𝗔𝗯𝗴𝗲𝘀𝗰𝗵𝗹𝗼𝘀𝘀𝗲𝗻 | 𝗙𝗮𝗻𝘁𝗮𝘀𝘆 | 𝗗𝗲𝘂𝘁𝘀𝗰𝗵
Von den Göttern und Drachen verstoßen, irrt Shumizu Jahrtausende lang unter den Irdischen umher - auf der Suche nach einem Weg, den auferlegten Fluch von sich und seiner Schöpfung zu nehme...
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Shumizus Beine trugen ihn mit hoher Geschwindigkeit durch den Wald. Neue Kraft durchströmte seinen Körper, sein Herz pochte voller Hoffnung. Dai hatte recht: Mei war ihm über die Zeit sehr ans Herz gewachsen und sie jetzt auf diese Weise zu verlieren, wäre einer der größten Verluste, die Shumizu erleben würde. Das durfte er keinesfalls zulassen, wenn er nicht noch tiefer in den Abgrund der Reue fallen wollte. Zu oft war er in seinem Leben schon weggelaufen.
Weit konnte sie doch nicht gekommen sein, selbst wenn sie auf Zhongxi reiten sollte. Der Wald war dicht, schnelles Fliegen war hier beinahe unmöglich. Mit Shumizus Geschwindigkeit sollte er Mei hoffentlich einholen können. Sie durfte nicht längst fort sein. Shumizu hatte ihr doch noch so viel zu sagen. Er konnte nur insgeheim hoffen, dass Mei ihm nicht den Rücken kehren würde, sobald er ihr wieder gegenüberstand. Allein vor dieser Vorstellung bekam er Angst.
Schnell schüttelte er all seine Zweifel ab und beschleunigte seine Schritte. Eine ihm allzu vertraute Präsenz war plötzlich wahrzunehmen, verschnellerte auch seine Herzschläge.
Mei war ganz in der Nähe. Doch bevor Shumizu die Wächterin gänzlich erreichen konnte, blieb er mit einem Mal stehen. Die Angst vor ihrer Reaktion drohte den Schatten wieder einzunehmen. Seine Beine zitterten.
Ein Schritt. Shumizu holte tief Luft. Ein zweiter Schritt. Shumizu hielt die Luft an. Ein dritter Schritt. Shumizu atmete aus. Er blieb erneut stehen und mit ihm sein Herz.
Ein leises Schluchzen wurde vom Wind zu ihm getragen. Dieser herzzereißende und unverkennbare Ton versetzte ihm einen Stich. Mei weinte, weinte wegen Shumizu. Sie fühlte sich ganz bestimmt hintergangen und verängstigt. Sie hatte einem Feind vertraut und nun hatte dieser ihr die Kameraden genommen - eiskalt ermordet und dabei ein grausames Blutbad hinterlassen. Dazu hatte er noch das frisch aufgebaute Vertrauen gebrochen.
Shumizu schaute hinter dem Baum hervor. Und tatsächlich saß Mei dort. Sie war nicht wirklich weit gekommen. Neben ihr lag Zhongxi, der verzweifelt versuchte, seinen Schützling zu trösten und zu beruhigen. Die blauen Schuppen wurden von den einzelnen Lichtstrahlen reflektiert, die durch die immergrünen Blätter brachen. Hell, klar und rein. Doch um Shumizu waberte Dunkelheit. Beinahe hätte er den beiden unschuldigsten Wesen dieser Welt das Leuchten genommen.
Nein, er hatte ihnen bereits einen Teil des Lichts genommen. Shumizu hatte es dazu kommen lassen, dass Mei ihren eigenen Orden verraten hatte und das nur, damit Shumizu die Zeit hatte, die Truppe auszulöschen.
Der Schatten versuchte, seinen Herzschlag zu beruhigen. Ein Blick zu Dai verriet Shumizu, dass er hier und jetzt etwas tun musste, wenn er diese einmalige Chance nicht verspielen wollte. Er durfte nicht erneut weglaufen, nicht wie in den vergangenen tausend Jahren. Er hatte sich vor seinem Schicksal gefürchtet und war davor geflüchtet.
Das Laub raschelte leise, als seine Füße ihn zu der Wächterin trugen. Begrüßt wurden die beiden von einem bedrohlichen Knurren des Baohus. Augenblicklich sprang Mei auf und rieb sich die Tränen aus den Augen, versteckte ihren Schmerz hinter einer kalten Fassade. Und darin spiegelte sich plötzlich so viel Hass wider, dass es Shumizu das Herz zerriss.
»Mei ...«, wisperte Shumizu fast schon tonlos. Ein sanfter Wind wehte durch den Wald. Die grünen Blätter der Baumkronen brachen plötzlich auseinander und warfen die hellen Sonnenstrahlen auf sie herab. Meis rubinrote Augen glänzten verletzt. Sie wollte sich umdrehen und gehen, doch da hatte Shumizu bereits den letzten Schritt gewagt und nach ihrem Handgelenk gegriffen. Wo er erwartet hätte, dass Mei sich seinen Händen entriss, so ließ sie es einfach zu.
