Kapitel 41

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Olivia

Ich war gefangen zwischen Jacob und der Wand, und mein Herz klopfte mir bis zum Hals.

Es war nicht so, als sei ich körperliche Nähe zu Jacob nicht gewohnt. Wir hatten oft genug zusammen getanzt, uns umarmt, waren Hand in Hand von der Klippe ins Wasser gesprungen. Aber das hier war neu. Die elektrische Spannung zwischen uns war neu. Der Wunsch, dass er mich berührte, war neu. Die Intensität, mit der er mich musterte, war neu. Als blickte er direkt in meine Seele und nicht bloß in meine Augen. Wenn ich mich jetzt auf die Zehenspitzen stellte, war mein Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. Von seinen leicht geöffneten Lippen.

Ich rammte meine Hacken in den Fußboden. Was stimme nicht mit mir? War ich so benebelt von der einzelnen Schmerztablette, die ich vorhin genommen hatte?

Ich war so konzentriert damit beschäftigt, mich nicht von von diesen seltsamen Bedürfnissen leiten zu lassen, dass ich gar nicht registrierte, wie Jacob eine Hand von der Wand löste. Doch als seine Finger sacht an meinem Arm hinunterstrichen, überzog eine Gänsehaut meinen gesamten Körper, was ihm unmöglich entgehen konnte. Jacobs Finger errichten die Innenseite meines Handgelenks und ich atmete zitternd aus. Und dann war er auf einmal weg.

In einer Sekunde schauten wir uns intensiv in die Augen und in der nächsten starrte ich auf meinen Kleiderschrank an der gegenüber liegenden Wand. Ich ließ meinen Blick zu meinem Bett wandern, auf dessen Kante Jacob nun saß und auf seinen Beinen...

„Und wer bist du?", fragte er die Stoffgiraffe auf seinem Schoß, deren Hals ihre besten Jahre hinter sich hatte und seitlich herabhing. Es war wirklich ein trauriger Anblick, aber ich war froh, solange der Kopf nicht komplett abriss. Ich spreizte die Finger meiner gesunden Hand und kam mir furchtbar bescheuert vor. Was auch immer gerade passiert war, er hatte es genau geplant. Hatte mir kurzzeitig den Verstand geraubt, um mich zu überlisten. Und ich hatte es ihm verdammt leicht gemacht, war unter seine Berührung geschmolzen wie das verdammte Wachs einer Kerze. Ihn hatte unsere Nähe mit Sicherheit absolut kalt gelassen.

Nun sah Jacob mich fragend an. „Dumbo", murmelte ich, woraufhin er ein überraschtes Lachen ausstieß. „Dumbo? Nennt man so nicht eher Elefanten?"

Ich zuckte mit den Schultern. Nach dem Debakel eben gerade, konnte ich mich gar nicht noch lächerlicher machen. Das obere Limit war erreicht. „Als Kind dachte ich, dass Elefanten Giraffen sind und Giraffen Elefanten." Ich wollte Jacobs offensichtliche Verblüffung ausnutzen, um Dumbo zurückzuerobern, doch er war darauf vorbereitet und hielt sie fest in seinen Händen.

„Wie passiert so etwas? Die sehen sich weder ähnlich, noch klingen ihre Namen gleich. Leopard und Gepard... das würde ich ja verstehen. Aber Giraffe und Elefant? Hilf mir auf die Sprünge, Watson. Was ist da schief gelaufen in deinem Kopf?"

Den letzten Minuten nach zu urteilen - jede Menge. „Lange Geschichte", versuchte ich, eine Erklärung zu umgehen, aber Jacob wollte nichts davon wissen. „Sprich", forderte er. Also setzte ich mich seufzend neben ihn. So musste ich ihm wenigstens nicht ins Gesicht schauen. „Meine Eltern haben mir sehr oft vorgelesen. In einem meiner Lieblingsbücher ging es um einen Elefanten, Dumbo. Meistens lag ich schon im Bett, wenn sie gelesen haben und an der Wand neben meinem Bett hing ein großes Bild von einer Giraffe. Mein - zu dem Zeitpunkt noch sehr kleines - Gehirn, hat automatisch einen Zusammenhang hergestellt und für ein paar Monate waren Elefanten für mich Giraffen. Und umgekehrt. Bis wir mal im Zoo waren und meine Eltern das Missverständnis aufklären konnten."

„Du fandest es nicht komisch, wenn in dem Buch von einem sehr langen Rüssel und großen Ohren die Rede war?", fragte Jacob und ich musste ihn nicht ansehen, um zu wissen, dass er größte Mühe hatte, sein Lachen zurückzuhalten.

won't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt