"Harry, Hermine, aufstehen! Los, schneller", rief Sirius am nächsten Morgen durch die Räume der drei.
"Sirius? Was ist los mit dir? Wo ist unser Morgenmuffel?", fragte Hermine verschlafen und tapste mit nackten Füßen über den kalten, steinernen Boden in Richtung Badezimmer. Sie erschauderte und huschte schnell über die Türschwelle auf den flauschigen Teppich.
"Den habe ich heute einfach mal nicht an den Zauberstab gelassen. Wir müssen uns wirklich beeilen! Beim Frühstück gibt's eine große Überraschung!"
Verständnislos blickte die junge Hexe Harrys Paten an, zuckte dann jedoch mit den Schultern und schloss mit den Worten "Zehn Minuten mehr oder weniger werden schon nicht so schlimm sein" die Tür hinter sich.
Sirius schüttelte nur den Kopf, ehe er sich auf den Weg in Harrys Zimmer machte, um ihn endlich aus seinem warmen Bett zu werfen.Einige Minuten später durchquerten die drei die Große Halle. In der Mitte trennten sie sich - während Harry und Hermien am Gryffindortisch Platz nahmen, lief Sirius nach vorne zu den anderen Lehrern.
"Guten Morgen, William."
"Einen wunderschönen guten Morgen, Minerva", erwiderte Sirius gut gelaunt und erntete dafür einen misstrauischen Blick der Professorin für Verwandlung.
Der Black lächelte jedoch nur freundlich und wandte sich dann seinem Brötchen zu, welches er mit einer dicken Schokocreme-Schicht beschmierte.
Genüsslich nahm er den ersten Bissen, als ihn das zunehmende Gelächter der Schüler innehalten ließ.
Verwundert ließ er das Brötchen sinken und richtete sich auf, um besser zu den Haustischen sehen zu können.
Doch er sah nichts ungewöhnliches.
Mit gerunzelter Stirn drehte er sich zu Minerva um und... prustete so heftig los, dass er sich glatt verschluckte.
Sie konnte ihre zuckenden Mundwinkel ebenfalls nicht verbergen und da ging Sirius ein Licht auf.
Er konnte sich noch sehr gut an diesen Tag aus Schülersicht erinnern - er, Remus, James und Peter hatten einen ihrer besten Sreiche vollführt. Allerdings war es damals so besonders lustig gewesen, weil sie den Streich gegen die Lehrer gerichtet hatten. Und das schloss auch ihn als Professor Star mit ein.
Grinsend über seine eigene Dummheit ließ er seinen Blick über seine Kollegen wandern: Albus Dumbledore mit neongrün-blau-gestreiften Haaren - der Bart inklusive, McGonagall trug eine pinke Haarpracht, Slughorns Haare waren rotbraun gefärbt und die des Professors für Zauberkunst leuchteten in einem grellen Gelb.
Und als Sirius in seiner Erinnerung kramte, wurde ihm schließlich auch bewusst, dass seine Haare in weiß-rote Streifen, im Gegensatz zu denen des Schulleiters jedoch quer, getaucht waren.
Erneut wurde er von stummem Lachen geschüttelt, ebenso die übrigen Lehrer.
Und auch die Schüler, allen voran die Rumtreiber, amüstierten sich köstlich.
Es war einfach ein gelungener Streich.
Und er wurde noch besser.
Alle bis auf Sirius und die Rumtreiber zuckten erschrocken zusammen, als plötzlich eine tiefe, laute, durchdringende Stimme durch die Große Halle tönte.
Dann wandten sich alle Köpfe zum Schulleiter, der so eben die britische Nationalhymne angestimmt hatte.
In diesem Moment war Professor McGonagall versucht, aufzustehen und zu den vier Unruhestiftern zu eilen, doch sie kam nicht weit. Schon nach wenigen Schritten blieb sie stehen, drehte sich zum Lehrertisch und winkte mit der für die Queen typischen Handhaltung. Anschließend schritt sie würdevoll zwischen den Haustischen entlang und forderte die Schüler auf, ihr den angebrachten Respekt zu zollen, während die restlichen Lehrer in die Hymne einstimmten und schließlich einen großen Chor darstellten. Auch der ältere Sirius blieb nicht verschont, während die Schülerschaft von einer Lachsalve nach der anderen heimgesucht wurde."Sagt mal, ist euch auch aufgefallen, dass Professor Star heute Morgen nicht überrascht schien, als Dumbledore anfing, zu singen?", fragte James die restlichen drei Rumtreiber, als sie am Abend nach dem Training bei besagtem Lehrer in ihrem Schlafsaal saßen. Um sie herum wimmelte es von getragenen und ungetragen Sachen, die den Boden bedeckten, während sich auf den Betten neben den vier Schülern Süßigkeiten sowie das ein oder andere Butterbier befand.
Remus runzelte die Stirn.
"Jetzt, wo du es sagst... Du hast recht. Nach dem Verändern der Haarfarben sah er so aus, als wüsste er genau, was wir geplant hatten. Merkwürdig...", erwiderte er und kratzte sich am Hinterkopf.
Auch Peter murmelte eine leise Zustimmung, nur Sirius blieb still.
"Hey, Tatze, was ist mit dir? Hast du das auch bemerkt?", fragte James seinen besten Freund und riss ihn so aus seinen Gedanken.
"Wie? Ähh... Nein, eigentlich nicht. Mir ist nichts ungewöhnliches aufgefallen", versicherte der Hundeanimagus eilig und erntete damit skeptische Blicke seiner Freunde.
Verteidigend hob er seine Hände.
"Jetzt schaut mich nicht so an! Ich habe eben mehr auf Gonni geachtet!"
"Ja, das war schon eine unsere besten Aktionen. Ihr so den Wind aus den Segeln zu nehmen, wenn sie uns bestrafen will", lachte James und die anderen fielen mit ein.
Doch dann wurde der Schulsprecher wieder ernst.
"Tatze, sei ehrlich. Ist dir wirklich nichts aufgefallen? Ich finde das nämlich ziemlich bedenklich und du warst doch schon am Anfang des Schuljahres sehr misstrauisch gegenüber Star."
Entschieden schüttelte Sirius den Kopf.
"Das mag sein, Krone, aber die Zeiten haben sich geändert. Er hat mir mit den Zusatzstunden bewiesen, dass mein Misstrauen unberechtigt war. Ich vertraue diesem Mann und denke nicht, dass er in irgendeiner Weise verdächtig ist."
Verblüfft sahen James und Remus - Peter hatte sich längst aus dem Gespräch ausgeklinkt - ihn an.
"Und du bist dir ganz sicher, dass -"
"Dass Professor Star ein vertrauenswürdiger Mensch und dazu noch ein großartiger Lehrer ist? Ja, Remus, da bin ich mir ganz sicher!", stellte der Gryffindor klar, ehe er sich mit knappen Worten in Richtung Badezimmer verabschiedete.
Zurück blieben zwei verwirrte und ein sich im Halbschlaf befindender Rumtreiber.Zu einer ähnlichen Zeit saßen Harry, Hermine und Sirius in ihrem Wohnzimmer. Jeder hielt eine Tasse mit heißem Tee in den Händen und sie unterhielten sich ebenfalls über den Streich am Morgen, bevor sie das Animagus-Training für diesen Abend beginnen wollten.
Doch zwischenzeitlich, immer dann, wenn sie dachten, Harry bemerke es nicht, warfen sowohl Hermine als auch Sirius dem Schüler besorgte Blicke zu.
Schließlich stellte Harry seine Tasse unsanft auf dem Holztisch ab. Hermine zuckte zusammen.
"Hermine, Sirius, es reicht", begann Harry entnervt, nachdem er sich seine laufende Nase geräuschvoll geputzt hatte.
"Denkt bloß nicht, ich hätte eure Blicke nicht gesehen. Ich weiß selbst, dass ich nicht topfit bin und vermutlich morgen zu Hause bleiben sollte. Und ich weiß, dass ihr euch Sorgen macht. Versteht mich bitte nicht falsch, das ist sehr lieb von euch, aber ich kann selbst für mich und meine Gesundheit sorgen. Und ich möchte nicht auf das Animagus-Trainung verzichten."
"Harry, sei uns bitte nicht böse. Aber es wäre wirklich besser, wenn du jetzt ins Bett gehst und erst wieder trainierst, wenn du wieder gesund bist. James hat es gestern wohl doch übertrieben", sagte Sirius leise, aber bestimmt. Dabei sah er seinem Patensohn ernst in die grünen Augen.
Harry ließ seine Schultern sinken.
"Ich weiß, es ist hart. Aber du hast alle Zeit der Welt, ein Animagus zu werden. Mir ist bewusst, wie wichtig dir diese Sache ist, aber deine Gesundheit hat Priorität!"
"Ich warte auch mit dem Training, bis du wieder gesund bist", warf Hermine ein und schließlich gab sich Harry mit hängendem Kopf geschlagen.
"Ist gut. Danke, Mine. Dann gehe ich jetzt ins Bett und bleibe morgen auch genau dort. Gute Nacht."
Mit diesen Worten erhob sich der Viertklässler und schlurfte hustend davon.
Hermine folgte ihm wenige Minuten später besorgt, während Sirius noch einige Aufsätze korrigierte. Als er damit fertig war, schenkte er sich ein kleines Glas Feuerwhiskey ein und setzte sich in seinen Sessel.
Gedankenverloren starrte er in die knisternden Flammen des Kaminfeuers. Er dachte an seine Vergangenheit, an seine Zukunft.
An seine drei besten Freunde, deren Freundschaft so tragisch beendet wurde.
Er dachte an Marlene, die er aus ganzem Herzen, aus voller Seele geliebt hatte, an sein ungeborenes Kind.
Und nicht zuletzt dachte er auch an Harry. Sein Patenkind, welches er und Marlene früher beinahe täglich besucht hatten.
Natürlich waren sie bei den Potters ein- und ausgegangen - nichts anderes war vorher zu erwarten gewesen. Lily hatte schon vor ihrer Hochzeit mit James gewitzelt, sie würde die Ehe nicht nur mit diesem, sondern auch mit Sirius und Marlene eingehen.
Er erinnerte sich an all die Momente mit Harry als Kleinkind: der erste Flug auf dem niedlichen Kinderbesen, das erste Wort, die ersten Schritte, das erste "Tatze" aus seinem Mund und schließlich die kleinen, dünnen Ärmchen, die sich um seinen Hals gelegt hatten, wenn Sirius' Wangen wieder einmal von Tränen um Marlene und das Kind bedeckt gewesen waren.
Ja, Harry war sein Patensohn. Und doch war er so viel mehr für Sirius. Er würde Harry mit seinem Leben verteidigen und ihm all die Liebe schenken, die er seinem ungeborenen Kind nie hatte zukommen lassen können. Und wenn dazu gehörte, ihn zwischenzeitlich auf den Boden der Tatsachen zu holen, zu demotivieren und klare Regeln aufzustellen, um ihn und seine Gesundheit zu schützen, dann würde Sirius das jederzeit tun.
Denn Harry war die einzige Familie, die ihm bis zu diesem Moment geblieben war.

DU LIEST GERADE
𝑑ᵢₑ ꜱ𝒑Լᵢ𝑡𝑡ₑᵣ 𝑑ₑᵣ 𝑧ₑᵢ𝑡
FanfictionHarry und Hermine haben es geschafft. Sie konnten Sirius vor den Küssen der Dementoren retten und ihn aus seinem Verließ im höchsten Turm Hogwarts' befreien. Dass Hermines Zeitumkehrer dabei in tausende Splitter zersprang, hatte jedoch fatale Folgen...