Zhongxi knurrte weiterhin bedrohlich, baute sich hinter Mei auf und versuchte, Shumizu von der Wächterin zu bekommen, doch im selben Moment, als sich ihre Blicke trafen, hielt Zhongxi inne. »Schon okay, Zhongxi. Ich werde das klären«, murmelte Mei nur bestimmt und erst jetzt entriss sie Shumizu die Hand und rieb sie sich an der Brust ab, als hätte der Schatten sie mit Dreck besudelt.
»Habe ich dir nicht gesagt, dass du von mir fern bleiben sollst, Yingzi? Andernfalls werde ich nicht zögern, meine Klinge erneut gegen dich zu richten. Hier liegen genügend Schwerter herum.«
Aus irgendeinem Grund hatte Shumizu das Gefühl, dass Mei log. Von Anfang an hatte er bemerkt, was für eine schlechte Lügnerin sie war und das war auch in der jetzigen Situation nicht anders. Auf Shumizus Lippen bildete sich nur ein trauriges Lächeln. Er hatte das Bedürfnis, erneut nach ihrer Hand zu greifen, doch das würde Mei sicherlich nur dazu verleiten, mehr Abstand von ihm zu nehmen.
»Ich konnte nicht«, gab Shumizu offen und ehrlich zu. »Ich konnte dich nicht mit dem Gedanken hinter mir lassen, dass du mich als Monster in deinen Erinnerungen behalten wirst. Vielleicht bin ich tatsächlich ein Monster. Das, was ich den anderen Hogoshas angetan habe, ist nicht rechtzufertigen. Ich bitte dich nur, mir dennoch zuzuhören, Mei. Lass mich dir erklären, wieso ich so gehandelt habe. Wieso ich so bin. Wer ich bin. Dein Ziel deiner Reise war es doch gewesen, herauszufinden, wer ich bin. Ich kann dir die Antwort darauf geben. Danach können sich unsere Wege trennen. Ich lasse dich gehen, wie du es dir gewünscht hast.«
Shumizus Stimme wurde von Wort zu Wort immer leise und zittriger. Kleine Tränen fielen zu Boden, seine Brust zog sich zusammen, als Mei ihn noch einmal abschätzig musterte und tatsächlich Anstalten machte, sich von ihm abzuwenden. Doch dann hielt die Wächterin inne. Und Shumizu konnte sehen, dass sich auch in ihren Augen Tränen angesammelt hatten.
»Du bist ein Lügner, Dämon ... Du hast mir die ganze Zeit vorgespielt, jemand zu sein, der anders wäre als die gewöhnlichen Yingzis. Doch was ich eben gesehen habe ...« Meis Stimme brach weg, ihre Körperhaltung strahlte Furcht aus. Sie schlang verzweifelt die Arme um ihren Körper, schüttelte immer wieder den Kopf, als würde sie versuchen wollen, diese schrecklichen Bilder aus dem Kopf zu bekommen.
»Du hast sie alle getötet ... Meine Kameraden ... Eiskalt ... Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wie kann ich dir da überhaupt noch vertrauen?«
Nur allzu gut konnte Shumizu ihre Gedanken nachvollziehen. Er hätte sicherlich nicht anders gehandelt. Und doch trafen ihn diese Worte wie Messerstiche ins Herz. Vielleicht war er tatsächlich dazu verdammt, auf ewig allein zu sein, musste das aufgeben, was er liebte und schätzte.
Shumizu hielt augenblicklich inne. Lieben? Schätzen? Er liebte seine Schöpfung. Er liebte sein Leben, auch wenn er verflucht und verdammt war. Er liebte ... Eine Menschenfrau? Tat sein Herz deswegen so weh? Konnte Shumizu sie deshalb nicht so einfach aufgeben?
Zitternd holte der Schatten Luft, schloss die Augen. »Du musst mir nicht vertrauen, Mei. Ich bitte dich nur darum, mir ein letztes Mal zuzuhören. Ob du meinen Worten Glauben schenken möchtest, wird dir am Ende überlassen sein. Ich erwarte nicht, dass du es tust.«
Mei schaute unentschlossen zur Seite, stützte sich an Zhongxi ab, der sie behutsam anstupste. »Gib mir einen Grund, wieso ich dir zuhören sollte«, forderte Mei scharf.
Shumizu lachte nur leise, legte seine Hand auf die Brust. Die Wahrheit, die Antwort fiel ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen. Tief in ihm war dieses innige Gefühl zu ihr schon immer da gewesen, seit jenem Tag, an dem sie sich das erste Mal begegnet waren. Er hatte es nur nie realisiert - bis jetzt. Umso leichter fiel es ihm in diesem Moment, Mei die richtige Antwort auf die Frage zu geben.
»Mei, weil du mir wichtig bist und weil ich dich nicht so einfach aufgeben möchte.«