Kapitel 21

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Jacob

„Ein paar einfach Regeln", raunte ich Olivia zu, während wir auf das Hauptgebäude der Hotelanlage zugingen, in der regelmäßig die größten und teuersten Hochzeiten in dieser Gegend gefeiert wurden. „Erstens: tu so, als würdest du hierher gehören, dann fällst du nicht auf. Zweitens: meide Braut und Bräutigam. Die beiden sind die einzigen, die wissen können, dass du nicht eingeladen bist. Alle anderen werden denken, dass du eine entfernte Verwandte bist. Und drittens: trink nicht den teuersten Champagner."

Olivia drehte ihren Kopf ruckartig in meine Richtung. „Wieso nicht?", fragte sie, ganz offensichtlich irritiert.

„Aus Prinzip", entgegnete ich. „Wir sind nicht eingeladen. Von mir aus kannst du so viel teuren Champagner trinken wie du möchtest, aber ich könnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren."

Sie blieb abrupt stehen und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, als zweifelte sie an meinem Verstand. „Dein Ernst? Eine fremde Hochzeit crashen ist in Ordnung, aber beim Champagner ziehst du deine Grenze?"

„Ist dir klar, wie teuer Champagner ist? Und dabei schmeckt er meistens nicht einmal sonderlich gut."

„Kann schon sein... ich mag sowieso keinen Champagner, also fragst du da die Falsche."

Nun war ich an der Reihe, irritiert zu sein. „Du magst keinen Champagner? Warum diskutierst du dann überhaupt mit mir darüber?"

„Ich diskutiere nicht", widersprach Olivia grinsend. „Ich hinterfrage nur deine Prinzipien. Außerdem hatte ich gar nicht vor Alkohol zu trinken. Einer muss uns schließlich noch zurück fahren."

Natürlich. Natürlich war Olivia in Gedanken schon wieder beim Rückweg und stellte sicher, dass es keine Probleme geben würde. Und natürlich stellte sie indirekt meine Vernunft in Frage. „Ich fahre, du kannst gerne trinken", sagte ich, woraufhin sie wieder die Augenbrauen hochzog.

„Möchtest du nichts trinken?" Ihr Tonfall signalisierte eindeutig, dass sie davon überrascht war. Klar, weil ich nur mit Alkohol Spaß haben konnte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie genervt ich war. „Du wirfst mir vor, ich würde dich verurteilen oder hätte Vorurteile, wenn ich sage, dass du verkopft bist. Aber du urteilst doch auch über mich, ohne mich wirklich zu kennen. Klar, trinke ich ab und zu gerne mal was, aber nicht, um Spaß zu haben. Das bekomme ich auch so problemlos hin und es wundert mich etwas, dass dir das in den letzten Stunden entgangen ist."

Olivia runzelte die Stirn. Sie wirkte... zerknirscht. Schuldbewusst. Gut.

„Können wir dann jetzt rein gehen?", fragte ich. „Oder möchtest du weiter über meine Prinzipien und meinen Alkoholkonsum reden?"

„Nein, können wir nicht." Auch sie verschränkte nun die Arme vor der Brust. Das konnte unmöglich ihr Ernst sein. War es aber ganz offensichtlich, denn bevor ich zu Wort kommen und sie fragen konnte, was ihr verfluchtes Problem war, fuhr sie bereits fort: „Du möchtest, dass wir beide - wie hast du es genannt? Eine Allianz?" Ein knappes Nicken meinerseits. „Du möchtest, dass wir beide eine Allianz bilden. Das kann nicht funktionieren, wenn wir uns ständig von dem, was der andere sagt, angegriffen fühlen und uns irgendwelche Vorwürfe machen, die zum Teil auf Missverständnissen beruhen. Also stelle ich jetzt ein paar Regeln auf, bevor wir da reingehen." Meine gereizte Stimmung war verpufft und grenzenloser Neugier gewichen. „Erstens: keine Vorurteile. Zweitens: offene Kommunikation. Fragen werden gestellt, Missverständnisse nach Möglichkeit vermieden oder aufgeklärt. Drittens: Akzeptanz. Ich bin nicht du, du bist nicht ich und das ist auch gut so. Einverstanden?"

Kurz überlegte ich, ihr zu widersprechen, aber vermutlich war dies nicht der richtige Zeitpunkt, um ihr zu sagen, wie viel Spaß es mir bereitete, sie zu provozieren, nur um die senkrechte Zornesfalte auf ihre Stirn zu zaubern. Also nickte ich. Offene Kommunikation war schließlich nicht verkehrt.

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