder in ihrem Alter. Wenn ich sie ansehe, habe ich manchmal das Gefühl ein älteres Mädchen vor mir stehen zu sehen. Nicht weil sie alt aussieht, nein, sie sieht aus wie ein normales neunjähriges Mädchen, aber ihre Augen wirken so viel erfahrener. Sie hat dieselben großen, grünen Augen und braunen Haaren, mit denen auch Reece gesegnet wurde. Es ist nicht zu übersehen, dass die beiden Geschwister sind.

Am Morgen hatte ich das Gefühl, dass ich sie unbedingt noch besser kennenlernen muss, bevor ich Amerika wieder verlasse und aus diesem Grund habe ich mich heute Morgen auf den Weg zu ihr gemacht. Ihr Zimmer, beziehungsweise das Schlafzimmer von Maria und Jack, in dem sie wegen der Renovierungsarbeiten vorübergehend wohnen muss, liegt auf der ganz anderen Seite des Ganges.

Madison hat von ihrem kleinen Puppenhaus aufgeschaut, als ich an ihre Tür geklopft habe. Ein breites Grinsen in ihrem Gesicht hatte mir verraten, dass sie sich über meinen Besuch freut. Vielleicht wusste sie schon, was ich vorhatte, denn sie sprang auf und hat mich umarmt. Ich weiß sie nicht richtig einzuschätzen, da sie einerseits ziemlich ruhig sein, gleichzeitig aber auch, wie in diesem Moment, aus einem Impuls heraus aufspringen und mich fest an sich drücken kann.

Traurigerweise ist mir nämlich aufgefallen, dass wir, seit ich hier angekommen bin, nicht viel miteinander unternommen haben. Bis jetzt habe ich ihr nur manchmal bei den Hausaufgaben geholfen, ein oder zweimal sind wir zusammen einkaufen gegangen, aber das war dann auch alles.

Ich weiß, dass sie die Streitereien zwischen Reece und mir mitbekommt und auch, dass andauernd fremde Mädchen in Reeces Zimmer verschwinden. Obwohl sie es nicht sagt und sich auch nichts anmerken lässt, verraten ihre traurigen Augen sie. Ob sie wohl auch Reeces Geheimnis kennt?

Jedenfalls habe ich mich dazu entschieden, etwas mit ihr zu unternehmen, um sie aus dem Haus zu bekommen. Sie hat sich sehr über meinen Vorschlag mit dem Ausflug gefreut und ist auf der Stelle Feuer und Flamme gewesen.

Maria hat uns in die Stadt gefahren. Sie war mindestens genauso aufgeregt wie Madison selbst, als ich ihr eröffnet habe, dass wir beide etwas unternehmen möchte. Als die Kleine schon einmal zum Auto vorgegangen ist, hat sich Maria noch gefühlte tausendmal bei mir bedankt. Irgendetwas stimmt nicht mit dieser Familie und das meine ich ganz und gar nicht böse. Es muss irgendetwas vorgefallen sein. Diese Familie wird mir immer suspekter. Sie verhalten sich seltsam. Einerseits wirken sie wie eine glückliche Familie, doch andererseits scheint es fast so, als läge ein dunkler Schatten auf ihnen.

Nachdem ich Madison gefragt habe, was sie denn gerne machen möchte oder wo sie gerne hingehen würde, hat sie sich für das Kino entschieden. Also bin ich mit ihr dahin gegangen und habe mir einen 3D-Zeichentrickfilm angeschaut, den sie sich ausgesucht hat. Es war ganz lustig und schön, mal wieder so abschalten zu können. Das Popcorn, das sie den ganzen Film über in ihren kleinen Körper hineingestopft hat, habe ich komplett ihr überlassen. Sie hat bei fast jeder Stelle gelacht und sich prächtig amüsiert. Manchmal habe ich den Film komplett vergessen und zu ihr herübergeschaut. So, dachte ich, so muss ein Kind aussehen. Es muss lachen und Spaß haben können.

Jetzt sitzen wir in einem kleinen Fast-Food-Laden und essen Pommes und Burger, ganz typisch amerikanisch eben. Vielleicht ist das nicht gerade die gesündeste Mahlzeit, aber man muss sich auch mal etwas gönnen dürfen.

Madison kaut grinsend auf ihrem Burger herum. Ich habe ihr noch gesagt, dass er zu groß für sie ist, aber sie wollte nicht auf mich hören. Sie ist so begeistert gewesen von diesem riesigen Burger, dass ich nicht anders konnte, als klein beizugeben.

A Story of Broken HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt