Der Tag ist gekommen und endlich bin ich ein Jahr älter. Siebzehn. Das klingt so verdammt erwachsen, dabei fühle ich mich ehrlich gesagt noch wie ein halbes Kind und wahrscheinlich verhalte ich mich auch eher dementsprechend. Früher hörte sich siebzehn für mich noch total weise und erwachsen an, aber heute weiß ich, dass man in diesem Alter nicht einmal annähernd ein Viertel seines Lebens hinter sich hat.
Reece ist der Erste, der mir gratuliert. Was wohl unvermeidbar ist, weil wir in einem Zimmer wohnen. Inzwischen genieße ich es, mir das Zimmer mit ihm zu teilen, vor allem jetzt wo er meistens zu Hause verbringt und sich nicht mehr mit seinen Betthäschen herumtreibt. Wenn er denn mal weg ist, dann nur mit Madison. Die Beiden verbringen wieder ziemlich viel Zeit miteinander, was mich irgendwie beruhigt.
An diesem besagten Morgen öffne ich irgendwann die Augen, weil ich mich beobachtet fühle und sowieso schon länger nicht mehr ruhig schlafen kann. Das ist der Moment, als ich ihn bemerke. Er setzt sich auf meine Bettkante und lächelt mich warm an. »Alles Gute zum siebzehnten, Geburtstagsküken.«
»Danke«, antworte ich lächelnd und gähne herzhaft. Geburtstagsküken statt Geburtstagskind. Das ist wohl typisch Reece. Er strahlt mich an, woraufhin ich anfange unruhig zu grinsen. Irgendetwas hat er doch. »Ist was?«
»Nein, gar nichts«, meint er nur, dann beißt er sich auf die Unterlippe. Ich muss leise lachen über sein seltsames, aber süßes Benehmen. »Oder doch. Los, komm mit.«
Er zieht mich hoch. Ich setze mich ruckartig auf und muss kurz innehalten, um das Schwindelgefühl loszuwerden. In dem Moment erinnere ich mich an gestern. An mein dummes Verhalten und an meine ganzen Heulattacken. Ich habe das Gefühl, ihm in den letzten Wochen ziemlich schwer zur Last gefallen zu sein und er soll wissen, dass ich seine Fürsorglichkeit und lieben Worte nicht als selbstverständlich ansehe. »Reece«, halte ich ihn zurück. »Danke Reece. Danke für gestern und danke für alles. Tut mir leid, dass ich manchmal so grässlich zu dir bin. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, warum du dich noch mit mir abgibst.«
Er lächelt mich an und streckt die Hand aus, um mir über die Wange zu streichen. »Da gibt es so einige Dinge, die ich an dir liebe, Küken. Vielleicht verrate ich sie dir irgendwann«, antwortet er mit ernster Miene und leuchtenden Augen. Dann wirkt er wieder hibbelig, wie ein kleines, aufgeregtes Kind und zieht mich an der Hand hoch. »Und jetzt komm schon. Steh auf.«
Ich kichere und stehe auf, dann lasse ich mich von Reece aus dem Zimmer ziehen. Doch als er zum eigentlich abgesperrten Teil des Hauses geht, schaue ich mich verwirrt um. Es geht einmal über den Flur, in den Bereich, der eigentlich wegen Bauarbeiten geschlossen war. Langsam aber sicher ahne ich, was hier vor sich geht. Ich glaube zu wissen, was Reece mir zeigen möchte. Er schubst mich sanft Richtung Tür und öffnet sie dann. Mit offenem Mund und Reece Hand im Rücken lasse ich mich hineinschieben. Ich schaue mich um, habe mich immer gefragt wie der Rest des Hauses aussehen mag.
Die Wände sind lavendelfarben und schlicht gehalten. Die Farbe ist nicht streng oder auffallend und wirkt daher sehr unauffällig. Der Boden besteht aus demselben dunkelbraunen Laminat, das auch im Rest des Hauses ausgelegt ist. Ansonsten gibt es nicht viel zu sehen. Ein Bett, ein Schreibtisch und ein Kleiderschrank. Es ist ein ganz gewöhnliches Zimmer.
»Ich dachte die Renovierungsarbeiten brauchen noch ein wenig?«, frage ich leicht unsicher. Träume ich vielleicht gerade nur? Reece aber schüttelt den Kopf und lächelt. »Mom hatte das falsche Datum im Kopf und die Bauarbeiter sind sogar ein paar Tage früher fertig geworden.«
»Oh«, sage ich leicht betrübt, versuche aber Freude vorzutäuschen. Was mir nicht wirklich gelingt. »Das ist super.«
»Das ist eigentlich das Gästezimmer, aber vorübergehend wird das dein Zimmer sein«, erklärt er. Als er vorübergehend sagt, überkommt mich ein unschönes Gefühl und ich schaue auf den Boden. Es ist, als hätte mich jemand wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht hat, denn ich lebe hier nicht wirklich, sondern eben nur für kurze Zeit. Reece neben mir versteift sich. »Freust du dich denn gar nicht?«
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A Story of Broken Hearts
RomanceEmmas Traum geht in Erfüllung und sie darf endlich ein Jahr im Ausland verbringen. Neben neuen Freunden, Erfahrungen und einer Liebe lernt sie auch die Schattenseiten des Lebens kennen. Kann ein gebrochenes Herz je wieder heilen?