𝗔𝗯𝗴𝗲𝘀𝗰𝗵𝗹𝗼𝘀𝘀𝗲𝗻 | 𝗙𝗮𝗻𝘁𝗮𝘀𝘆 | 𝗗𝗲𝘂𝘁𝘀𝗰𝗵
Von den Göttern und Drachen verstoßen, irrt Shumizu Jahrtausende lang unter den Irdischen umher - auf der Suche nach einem Weg, den auferlegten Fluch von sich und seiner Schöpfung zu nehme...
*╔═══❖•ೋ° °ೋ•❖═══╗* B L A T T G R Ü N *╚═══❖•ೋ° °ೋ•❖═══╝*
Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
⊰᯽⊱┈──╌❊╌──┈⊰᯽⊱
»Uns ... nie gehasst?«, hakte Shumizu abermals nach, konnte den Worten der Wächterin noch nicht ganz Glauben schenken. Doch wenn er ein wenig mehr darüber nachdachte, hatten ihre Augen längst die wahren Absichten verraten. Das Mitleid, die weichen Blicke ... Der Hass war nie ehrlich gewesen.
Mei schüttelte den Kopf, holte tief Luft, während ihr Blick zum klaren, blauen Himmel schweifte. »Ich mag Yingzis nicht. Aber irgendetwas tief in mir sagt, dass die Schatten nicht komplett böse sind. Schon als ich ein kleines Kind war, habe ich mich gefragt, wieso die Yingzis so sind, wie sie sind. Töten sie, weil sie es wollen? Oder töten sie, weil sie es müssen?«
Ein Windhauch strich durch das lange, schwarze Haar der Wächterin. Ihre Augen glänzten, als wäre sie irgendwo anders, nur nicht in der Realität. »Ich habe dich auch nie töten wollen. Das konnte und werde ich auch nicht können. Ich habe mir selbst zugesprochen, euch Yingzis zu hassen, um euch leichter töten zu können. Nur deswegen war es mir überhaupt möglich, sie über all die Jahre zu jagen und umzubringen. Hätte ich mich nicht dem Jagen und Töten widmen können, hätte ich mein Ansehen und den Status im Orden verloren. Das hätte Schande über meine Familie gebracht. Als mein Mentor ankündigte, dass ein Yingzi in der Nähe unseres Dorfes war, schickte er mich los, damit ich ihn unschädlich machen konnte. Doch als ich dich sah ...«
Der Wind wurde stärker, wirbelte die immergrünen Blätter auf. Das Plätschern wurde zum Rauschen wie das Blut in Shumizus Adern. »Du warst kein Yingzi. Nicht nur, weil du anders aussahst, auch deine Aura war anders. Ich konnte sie nicht zuordnen. Innerlich wollte ich weg von dem, was ich gesehen habe, doch gleichzeitig packte mich das Verlangen zu wissen, wer hinter diesem unbekannten Mann steckt. Ich verlor das eigentliche Ziel aus den Augen und wurde von dir überwältigt.«
Es wurde mit einem Mal still um sie herum. Kein Wind, kein Fluss. Nur das Klopfen seines Herzens war zu hören.
»Menschliche Emotionen. Sie sind so facettenreich, so sonderbar. Wie eine Farbpalette, ganz bunt und individuell. Auch wenn wir die Menschen geschaffen haben, ist dieses Phänomen selbst für uns Götter nicht zu verstehen. Was mich am meisten interessiert, ist die Liebe. Alle Menschen sprechen davon, sehnen sich danach. Denkst du, Götter können auch lieben, Yamhei?«
Die Stimme lag weit entfernt in der Vergangenheit. An jenem Tag hatte Shumizu nicht verstanden, was Dianki, die Donner- und Liebesgöttin, mit ihren Worten gemeint hatte. Liebe; ein für ihn unbekannter Begriff und doch hatten die Götter alle etwas von Liebe und Wertschätzung gesprochen, wenn es um sein Schicksal ging.
