Kapitel 32

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Olivia

Ich wurde nicht mit Fragen durchlöchert, als wir wieder ins Wohnzimmer traten. Stattdessen reichte mir Hailey ihren Controller, bevor sie sich zu Noah auf's Sofa setzte, dessen Controller bereits in Jacobs Hand lag. Zwischen Phil und Jacob vor dem Fernseher stehen, atmete ich tief durch und versuchte meinen ganzen Fokus auf das Spiel zu legen.

Raise Your Glass von P!nk begann und ich fixierte meinen Blick auf die animierte Tänzerin vor mir, gewillt ihren Bewegungen mit meiner vollen Konzentration zu folgen, damit in meinem Kopf für nichts andere Platz blieb. Ich bewegte meinen Körper und blendete meine Gedanken aus. Immer wieder blinkten lobende Worte auf dem Bildschirm auf, mal für mich, mal für die anderen. Doch auch nach etwa der Hälfte des Liedes, war von Spaß nichts zu spüren. Ich tanzte, um etwas andere zu tun als zu denken, aber es funktionierte nicht.

Ich sah es nicht kommen, weil ich so sehr auf den Fernseher fokussiert war, doch auf einmal hatte Jacob sich bei mir untergehakt und begann mit mir im Kreis zu hüpfen, als führten wir einen irischen Volkstanz auf. Zu perplex, um mich zu währen, machte ich einfach mit. Grinsend wechselte Jacob die Richtung und automatisch wanderten auch meine Mundwinkel nach oben.

„Was macht ihr da?", fragte Ella außer Puste, während sie weiter akribisch die vorgegebenen Bewegungen nachmachte.

„Tanzen", sagten Jacob und ich wie aus einem Munde. Wir tanzten wie kleine Kinder, unkoordiniert und durcheinander, bis das Lied wenig später zu Ende war. Atemlos schaute ich auf den Bildschirm. Jacobs und meine Wertungen waren jämmerlich, doch das störte mich nicht im Geringsten.

Ella pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah uns kopfschüttelnd an. „Gewonnen habt ihr definitiv nicht."

Jacob legte mir einen Arm um die Schultern und sagte zu Ella: „Gewinner der Herzen nennt man das, Ella. Gewinner der Herzen."

Jacob

Das hier war bestimmt nicht die Lösung für mein Problem.

Aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Sonntagnachmittag hatte mir den Rest gegeben. Olivias Schmerz brach mir beinahe das Herz und ich wusste, dass ich alles tun würde, um ihr diesen Schmerz zu nehmen. Und das war nicht gut. Gar nicht gut. Ihr schon wieder aus dem Weg zu gehen, war nach unseren letzten Gesprächen keine Option mehr, also klammerte ich mich bei jeder unserer Begegnungen an der Tatsache fest, dass sie einen anderen Mann datete. Solange sie Finn wollte, konnte ich gar nichts tun, was ich später bereuen würde. Das redete ich mir immer und immer wieder ein, aber es änderte nichts daran, dass ich Olivia wollte. Ich wollte sie auf eine Weise, wie ich schon lange niemanden mehr gewollt hatte, eine Weise, die ich nicht zulassen durfte.

Vielleicht hatte ich die ganze Oliven-Geschichte nur vorgeschoben, um einen Grund zu haben, Olivia zu gut es ging im letzten Jahr zu meiden. Vielleicht hatte ich im Unterbewusstsein und instinktiv gemerkt, wie gefährlich sie mir werden konnte, wenn ich sie näher an mich heranließ. Was ich nun doch getan hatte.

Ich brauchte Ablenkung. Musste meinem Körper beweisen, dass Olivia nicht alles war, dass es auch noch andere Frauen gab. Deshalb hatte ich Ruby angerufen. Sie gefragt, ob ihr Angebot noch stünde. Und nun war sie hier, in meinem Zimmer, über mir. Und mein verfluchter Kopf dachte nur an Olivia. Als Ruby sich zu mir herunterbeugte und mich küsste, konnte ich an nichts anderes denken als daran, wie es sich wohl anfühlen würde, Olivia zu küssen. Fuck.

Sanft, aber bestimmt drückte ich Ruby von mir weg und richtete mich auf. „Sorry, ich kann das gerade nicht", murmelte ich. Ruby schaute mich irritiert und sichtbar verletzt an. Super. So viel zum Thema kein Arschloch sein. Gelang mir mal wieder blendend. „Du hast mich angerufen", erinnerte sie mich. „Warum fühle ich mich also gerade so, als hätte ich dich gegen deinen Willen ins Bett gezerrt?"

won't fall in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt