Kapitel 42

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Jacob

Ich stürzte in die leere Wohnung, schmiss meine Jacke achtlos in eine Ecke und ließ mich bäuchlings auf das Sofa fallen. Ich vergrub mein Gesicht in einem Kissen und schrie. Schrie all meine angestaute Wut und Verzweiflung raus. Wie konnte ich so dumm sein?

Eine Hand legte sich auf meine Schulter und der nächste Schrei blieb mir in der Kehle stecken. Ich fuhr nach oben und fand mich Angesicht zu Angesicht mit Noah wieder. Anscheinend war die Wohnung nicht leer gewesen. Er schaute mich an, als sei ich verrückt geworden und vermutlich lag er mit dieser Einschätzung goldrichtig.

„Was ist passiert?" Diese Frage verdiente ich nicht. Ein „Was hast du getan?" wäre um einiges angemessener. Aber es war Noah. Noah fragte nach, bevor er urteilte.

„Ich habe unsere Regel gebrochen", gestand ich ihm und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht.

„Du hast dich verhalten wie ein Arschloch?" Ich nickte. „Ruby? Oder Olivia?"

Ohne Vorwarnung spürte ich, wie meine Augen plötzlich anfingen zu brennen. Fantastisch, jetzt heulte ich auch noch wie ein kleines Kind.

„Scheiße Jacob, was ist los?", fragte Noah, der nun deutlich alarmierter klang als zuvor. Aber ich schüttelte nur den Kopf, denn meine Kehle war wie zugeschnürt. Olivia ohne ein einziges Wort in ihrem Zimmer stehen zu lassen und das Apartment fluchtartig an der perplexen Hailey vorbei zu verlassen, hatte sie so verdammt falsch angefühlt. Aber ich traute mir selbst nicht. In dem Moment hätte ich nichts zu Olivia sagen können, ohne es später zu bereuen. Ich musste weg von ihr, bevor ich ihr mein Herz vor die Füße warf und sie anflehte, es nicht zu zertreten. Mein verfluchtes kaputtes Herz, das Olivia in den letzten Wochen Stück für Stück aus seiner Höhle geholt hatte.

„Liebst du sie? Olivia?"

Mein Herz zog sich bei der Frage schmerzhaft zusammen, als fürchtete es sich vor der Antwort. „Wie kommst du darauf?", brachte ich mit krächzender Stimme hervor, um Noah nicht antworten zu müssen. Er lachte leise, bevor er sagte: „Weil dein Gesicht wortwörtlich aufleuchtet, wenn du sie anguckst, Jacob. Deine Prioritäten haben sich in den letzten Wochen komplett verschoben, von der Sache mit Ruby - die ich übrigens echt nicht verstehe - abgesehen guckst du andere Frauen nicht einmal mehr an. Du bist total auf Olivia fixiert und Finn hättest du letztes Wochenende mit deinen Blicken fast getötet. Kein Wunder, dass er-" Noah verstummte. Ich nahm die Hand vom Gesicht. „Dass er was?", fragte ich. Ging es hier um die Trennung? Oder nur um Finns offensichtliche Unfähigkeit, Olivia zu vertrauen? „Weißt du, warum er die Sache beendet hat?", hakte ich ungeduldig nach, aber Noahs gerunzelte Stirn verriet schon genug. Er wusste es und er wollte es mir nicht sagen.

„Liebst du sie?", wiederholte er stattdessen seine Frage.

„Ich kann nicht, Noah. Du weißt ganz genau, dass ich es nicht kann."

„Liebst du sie?"

Hatte er mich nicht gehört?

„Es ist nicht möglich, ich werde niemals-" Doch Noah ließ mich nicht ausreden.

„Liebst. Du. Sie?"

„Ja, verdammt. Natürlich liebe ich sie", fuhr ich ihn wütend an, woraufhin er sich lächelnd erhob und zur Wohnungstür ging. Was zur Hölle?

„Ach und jetzt haust du ab?", fragte ich ungläubig. „Erst drängst du mich zu einer Antwort und jetzt haust du einfach ab?"

Noah schüttelte den Kopf. „Ich kannte die Antwort auf die Frage schon. Ich wollte nur, dass du es dir endlich selbst eingestehst." Unfassbar.

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