Auf dem Weg zu Avery, hatte diese spontan ihren Bruder angerufen und ihn gebeten, uns essen zu holen.
Der sei gerade noch bei seinem Training und würde da ja eh vorbei fahren.
Averys Haus ist tatsächlich ein einfaches, süßes Reihenhaus.
Das sie dachte sich dafür schämen zu müssen tut mir im Herzen weh.
Vor mir."Avery kannst du mir einen Gefallen tun?", bitte ich sie nach kurzem Abwegen.
Sie schaut flüchtig von ihrem Blatt auf, auf dem wir erste Notizen gemacht haben."Es geht niemanden etwas an, wie ich und Julie leben. Mir ist relativ egal ob Leute wissen, dass ich arm bin, anscheinend tun sies ja nicht. Meinetwegen könntest du rumerzählen, dass ich unter einer Brücke penn. Aber ich glaube Julie ist es nicht egal und dem Jugendamt auch nicht. Also egal was du tust, nutz das nicht gegen mich und erzähl es nicht weiter", eindringlich sehe ich sie an.
"Hatte ich nicht vor. Es geht mich nichts an und auch niemanden sonst. Wenn ich etwas bin, dann diskret. Da musst du mir wohl vertrauen", sie erwidert meinen Blick starr.
"Das muss ich wohl", antworte ich nickend etwas später.
Das tue ich."Ich geh mal schnell auf Toilette", kündige ich an und stehe auf.
"Klar, einfach den Flur runter, neben der Haustür links", weißt sie mich an.Tatsächlich muss ich einfach kurz runterfahren.
Ich bin unschlüssig ob es richtig war, ihr mein Zuhause zu zeigen.
Es hat mich einfach so verletzt, für was sie mich gehalten hat. Dabei könnte es mir auch einfach egal sein.
Ich glaube nicht, dass mir das zum Verhängnis wird, aber vom reinen Prinzip war es falsch.
Ich muss da einfach auch über die Konsequenzen nachdenken, die meine Handlungen auf Julie haben könnten.Ich atme noch einmal kurz durch, dann verlasse ich das Bad wieder.
Als ich wieder ins Wohnzimmer will, versperrt mir ein breiter Rücken den Weg."Ja ich hab an dein Essen gedacht. Ist die Prinzessin doch schon abgehauen oder warum sitzt du hier so alleine?", die raue Stimme wird immer deutlicher, je näher ich trete.
"Nein, das Essen würde sie sich ja wohl kaum entgehen lassen", mache ich auf mich aufmerksam.
Der Typ vor mir dreht sich zu mir um, sodass er nun direkt vor mir steht.
Obwohl ich nicht gerade klein bin, überragt er mich um locker einen Kopf.
"Und du bist", er zieht die Augenbraue hoch.
"Die Prinzessin, schätze ich mal", gebe ich im selben Tonfall zurück.Kurz starren wir uns nur an.
Er kommt mir so selten bekannt vor.
Dunkle Haare, ausgeprägte Gesichtszüge, aber der Kontext fehlt mir.
Auch er mustert mich argwöhnisch.
Aber er scheint seine Antwort schon zu haben als wir von Avery unterbrochen werden."Oh, ähm, das war nicht so gemeint. Ich hab nur erzählt, dass du kommst und wie die Schule so ist und...", Avery will sich viel zu hektisch rechtfertigen.
"Avery alles cool, ich check schon", beschwichtige ich ruhig lächelnd.
"Ich hatte schon deutlich schlimmere Namen""Zum Beispiel?", der Typ funkelt mich herausfordernd durch seine grünen Augen an.
Und als seine Augen so provokant aufblitzen erinnere ich mich auch woher ich sie kenne.
Aus der Gasse, vor ein paar Nächten, nach der Arbeit.
"Ach hör doch auf und gib schon das Essen, ich hab einen Bärenhunger", unterbricht Avery.
"Das ist übrigens Adrian. Mein Bruder. Ab nächster Woche in unserer Stufe. Ist von seinem tollen Internat geflogen", überrascht ziehe ich eine Augenbraue nach oben und betrachte ihn.
"Was hast du angestellt?", hake ich nach.
"Mir verrät er es auch nicht, also beiß dir an ihm nicht die Zähne aus", Avery nimmt die Tüten mit dem Essen ab und stellt sie auf den Couchtisch.
Unterdessen hat Adrian seinen Blick nicht von mir genommen, sondern starrt mich eindringlich an.
Ich erwiedere diesen emotionsfreien Blick einen Augenblick, dann blitze ich ihn provokant an, bevor ich näher an Avery trete, die unser Essen ausbreitet."Vivi, ich treffe mich noch mit niemandem Kumpel, viel Spaß noch", schneller als ich gucken kann ist er auch wieder weg.
"Du musst ihn entschuldigen, er ist halt... mein Bruder. Der hat einfach nen Knacks weg", zuckt Avery mit den Schultern, was mich zum Lachen bringt.
"Steht ihr euch nah?", frage ich nach.
"Naja, er war lang im Internat, mich haben meine Eltern schon vor zwei Jahren da raus gezogen und hierher verschleppt. Von daher, war schon krasser. Aber doch, wir stehen uns trotzdem noch sehr nah", erklärt sie schulterzuckend.Wir arbeiten noch einige Zeit an unserem Projekt weiter und essen dabei. Schließlich fährt mich Avery nachhause. Sie weiß ja jetzt wo es ist. Vorher tauschen wir allerdings noch Handynummern aus und verabreden uns für den nächsten Tag.
Bevor ich unsere Wohnung betrete, atme ich noch einmal tief durch.
"Julie, bin wieder da", kündige ich mich an, bedacht nicht allzu laut zu sein. Manchmal muss man ja auch rücksichtsvoll gegenüber den Nachbarn sein.Julie scheint allerdings noch garnicht wieder da sein. Das muss ja ein riesen Einkauf sein. Vielleicht bauen sie ja schon auf. Oder lassen aufbauen.
Als ich wieder auf mein Handy schaue, habe ich auch tatsächlich eine Nachricht erhalten, dass es bei ihr später wird.
Im Vertrauen darauf, dass sie einen Schlüssel hat, lasse ich mich auch noch bevor sie wieder da ist in mein Bett fallen, stelle aber sicherheitshalber meinen Klingelton auf ganz laut.
Ich hoffe nur sie übernimmt sich nicht.
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BABE
Teen FictionBabe- verlorene Seelen, die nie die Chance hatten sich zu finden Liv gehört zu den beliebtesten Clique der Schule. Jeder kennt sie, jeder liebt sie, jeder will so sein wie sie. Was sie nicht wissen: Hinter den Kulissen sieht ihr Leben ganz anders au...