Kapitel 31

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Also nehme ich mir wieder meinen Cocktail und lehne mich an die Wand. Und aus lauter Frust trinke ich ihn in einem Zug leer. Dann sehe ich Michi auf mich zukommen, mit zwei neuen Cocktails in der Hand. "Danke", sage ich lächelnd und nehme ihm Einen ab. Wortlos stellt er sich neben mich und beobachtet die Menschen auf der Tanzfläche. Und wie so oft verstehen wir uns ohne Worte. Und die Stille ist nicht unangenehm, sondern schön.

Aber dann sehe ich aus dem Augenwinkel zwei Personen auf uns zukommen. Em und Chris. Grinsend empfange ich Em und will sie gerade zur Toilette ziehen, um sie wegen Chris und ihr auszufragen, als mir ihre Alkoholfahne und ihr torkelnder Gang auffällt. "Em", sage ich streng und packe sie am arm. "Was?", lallt sie. Erschrocken gucke ich zu Chris. Er sieht mich nur schuldbewusst an. "Es waren nur zwei Cocktails. Ich wusste nicht, dass sie so wenig verträgt.", verteidigt er sich kleinlaut. "Komm, Em, wir gehen mal kurz aufs Klo", sage ich seufzend zu ihr und will sie mitzerren, doch sie reißt sich los und stellt sich direkt vor Michi.

"Hach, Michael", sagt sie gedehnt und spielt mit einer Haarsträhne. "Wie schön, dich in echt zu sehen. Wer hätte das gedacht?" Michi sieht sie verwirrt an. Ich starre sie geschockt an. Sie wird doch nicht...?

"Du warst immer unerreichbar", fährt sie fort. "Youtuber. Und dann sind wir plötzlich bei Gomme in der Wohnung." Jetzt lacht sie laut los. "Wie absurd das klingt." Sie macht eine kurze Pause, dann sieht sie zu Chris. "Gomme und Milchbubi" Sie schüttelt lächelnd den Kopf. "Es ist schön, euch in echt kennengelernt zu haben. Bin ich jetzt auch berühmt? Ich bin doch mit einem Star hier auf einer Party!", ruft sie kichernd und beißt sich auf die Lippe.

Ich starre Michi geschockt an. Seine Augen sind weit aufgerissen, sein Mund steht offen und in seinem Gesicht steht nichts als ein großes Fragezeichen. Ich spüre, wie mir Tränen die Wangen herunterlaufen, und versuche, sie zu unterdrücken. Doch es werden nur noch mehr.

"Ich hätte euch von Anfang an die Wahrheit gesagt. Emma wollte es nicht", höre ich Emily wie aus einem Schleier sagen. "Naja, jetzt wisst ihr bescheid", fügt sie achselzuckend hinzu, dreht sich um und wankt in Richtung Bar. Chris löst sich aus seiner Schockstarre und sprintet ihr hinterher.

Ich schaue Michi an. Seine Augen glänzen. Sein Blick spiegelt Enttäuschung. Wut. "Stimmt das?", krächzt er. Ich schaue zu Boden und breche nun endgültig in Tränen aus. Zu meinem Erstaunen bleibt er stehen, anstatt sofort wegzurennen. Doch ich kann ihm nicht in die Augen sehen. Diese Augen, die ich vorhin noch bestaunt habe, zeigen jetzt so viel Schmerz, so viel Enttäuschung, so viel Vorwurf, dass ich es nicht ertrage.

"Hör zu...", fange ich an und schlucke. "Ich weiß, dass du Gomme bist. Ich wusste es von Anfang an. Seit dem Moment, wo du mich auf der Gamescom gefragt hast, wo es Essen gibt." Ich mache eine kurze Pause, um mich zu sammeln und atme tief durch. "Aber ich wollte nichts sagen, weil ich wusste, dass du nicht willst, dass ein Abonnent dich sieht und weil ich wusste, dass du dann wahrscheinlich sofort wieder gegangen wärst. Und ich dachte, ab dem Zeitpunkt, wo ich wieder heimfahre, sind unsere Wege sowieso wieder getrennt."

Ich beiße mir auf die Lippe, um nicht laut loszuschluchzen. "Aber dann hast du Interesse gezeigt und ich mochte dich, ja, ich mag dich wirklich. Und ich mag dich, ich mag dich, Michi, nicht Gomme. Gomme kenne ich nicht. Aber dich kenne ich. Und glaub mir, ich wollte dich nicht ausnutzen. Ich wollte dich nur nicht wieder verlieren." Die Tränen, die unaufhörlich meine Wangen herunterlaufen, verschleiern mir die Sicht, und ich wische mir kurz mit der Hand übers Gesicht. "Ich weiß, dass es egoistisch war. Und gemein. Und, dass ich dich angelogen habe" Ich schüttle mit dem Kopf und schlucke. "Es tut mir so leid", flüstere ich.

Das erste Mal, seit ich angefangen habe, zu reden, schaue ich in seine Augen und erschrecke kurz. Sie haben ihre Magie und ihren Glanz verloren. Er sieht gebrochen aus. Einzelne Tränen kullern seine Wangen hinunter. "Und ich dachte, ich hätte einmal jemanden gefunden, der mich nicht nur wegen Youtube mag." Er spuckt die Worte aus als wären sie reines Gift. Und sie treffen in mein Herz wie tausend kleine Pfeile.

"Naja, wie heißt es so schön? Man lernt immer noch etwas dazu", fügt er bitter hinzu, wirft mir noch einen letzten Blick zu und dreht sich um. Als er schnell aus dem Saal geht und keinen Blick mehr zurückwirft, sieht er nicht, wie ich zusammenbreche und in einem Meer aus Tränen versinke.

Von Spielemessen und Radiergummis- GommeHD FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt