A Story of Broken Hearts

4. Blondie

Inzwischen ist Sonntag. Freitagabend bin ich hier angekommen. Nachdem ich den Vorfall mit Maria und den anderen geklärt habe, habe ich meine Eltern kurz angerufen, um ihnen zu versichern, dass ich noch lebe. Meine Mutter ist beinahe durchgedreht, aber bevor sie richtig loslegen konnte, habe ich gesagt, dass ich auflegen müsste und habe das dann auch prompt getan.

Zwei Tage bin ich nun schon bei den Baldons zu Hause. Zwei Tage in denen ich von meiner eigenen Familie getrennt bin. Zwei Tage schon in einem fremden Land. Der Gedanke ist seltsam.

Reece hat mich bis jetzt nur ein paarmal auf die Palme gebracht, es waren nur noch Kleinigkeiten. Es ist fast so, als sähe er eine kleine Schwester oder vielleicht doch eher einen Bruder in mir, den er andauernd ärgern könnte. Ich habe versucht, mich nicht allzu schnell provozieren zu lassen und es hat tatsächlich geklappt.

Viel ist nicht passiert in diesen zwei Tagen. Ich habe die einzelnen Familienmitglieder besser gelernt. Jack und Maria scheinen sehr junge Eltern zu sein. Jack, der Mann im Haus, der jedoch nicht wirklich die Hosen anhat. Ich schätze mal, dass Maria das Oberhaupt der Familie ist. Während Jack der ruhige, liebevolle Amerikaner ist, ist Maria das totale Gegenteil - sie ist die temperamentvolle Latina, die auch mal lauter werden kann, aber sie hat das Herz am rechten Fleck, wie fast jeder hier in der Familie.

Das ganze Wochenende ging eigentlich damit drauf, dass ich mein neues Zimmer dekorieren durfte oder sollte ich besser sagen, die eine Hälfte des Zimmers? Reece hat mir nicht erlaubt, auch nur etwas von seiner Hälfte zu berühren. Obwohl Reece nicht viel älter als ich sein kann, habe ich das Gefühl, das er in mir ein Kleinkind sieht.

Am Sonntagmorgen bekomme ich von Maria und Jack Hefte, Notizbücher und alles was ich sonst noch für die Schule benötige. Alle Informationen die ich brauche, bekomme ich ebenfalls - das heißt Spindnummer, sämtliche Schulwege, die ich nehmen könnte. Ich komme mir schon fast so vor wie an meinem ersten Schultag. Es fehlt nur noch die mit Süßigkeiten gefüllte Einschultüte.

Bevor ich mich dankend verabschieden kann, ruft Maria mich noch einmal zu sich.

»Ich habe hier etwas für dich«, erklärt sie. »Eine kleine Überraschung.«

Ich trete näher an sie heran und schaue gespannt auf ihre Hände, in der sie eine Tüte hält. Unruhig auf und ab wippend warte ich darauf, dass sie sich öffnet. Vielleicht lässt sie sich absichtlich so viel Zeit, weil es ihr Spaß bereitet mich so nervös zu machen. Wie gebannt beobachte ich sie dabei, als sie die Tüte endlich öffnet, ihre Hand hineinsteckt und etwas herauszieht. Etwas, das aus schwarzem Stoff besteht.

Sie hält es grinsend in den Händen, drückt es an ihren Körper und endlich erkenne auch ich was es ist. Ein Kleid. Und was für ein Kleid das ist. Es ist komplett schwarz gehalten und mit Blumen aus Spitze bestickt. Das Kleid könnte mir bis knapp über die Knie gehen. Die Ärmel würden wahrscheinlich bis über meinen Ellenbogen reichen. Mein Mund klappt auf, während ich den Blick über den schönen Stoff gleiten lasse. Ich stelle mir vor, wie es wohl an meinem Körper aussehen könnte und diese Vorstellung gefällt mir ziemlich gut. Es ist einfach unglaublich schön. Ich schaue Maria gerührt an. »Wofür ist das?«

Sie strahlt mich an, klopft mir fast schon mütterlich auf die Schulter. »Ich habe mich nach unserem ersten Treffen wirklich schlecht gefühlt. Die Begrüßung ging anders aus, als ich erwartet hätte, also war ich gestern noch schnell in der Stadt. Leider wusste ich nicht genau welche Größe du trägst, aber ich hoffe, ich habe gut geschätzt.«

Ich nehme das Kleid in die Hände und suche nach der Größe. »Du hast richtig gut geschätzt, Maria. Wow. Einfach nur wow. Vielen Dank.«

»Falls du mal ausgehen solltest, wovon ich stark ausgehe, kannst du es tragen. Ich hoffe es gefällt dir wirklich.«