32. Krankenhaus

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Es klingelt dreimal bevor sie endlich abnimmt.

»Hallo?«

»Sie haben ihn mitgenommen«, schluchze ich in den Hörer, denn ich kann meine Tränen leider nicht mehr unterdrücken. »Der Krankenwagen- und... und dann... er hat irgendwann angefangen zu schreien.«

»Emma? Bist du das?«, fragt sie und sie kann nicht verhindern, dass ihre Stimme dabei ängstlich klingt. »Ich verstehe nichts. Was ist passiert? Wo bist du? Was ist mit Reece?«

»Ja. Reece ist im Krankenhaus, er hatte wieder einen Anfall. Maria, ihr müsst zu ihm fahren, ich glaube er braucht uns jetzt«, flüstere ich in den Hörer und ziehe die Jacke enger um mich, denn mit einem Mal fühle ich mich unbehaglich alleine auf dem dunklen Parkplatz. Niemand ist mehr hier.

Maria sagt noch irgendetwas, aber ich höre ihr schon gar nicht mehr zu. Stattdessen denke ich nach wie ich am schnellsten ins Krankenhaus komme. Wenn Maria mich erst noch abholen muss, dann brauchen sie mindestens eine halbe Stunde länger. Ich muss nachdenken. Mir muss eine andere Mitfahrgelegenheit einfallen. Und dann denke ich nach.

Natürlich.

»Ich komme nach«, unterbreche ich sie irgendwann, auch wenn ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe, wovon sie geredet hat. »Tut mir leid, Maria. Ich muss auflegen.«

Es tut mir wirklich leid, aber ich kann gerade nicht klar denken. Immer wieder habe ich das Bild vom leidenden Reece in meinem Kopf und die Schreie von ihm, als er sich auf dem Boden zusammengekrümmt hat. Ich drücke auf die rote Taste, um direkt auf meine Kontakte zu gehen und auf den zweiten Kontakt zu klicken. Den, den ich unter der zweiten Ziffer, direkt unter Reece, gespeichert habe, damit ich sie immer sofort erreichen kann.

Ava.

Es klingelt nicht mal einmal, bevor sie abhebt.

»Heyho meine Süße«, ruft sie fröhlich in den Hörer, aber ihre Stimme klingt weit entfernt, als wäre sie nicht direkt an ihrem Handy. »Ich lackiere mir gerade die Nägel, sorry. Weinrot, verführerisch und sexy. Ich habe gerade entdeckt, dass das total meine Farbe ist. Nicht nur meine Haare. Meinte auch diese Frau in dem kleinen Laden, in dem ich heute war. Oh man, Emma, ich war in diesem neuen Laden in-«

»Ava«, unterbreche ich sie und fühle mich daraufhin total schlecht, aber es geht nicht anders. Eigentlich wollte ich sie ausreden lassen, um nicht unhöflich zu wirken, aber sie hört einfach nicht auf zu reden. Ich kann nicht verhindern, dass ich wieder in Tränen ausbreche, als meine Gedanken wieder bei Reece sind. Als sie gerade geredet hat, habe ich den Vorfall fast schon wieder vergessen. »Es ist wichtig. Reece ist im Krankenhaus. Bitte, kannst du mich abholen kommen? Ich erkläre dir später alles aber... bitte.«

»Oh Gott, Emma, beruhig dich«, ruft Ava panisch, als sie meine weinerliche Stimme hört. Ich vernehme einen Knall, dann höre ich sie Oh Shit und Fuck fluchen, bevor ihre Stimme endlich wieder klar und deutlich klingt. »Emma? Süße? Ich bin auf dem Weg, Okay? Du musst mir nur sagen wo genau du gerade bist.«

»Ich bin auf dem Parkplatz von Food City.«

»Ganz alleine?«

»Ja«, antworte ich und halte mich hilfesuchend an meinem Handy fest. An dem kleinen Stück Plastik fest, dass ich in den Händen halte. Neben dem immer noch vollen Korb neben mir, mit Einkäufen die mich an den Vorfall von eben erinnern, bin ich ganz alleine.

»Alles klar. Bleib genau da stehen wo du bist. Bis gleich.«

Und dann ist die Verbindung tot.

~*~

Avas roter Opel Corsa fährt auf dem Parkplatz ein, nachdem ich etwas zwanzig Minuten in der Eiseskälte und Dunkelheit stehe und versuche nicht einzufrieren. Als ich ihr Auto sehe, trete ich aus meinem Versteck in das ich mich gestellt habe, damit nicht vielleicht jemand vorbeikommt, der mir nicht ganz so geheuer ist.

A Story of Broken HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt