Irgendein BadBoy

Kapitel 51

Novas Sicht

Ich war irgendwann am Nachmittag bei mir zuhause aufgewacht, ich musste wohl eingeschlafen sein. Dann holte ich die anderen von Schule und Kindergarten ab. Auch Finn holte ich von unserer Nachbarin wieder rüber zu uns. Er war schon ziemlich groß geworden.
Morgen würde Julie schon acht werden. Die letzten Monate fühlten sich wie Stunden an. Ich hatte nicht mal die Zeit an Mom zu denken, alles ging so schnell vorbei und jetzt hatte ich sogar einen Freund. Das hört sich für mich immer noch ziemlich absurd an.

——

Nachdem ich am Abend meine Geschwister ins Bett gebracht habe, packte ich noch schnell Julies Geschenke ein. Das Geschenk von Tante Katherine war bereits angekommen. Ich hatte keine Ahnung was drin war, aber ich würde es morgen erfahren.

Manchmal fragte ich mich echt ob es Tante Katherine überhaupt Interessiert das Mom Tod war und das wir hier mit Dad alleine waren, oder ob sie uns einfach nur die Geschenke schickt und uns damit abgehakt hat.

Ich legte die Geschenke nebeneinander auf den Tisch und stellte noch unsere Geburtstags Kerze in die Mitte, die ich natürlich erst morgen anzünden würde. Ich schaute mir mein Werk nochmal an und war eigentlich zufrieden, es war nicht viel aber ich hatte mir wirklich Mühe gegeben.

Ich wollte grade das Licht ausknipsen und wieder nach oben gehen, da hörte ich wie sich ein Schlüssel im Türschloss umdrehte und jemand die Tür öffnete. Eine sehr verwahrlost aussehende Gestalt betrat das Haus und schloss hinter sich die Tür. Als sich der Kopf des Mannes hob, blieb ich wie erstarrt stehen. Sein Gesicht sah müde, dreckig und erschöpft aus. Es zeichneten sich tiefe blaue Ringe unter den Augen und ich roch den Alkohol bis nach hier hinten.

Er schaute mir direkt in die Augen, als würde er mir die Seele aus dem Leib starren. ,,Geh in die Küche und hol mir ein Wasser anstatt hier so faul rumzustehen." Ich dachte er würde undeutlich sprechen und das er jedes zweite Wort verschluckt. Dem war jedoch nicht so, er sprach nicht sonderlich laut, aber deutlich. Ich verstand jedes Wort und hörte auch den leicht aggressiven Unterton heraus.

Sofort folgte ich seiner Anweisung, wenn auch mit ziemlich vielen Fragen und verwirrten Gedanken im Kopf. Er war wochenlang nicht zuhause gewesen. Wo hat er gesteckt? Ich hatte schon gedacht das er vielleicht einfach... Aber er schien wohl auf.

Ich brachte ihm sein Wasser, aber schaute ihm keine einzige Sekunde dabei in die Augen. Ich konnte nicht. Ich wollte nicht noch einmal diese Augen sehen. Nicht noch einmal.

Ich stand einfach nur da und schaute auf meine Füße. Ich wusste nicht was ich tun sollte, ich wollte nur nix Falsches tun. Er ging weiter bis zum Tisch wo Julies Geschenke lagen. Er schaute sie sich genau an, während ich ihn dabei nur aus etwas Entfernung beobachtete. Noch eine ganze Weile stand er da und schaute sich alles an. Dann drehte er sich um und ich sah das er weinte, mein Vater weinte. Für einen Moment waren die letzten neun Monate vergessen. All der Schmerz und das ganze leid waren wie weggeblasen, zum ersten mal seit neuen Monaten erkannte ich wieder meinen Vater. Mein Vater der doch immer so liebevoll war und der sich um seine Familie gesorgt hat. Den liebevollen Vater der er immer war. Ich erkannte ihn für einen Augenblick wieder. Ich hoffte er würde sich ändern und wieder zurückkehren zu dem der er mal war.

,,Sag ihr happy birthday von mir"

Die Emotionen verschwanden und es kam wieder der Mann zurück der seine Familie ignoriert und sich nicht um sie kümmert, der der sie verletzt anstatt wertschätzt und der der nie da war. Meine Geschwister wissen nichts über ihn, wie er mal war und das er mal ein guter Vater war. Sie kennen ihn nicht. Noah vielleicht, aber die anderen haben längst vergessen wie er mal war und Noah wird es früher oder später auch vergessen.