Olivia
Ich ließ die Tür hinter mir zufallen und legte meinen Schlüsselbund in die kleine Schale auf der Kommode neben mir. Während ich mir die Schuhe von den Füßen streifte, warf ich einen Blick zu Ellas Zimmertür. Sie war geschlossen. Direkt nach unserem Einzug vor ein paar Wochen hatten wir uns auf eine Regel geeinigt: eine offene Zimmertür bedeutete, dass Besucher erlaubt und erwünscht waren. Eine geschlossenen Zimmertür hingegen, dass die Person dahinter ihre Ruhe haben wollte. Seufzend ging ich zu meinem eigenen Zimmer. Wenn das, was Jacob sagte, stimmte, war Noah bereits auf dem Weg hierher. Die beiden würden wie zwei erwachsene Menschen miteinander reden und die Sache untereinander klären, dessen war ich mir sicher. Und danach konnte auch ich um Entschuldigung für meine Rolle in der Geschichte bitten.
Kurz nachdem ich es mir im Bett gemütlich gemacht hatte, hörte ich die Wohnungstür und wenig später die von Ellas Zimmer. Dann leise Stimmen. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte ich mich auf die andere Seite und schloss die Augen. Ja, Noah und Ella würden das klären.
Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker früher, als es mir lieb war. Aber der Gedanke an meine Verabredung mit Finn spendete mir genug Motivation, um aufzustehen, anstatt den Wecker einfach auszuschalten. Eine halbe Stunde später stand ich aufbruchsbereit in der Küche und trank die letzten Schlucke meines Kaffees. Ich wusste nicht, was Finn für uns geplant hatte, aber ich ging davon aus, dass ich bei einem Treffen um 9 Uhr morgens mit etwas Essbarem rechnen konnte. Gerade als ich meine Tasse in die Spüle gestellt hatte und bereit zum Gehen war, öffnete sich Ellas Zimmertür. Ella entdeckte mich, hielt kurz in ihrer Bewegung inne und zog die Tür dann leise hinter sich zu. Ich hob meine Mundwinkel zu einem zaghaften Lächeln, dass sie zu meiner Erleichterung erwiderte.
„Wie geht's dir?", fragte ich, während Ella ein Glas aus dem Küchenschrank holte. Sie zuckte mit den Schultern. „Gut soweit, ich bin nur etwas müde. Noah kam gestern noch vorbei und wir haben lange geredet."
„Ja, ich weiß", gab ich zu. „Jacob hat ihn angerufen."
Ella schwieg und füllte ihr Glas mit Wasser. „Es tut mir leid", sagte ich. „Ich wollte dir die Sache nicht verheimlichen. Und ich hätte Noah gar nicht erst in die Sache involvieren dürfen, das war großer Mist."
Zu meiner Überraschung winkte Ella ab. „Alles gut, Olivia. Ich mache dir keinen Vorwurf, ich war gestern einfach überfordert mit der Situation. Ich wusste ja von Anfang an, worauf ich mich mit Noah einlasse. Jetzt so zu tun, als gäbe es keine anderen Frauen in seiner Vergangenheit, wäre bescheuert. Es fühlte sich nur sehr seltsam an, von Ruby dafür bewundert zu werden, ihn gezähmt zu haben." Sie schüttelte sich, als würde das Wort ihr Unbehagen bereiten. „Klar war es auch nicht schön zu erfahren, dass du das vor mir geheim gehalten hast, aber was du gestern gesagt hast, stimmt. Es war Noahs Aufgabe, mir davon zu erzählen."
„Nimmst du meine Entschuldigung trotzdem an?", fragte ich, erleichtert über den Verlauf dieses Gesprächs. Ella lächelte und sagte: „Na klar." Danach runzelte sie die Stirn. „Warum bist du eigentlich schon wach? Und angezogen?"
„Ich habe ein Date", verkündete ich, woraufhin Ellas Augen sich weiteten. „Jetzt sofort?" Als ich nickte, stellte sie ihr Glas ab und schob mich in Richtung Wohnungstür. „Und du stehst hier und hörst dir in aller Ruhe mein Geschwafel an? Los, geh schon und hol dir den Prinzen!"
„Das mit dir zu klären, war deutlich wichtiger als jeder Prinz", widersprach ich ihr, ließ mir jedoch widerstandslos meinen Schlüssel von ihr in die Hand drücken.
„Oh und nachher ist Mädelsabend angesagt. Hailey weiß auch schon Bescheid", rief Ella mir hinterher.
Mit einem Herzen, das sich hundertmal leichter anfühlte als gestern Abend, lief ich die Treppen hinunter und vergaß über meine Erleichterung beinahe, wer draußen auf mich wartete. Doch als ich die Tür aufstieß und Finn auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen sah, begann mein leichtes Herz Purzelbäume zu schlagen. Eine Mischung aus Vorfreude und nervöser Anspannung machte sich in mir breit. Nachdem ich mich versichert hatte, dass kein Auto zu sehen war, überquerte ich die Straße. Erst als ich direkt vor Finn stand, hob ich meinen Blick und sah ihn richtig an. Sein Lächeln raubte mir buchstäblich den Atem. Weshalb schaute er mich auf diese Weise an? Warum mich? Er könnte jede Frau haben, daran zweifelte ich keine Sekunde. Und doch stand er nun mir gegenüber, wollte mich kennenlernen. Ich war wütend auf mich selbst, weil ich seine Intentionen hinterfragte und an seinem Interesse zweifelte, anstatt diesen Moment einfach zu genießen und mich komplett auf Finn einzulassen. Jacob hatte Recht. Verkopft war eine sehr treffende Beschreibung für mich.
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won't fall in love
Romance"Darf ich mal kurz kitschig werden?", fragte Olivia nach einer Weile angenehmen Schweigens. Aber kein Schweigen war so angenehm wie Olivia reden zu hören. Ihre Frage ließ mich jedoch misstrauisch werden. "Kitschig?" Ich hatte keine Ahnung worauf sie...