Kapitel 6
»Wie konntest du dich nur so benehmen, Janey soviel zu trinken.« Sie schüttelte den Kopf. »Was ist nur los mit dir?«
Ja, was war eigentlich los mit mir? Das passierte in letzter Zeit häufiger, dass ich gerne mal zu tief ins Glas schaute. Erst neulich bei einem Abenddinner in unserem Haus hatte ich ebenfalls gut einen über den Durst getrunken. Doch da war Julian dabei, er hatte mich vor den Blicken meiner Mutter abgeschirmt und mich hinterher hoch in mein Zimmer getragen. Mir dann aber dort ebenfalls eine Standpauke gehalten. Genau wie am nächsten Tag als ich nüchtern war gesagt, dass ich sowas nicht mehr tun sollte. Wie auch von Julian ließ ich die Standpauke meiner Mutter wortlos über mich ergehen. »Du kannst froh sein, dass es nur Julietta war zusammen mit ihrer Tochter, die ebenfalls nicht die besten Manieren hat.«
Meine Mutter beurteilte die Leute nach ihrem Aussehen und nach ihrem Umgang. Da das Aussehen bei Mirabella zwar stimmte, aber nicht der Umgang, war sie gleich abgeschrieben. Ich liebte meine Mutter, aber manchmal wollte ich schreiend vor ihr weglaufen.
»Schlimm genug, dass es das Personal mitbekommen hat.« Erneut schüttelte sie den Kopf. Das Personal, wie meinte sie das? »Was ... was meinst du damit?«
Sie kniff ihren Augen zusammen und betrachtete mich eine volle Sekunde. »Man hat dir einen Krug Wasser an deinem Platz gestellt, nachdem du hier heraus getakelt bist. Mit besten Empfehlungen des Hauses.«
Meine Augen weiteten sich. Ich hatte gedacht das meine Mutter mir das Wasser bestellt hatte, ich war schockiert. Meine Mutter trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Ich hoffe das gibt dir zu denken Janey und ich hoffe das du dich nicht noch einmal so benimmst.« Sie schlug ihr blondes Haar nach hinten und erhob sich. »Ich bin müde, ich gehe jetzt ins Bett.« Nichts als Ärger blitzte aus ihren Augen, als ich zu ihr hinauf blickte und mit einem Mal fühlte ich mich schlecht. »Du solltest auch ins Bett gehen.« Ich nickte. »Gleich, ich brauche noch einen Moment.«
Wieder betrachtete sie mich mit ihrem Blick. »Bleib nicht mehr allzu lange. Wir sehen uns morgen beim Frühstück.«
Mit den Worten verschwand sie. Nur meine Mutter konnte dafür sorgen, dass ich mich so fühlte. Mein Leben war dabei völlig durcheinander zu geraten und ich konnte nichts dagegen tun, außer dabei zuzusehen. Nach einer Weile erhob ich mich mühsam.
Ich lief durch die Lobby und hörte aus der hoteleigenen Bar ein Klavier spielen. Es war eine sehr schöne Melodie, die mich neugierig machte. Ehe ich mich versah, trugen meine Beine mich dorthin. Die Bar war nicht allzu voll, doch die meisten der Tische waren belegt. Da ich mit einem Mal keine Lust mehr hatte in mein Zimmer zu gehen und ich der Musik noch etwas lauschen wollte, setzte ich mich an die Bar. In meiner Verfassung nicht unbedingt die beste Idee. Der Barmann kam zu mir. »Guten Abend, Miss, was darf ich Ihnen bringen?«
Mein Verlangen sagte mir, dass ich mir einen Cosmo bestellen sollte, doch mein Verstand riet mir dringend davon ab. Da ich mir vor ein paar Minuten noch die Standpauke meiner Mutter angehört hatte. Doch sie schlief und ich war alleine. Demnach würde sie es nicht erfahren. »Einen Cosmopolitan bitte.«
Der Barmann lächelte und zwinkerte mir zu. Da ich nicht wusste, was ich davon halten sollte, wandte ich mich dem Klavierspieler zu. Er spielte so leidenschaftlich, dass ich mich nur darauf konzentrierte. Kurze Zeit später riss mich die Stimme des Barmannes aus meinen Gedanken. »Bitte sehr, die Dame.« Mit einem knappen Blick auf ihn sah ich, dass er mich breit angrinste. Er zwinkerte erneut und mir war klar, dass er mich anmachte. Kurz war ich versucht zurück zu lächeln, ließ es aber dann bleiben. »Danke!«
Wieder wandte ich mich an den Klavierspielenden Mann und der Barmann verschwand zu jemand anderem. Während ich an meinem Cocktail nippte, ließ ich den Blick durch den gesamten Raum schweifen, blieb dann jedoch stehen, als ich in eisblaue Auge starrte.
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Atme, wenn du kannst
Mystery / ThrillerEigentlich sollte es für Janey ein entspannter Urlaub vor ihrer Hochzeit werden, aber eine Begegnung mit einem überaus attraktiven Mann, bringt sie in ungeahnte Schwierigkeiten. Schon bald muss sie sich entscheiden, will sie leben oder sterben? Jan...