Kapitel 35 - Max
Ich ließ meinen Blick durch den gesamten Club schweifen. Zuvor hatte ich gesehen, wie Janey mit Filiz aus der Lounge gegangen war, um auf die Toilette zu gehen. Es war schon komisch gewesen, dass wir im selben Moment zur Toilette wollten, doch musste ich mich noch im Hintergrund halten. Meine Mutter sowie Filiz hatten gemeinsam geplant, dass es doch lustig wäre, wenn wir im selben Club den Jungessellenabschied feierten. Natürlich in zwei verschiedenen Lounges. Es sollte eine Überraschung für Thomas und Isa werden, wenn sie sich zufällig über den Weg liefen. Bisher hatte es ganz gut funktioniert. Niemand hatte sich gegenseitig entdeckt, doch ich, ich hatte gesehen, als Janey die Lounge in ihrem engen schwarzen Kleid, indem sie einfach umwerfend aussah, verlassen hatte. Seitdem ließ es mir keine Ruhe und ich sah alle paar Minuten nach, ob sie vielleicht nochmal herauskommen würde. Unsere Lounge war direkt gegenüber von ihrer. Ich nippte an meinem Scotch und suchte mit den Augen den gesamten Club nach ihr ab.
»Alter«, holte Mark mich, mit einem Schulterboxer, wieder zurück.
»Thomas und Gustav unterhalten sich die ganze Zeit darüber, wer dickere Eier hat. Ich kann mir den Scheiß nicht länger anhören.«
Ich musste lachen und richtete meinen Blick auf ihn. »Nimm es nicht so schwer!«
Er stellte sich direkt neben mich, um mich ansehen zu können. »Bitte versprich mir eins, du so als quasi mein bester Freund, wenn ich heirate wird das nicht so eine Nummer wie diese hier!« Er zeigte auf die Lounge, in der Thomas und Gustav saßen. Mein Grinsen wurde noch breiter. »Nein, du kriegst die volle Dröhnung und natürlich eine Stripperin.«
»Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann«, sagte er jetzt irgendwie abwesend. Er nickte zur Tanzfläche. »Hast du sie schon gesehen?«
Ich leerte mein Glas, dann stellte ich es auf das Geländer vor mir. »Nein ich war grade dabei sie zu suchen, gegenüber war schon länger keine Bewegung mehr, also denke ich, dass sie unten sind!« Ich nickte ebenfalls zur Tanzfläche.
In dem Moment fiel der Scheinwerfer genau auf die Tanzfläche und ich sah sie. Mein Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich. Sie bewegte sich rhythmisch zu einem Song. Ihre Lippen waren leicht geöffnet und sie lächelte. Ihr Haar war auf eine wilde Art zerzaust. Sie sah anbetungswürdig aus, während sie ihre Hüften schwang und ich konnte meinen Blick nicht mehr von ihr lösen. Verdammt ..., ich war wie besessen von ihr und ich wollte sie mit einem Mal ganz für mich allein haben.
»Alter, da sind sie«, hörte ich Mark neben mir sagen. Er zog scharf die Luft ein. »Scheiße schau dir Filiz an. Sie ist völlig betrunken.«
Ich musste grinsen. Ja, meine Schwester war betrunken. Das konnte man immer daran erkennen, wenn sie die ganze Zeit grinste und herumschrie sowie in diesem Moment. Ein neuer Song setzte ein, sie schien sich dermaßen darüber zu freuen, denn sie schrie und hüpfte. Ich sah, dass Isa, während sie tanzte, die ganze Zeit Janeys Hand hielt. Als irgendein Typ zu ihnen kam, schubste Isa ihn weg. Ich musste grinsen.
»An Isa ist auch ein Killer vorbeigegangen«, ließ Mark verlauten. Filiz hatte ihm so einige Geschichten aus unseren Kindertagen erzählt. Isa war, die älteste von uns. Sie war drei Jahre älter als ich und immer darauf bedacht ihre kleineren Geschwister zu beschützen. Jedoch bei mir hatte es immer den Anschein gemacht, als ob es noch intensiver war. Ich hatte mich oft gefragt, ob es daran lag, dass ich der jüngste war. Obwohl, wenn man uns jetzt zusammen betrachtete, würde ich als der älteste und definitiv der größte durchgehen.
Ich nickte sichtlich entspannt, weil meine Schwestern alles im Griff hatten und richtete meinen Blick wieder auf Janey. Atemberaubende süße Janey. Ich mochte es, sie so unbefangen mit meinen Schwestern tanzen zu sehen. Es gab mir das Gefühl von Sicherheit. Mark und ich genossen schweigend die Show. Alles war super bis zu dem einen Moment, als sich von hinten, ein Typ bemerkbar machte und versuchte meine Freundin anzutanzen.