Aber auch Götter kannten Schmerzen. Sie wussten schon lange davon, doch sie schienen es nie akzeptiert zu haben. Yamhei hatte ihnen etwas genommen, was ihnen lieb und teuer war, und nun rächten sich seine Geschwister an ihm. Und dennoch sprachen sie immer wieder davon, dass Götter keine Emotionen wie die Menschen hätten. Sie wären anders.
Das war absurd. Jedes Lebewesen konnte empfinden. Selbst die Mächtigsten in dieser Welt. Woher sonst sollte die Motivation kommen, Lebewesen zu erschaffen, die die Welt bevölkern sollten? Emotionen waren der Antrieb. Emotionen waren die Gründe. Shumizu wusste schon lange, dass er seine Schöpfung liebte und im Gegensatz zu seinen Geschwistern hatte er dies schon lange akzeptiert.
»Der Hass war nur eine Masche ... Eine Lüge von mir selbst, um mich davon zu überzeugen, dass Yingzis die Dämonen sind, die es verdient haben, getötet zu werden«, fuhr Mei fort. »Dabei haben sie es nicht. Nicht alle. So wie es böse Menschen auf der Welt gibt, so gibt es auch gute Yingzis.« Die Wächterin nahm den Blick vom Himmel und widmete ihn dem Schatten. »Beantwortet das nun deine Frage? Wieso ich dich nicht getötet habe und wieso ich Dai mitgenommen habe? Du hast mir mehrmals bewiesen, dass du zu den Guten gehörst.«
Wind packte Meis lange Haare und blies sie ihr ins Gesicht. Shumizus Zopf löste sich durch den Wind, der die einzelnen dunklen Strähnen aufwirbelte. Sein Mund stand leicht offen, nicht wissend, was er dazu sagen konnte. Sein Herz klopfte augenblicklich schneller. Ein warmes Lächeln lag auf seinen Lippen.
Eine unerwartete Antwort und doch war er froh, dass ihr Hass niemals ehrlich gemeint war. Vielleicht gab es doch noch Wesen, die ihm die gleiche Wertschätzung schenken konnten, wie er sie auch den Menschen und Yingzis gab.
»Danke, dass du mich am Leben gelassen hast, Mei.«
Die Wächterin erwiderte das ansteckende Lächeln. In ihren Augen funkelte etwas Friedliches und gleichzeitig auch Hoffnungsvolles. »Shumizu«, begann sie vorsichtig. Der Schatten spürte warme, dünne Finger auf seinem Handrücken.
»Da du nun meine wahren Absichten kennst ... Würdest du nun meine Frage beantworten?« Mei machte eine kurze Pause, holte tief Luft. »Wer bist du wirklich?«
Mit solch einer Frage hatte Shumizu schon gerechnet. Er nahm es der Wächterin auch nicht übel, war dies offensichtlich die erste Frage gewesen, die sich Mei gestellt hatte, als sie ihm zum ersten Mal begegnet war. Doch war Mei schon bereit für die Wahrheit? Konnte Shumizu ihr wirklich von seiner wahren Identität, seiner Geschichte erzählen? Was hatte er zu verlieren? Sie schien ein gutes Herz zu haben und der Umwelt viel Verständnis zu zeigen. Sie würde es sicherlich verstehen. Shumizu zögerte lange, konnte seine Augen nicht von der Wächterin nehmen. Sie war durchaus ein gutherziger Mensch. Ihre rubinroten Augen verrieten es. Shumizus Herz klopfte ein wenig schneller, je mehr er in ihren Augen versank.
»Mei, ich ...«, begann der Schatten schließlich, als er jedoch von Flügelschlägen und lauten Rufen unterbrochen wurde. Von weiter Ferne ertönte plötzlich ein bedrohliches Drachengebrüll und es kam nicht von Zhongxi. Beide erstarrten augenblicklich, als ihnen klar wurde, was das zu bedeuten hatte. Und ein Blick zum Himmel bestätigte ihre Vermutung.
»Das kann nicht sein ... Wie hat der Orden uns finden können? Du musst fliehen, Shumizu!«