𝗔𝗯𝗴𝗲𝘀𝗰𝗵𝗹𝗼𝘀𝘀𝗲𝗻 | 𝗙𝗮𝗻𝘁𝗮𝘀𝘆 | 𝗗𝗲𝘂𝘁𝘀𝗰𝗵
Von den Göttern und Drachen verstoßen, irrt Shumizu Jahrtausende lang unter den Irdischen umher - auf der Suche nach einem Weg, den auferlegten Fluch von sich und seiner Schöpfung zu nehme...
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Der Hunger nagte qualvoll an Shumizu und kein irdisches Essen dieser Welt würde ihn sättigen können. Er benötigte Lebensenergie und davon nicht wenig. Doch woher sollte er sie bekommen, wenn er sich selbst geschworen hatte, nie mehr unschuldige Wesen für ihre Seele zu töten?
Neben dem Hunger hatte sich auch die endlose Einsamkeit wieder dazugesellt. Selbst wenn Mei ihn auf seiner ziellosen Reise begleitete, sprachen sie nicht miteinander und das schon seit zwei Tagen.
In jener Nacht am Lagerfeuer hatte in Shumizu ein kleiner Funken Hoffnung gesprüht, der Wächterin näher gekommen zu sein. Doch stattdessen hatte sie sich nur mehr von ihm entfernt, zeigte ihm die kalte Schulter. Und wenn sie doch einmal Blickkontakt aufnahmen, wurde der Yingzi mit hasserfüllten und tödlichen Blicken durchbohrt. Dachte sie wirklich, er wäre nur deshalb so viel mächtiger als andere Yingzis, weil er wie ein kaltblütiger Mörder andere Wesen getötet und ihnen Lebensenergie geraubt hatte?
Shumizu musste zugeben, dass er in den folgenden Tagen des Schweigens selten von sich aus das Gespräch zu Mei aufgesucht hatte, zu sehr war er in sich gekehrt. Von außen wirkte er kühl und distanziert, innerlich schmerzte sein Herz jedoch stark. Aus irgendeinem Grund konnte er Mei nicht seine wahre Identität nennen. Hatte er Angst? Aber Angst wovor? Sie verabscheute ihn so oder so schon. Was hatte er also zu verlieren, wenn sie wüsste, dass er Yamhei war? Ein verlorener und vergessener Gott der mächtigen Sieben?
Seufzend warf Shumizu einen flachen Stein über die klare Wasseroberfläche des Sees. Der Yingzi verlor nicht nur seine ursprüngliche Kraft, auch rutschte er immer mehr in die irdische Welt hinein und wurde selbst zu einem der Bewohner - nicht nur ein Yingzi, auch ein wenig Mensch steckte in ihm. War er dann überhaupt noch eine Gottheit? Konnte er sich selbst noch Yamhei nennen oder war er nur noch Shumizu? Ein Yingzi, ein Mensch, ein Drache, alles, aber keine Gottheit mehr. Und da waren diese Schmerzen, Gefühle, Empfindungen, die er nicht einordnen konnte, unnatürlich bei göttlichen Wesen.
Shumizu wusste nicht, ob er das positiv oder negativ auffassen sollte. Er hatte nicht mehr als kalte Einsamkeit gekannt und den bitteren Hunger, wenn er wieder eine zu hohe Menge von seinen Energiereserven verbraucht hatte. Doch diese negativen Gefühle - Trauer, Schmerz, Sehnsucht - all das war ihm neu und er wusste nichts damit anzufangen.
In Gedanken versunken, suchte Shumizu nach einem weiteren flachen Stein, der nur einen Wimpernschlag später platschend über die Wasseroberfläche glitt. Wenigstens Zhongxi war bei ihm geblieben. In den letzten Tagen hatte er sich immer weniger gegen Shumizus Bann gewehrt - zu seinen Gunsten. So verbrauchte der Yingzi weniger Lebensenergie. Wenn sie erst einmal aufgebracht war, würde das Sein eines Verfluchten im Nichts verschwinden. Eine grausame Vorstellung.
Als Shumizu einen Blick zur Seite warf, entdeckte er Mei einige Entfernungen weiter am Ufer hocken und nur stumm auf das Gewässer starren. Sie tat anscheinend alles, um Shumizu aus dem Weg zu gehen.
Platsch!
Der Stein gluckerte unglücklich den See hinunter und verschwand schließlich im dunklen Schleier der Algen. Dieser war wohl nicht flach genug gewesen, zu groß und klobig, als dass er über das Wasser fliegen konnte. Von der Natur verflucht und dem Untergang geweiht - wie Shumizu selbst.
»Denkst du, ich bin wie der Stein?«, fragte Shumizu den Drachen mit einem wehmütigen Lächeln. Zhongxi hob fragend seinen Kopf, gab zur Antwort einen grummelnden Laut von sich und legte sich wieder hin. Der Baohu schien auch nicht sonderlich gesprächig zu sein. Selbst wenn Zhongxi aufgrund des Banns gezwungen war, Shumizu widerstandslos ergeben zu sein, änderte es nichts an seiner Einstellung dem Yingzi gegenüber.
»Natürlich, du würdest dich sicherlich freuen, wenn ich untergehen würde. Dann könnten du und Mei endlich wieder nach Hause zurückkehren.« Erneut ein Schnauben, das Wasser schlug dadurch kleine Wellen. Mit einem Ächzen setzte Shumizu sich zu Zhongxi ans Ufer und lehnte sich - wie als wäre es selbstverständlich - an den schuppigen Leib des Drachen. Er schimmerte leicht im Schein der Sonne, glitzerte mit dem blauen Wasser um die Wette.
Der Yingzi konnte nicht sagen, ob Zhongxi nur deswegen nicht wegschreckte, weil er aufgrund des Banns zum Bleiben gezwungen war oder weil es ihn schlichtweg nicht störte. Da war nur diese Ruhe, die von Zhongxi ausging. Kein Hass, keine Aufruhr. Shumizu sprach deshalb weiter. Wenn er sich nicht mit Mei unterhalten konnte, hörte ihm vielleicht wenigstens der Drache zu.
»Nun, es war und ist nicht meine Absicht, euch anderweitig zu schaden. Das ist dir hoffentlich bewusst.« Seufzend schaute Shumizu zum Himmel hinauf, wurde an die Freiheit zurückerinnert, als er dort oben noch die Wolken erobert hatte.
»Ich weiß, wir irren hier gerade mehr oder weniger ziellos umher. Das liegt nur daran, dass ich Hinweisen nachgehe, um eine Antwort auf meine Fragen zu finden. Sobald ich sie gefunden habe, werde ich wieder von dieser Insel verschwinden und ihr könnt frei von dannen ziehen.« Zhongxi antwortete nicht. Nur das leise Schnauben seiner Atmung war zu vernehmen. Die Ruhe brachte Shumizu Frieden und für einen Moment fühlte er sich wieder sorglos und leicht.
Kurz sah er sich nach Mei um, doch als er seinen Blick auf die Stelle warf, an der sie sich eben noch aufgehalten hatte, war sie verschwunden. Ruckartig setzte Shumizu sich auf, warf seinen Kopf hin und her, suchte mit seinem scharfsinnigen Blick die gesamte Umgebung nach ihr ab. Doch sie war nirgends zu sehen. Da war auch keine Präsenz einer Wächterin mehr zu spüren. Wie hatte Shumizu erneut so unvorsichtig sein können, dass er eine Hogosha entkommen ließ?
Sofort rappelte er sich auf und machte sich mit schnellen Schritten auf, nach Mei zu suchen. Weit konnte sie ohne ihren Baohu nicht gekommen sein. Mit seinem Bewusstsein versuchte Shumizu nach Meis Präsenz zu tasten. Ganz zart kitzelte etwas seinen Geist, doch es war viel zu weit entfernt. Mit einem Mal hörte Shumizu ein Rauschen hinter sich, Wasser des Sees wurde aufgewirbelt. Im nächsten Moment befand sich Shumizu auf dem Rücken eines blauen Drachen - auf Zhongxi. Und dieser flog schnurstracks zum naheliegenden Wald, aus dem nur einen Moment später ein lauter Schrei hallte.