Ich hatte bisher noch nie eine Freundin gehabt, wusste also nicht, wie man in solchen Momenten handelte. Mein erster Impuls war mein Glas zu nehmen und es ihm in seine Halsschlagader zu rammen, solange bis er blutend auf der Tanzfläche lag und keinen Mucks mehr von sich gab. Innerlich sah ich es schon vor mir. Janey hatte sich zu ihm umgedreht und etwas zu ihm gesagt, dann drehte sie sich wieder zu Isa und sie gingen ein Stück von ihm weg, um weiter zu tanzen. Beinahe hätte ich erleichtert aufgeatmet, aber der Typ folgte ihnen.
»Scheiße, sollen wir heruntergehen und das klären?«, fragte Mark neben mir. Genau in dem Moment legte dieser Bastard seine Hände um ihre Taille, zog sie ruckartig nach hinten und presste sich mit seinen Eiern an ihren Po.
Mir brannte eine Sicherung durch. Unwillkürlich setzte ich mich in Bewegung. Nicht mehr fähig richtig zu denken, zu atmen, zu sein. Die Bombe, die ich so unter Kontrolle hatte, drohte zu explodieren. Er hatte sie angefasst, ihre Taille. Meine Taille. Meine Janey.
»Verdammt Kil«, schrie Mark hinter mir und versuchte mich zurückzuhalten. Doch es ging nicht. Mein Blut kochte und ich wollte das Blut aus seinem Hals spritze. Filiz war die erste, die mich entdeckte und panisch ihre Augen aufriss. Sie trat auf mich zu und stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen mich. Es ließ mich für einen Moment innehalten.
»Kil, es ist alles gut. Janey hat ihn geohrfeigt.«
Mein Blick richtete sich auf Janey, die sich zusammen mit Isa zu mir herumdrehte. Ihre wunderschönen Augen wurden so groß wie Untertassen. Isa hingegen, quietschte: »Was machst du denn hier? Kommst zu spät, die Klopperei ist schon vorbei.«
Gerade als sie das aussprach, sah ich den Typen wieder hinter Janey. Ich schob Filiz beiseite und setzte mich in Bewegung. Jetzt würde definitiv Blut aus ihm spritzen. Doch Janey stellte sie mir in den Weg.
»Lass das bitte!« Sie schlang ihre Arme um meinen Nacken und presste sich an mich. »Bitte mach keine Szene, der Abend ist so schön.«
Oh Gott, ich wollte so sehr eine Szene machen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sehr, doch ihre Stimme. Ihr Körper. Ihre Süße. Ihre ganze verdammte Weichheit, hielt mich davon ab. Mit zielgerichtetem Blick auf den Typen, der genau in diesem Moment von Mark an die Schulter gefasst und weggezerrt wurde, drückte Janey mir einen Kuss auf die Lippen. Ich wusste nicht, warum, aber ich konnte mich nicht darauf einlassen. Ich war Mordlustig und wenn das passierte, dann war ich nicht mehr Herr meiner Sinne. Janey schien es zu bemerken und löste ihre Lippen. Ich wollte mich gerne zusammen reißen, aber ich konnte nicht. Sie sprach mit mir, während ich gedanklich schon dabei war, die Leiche des Mannes zu beseitigen.
»Vielleicht solltet ihr gehen«, schlug Filiz neben uns vor.
»Möchtest du, dass wir gehen?«, fragte mich ihre süße Stimme.
Ja, ich wollte, dass wir gingen. Es war sogar besser, wenn wir gingen. Hier vor meiner Familie so die Kontrolle zu verlieren, wäre nicht gut. Mit einem kurzen wortlosen Nicken gab ich ihr zu verstehen, dass ich nicht nur gehen wollte, sondern gehen musste. Ansonsten dauerte es nicht lange und ich würde meinem Impuls nachgehen und diesem Kerl nachlaufen. Janey nahm meine Hand und verschränkte sie mit ihrer. Sie zog mich von der Tanzfläche. Wie in Trance folgte ich ihr. Ohne uns von irgendjemandem zu verabschieden, traten wir ins Freie.
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Atme, wenn du kannst
Misteri / ThrillerEigentlich sollte es für Janey ein entspannter Urlaub vor ihrer Hochzeit werden, aber eine Begegnung mit einem überaus attraktiven Mann, bringt sie in ungeahnte Schwierigkeiten. Schon bald muss sie sich entscheiden, will sie leben oder sterben? Jan...