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Vorsicht trete ich durch die Haustür.
Geschockt atme ich ein, als ich das Chaos drinnen sehe.
Vorsichtig klettere ich über eine umgekippte Kommode versuche die Scherben einer Vase möglichst zu umgehen.

Immer weiter arbeite ich mich vor bis zum Wohnzimmer, aus dem ich eine Stimme höre.

Als ich in der Tür stehe, kann ich garnicht richtig hören, was geredet wird, da alles in ein Rauschen übergeht.

Zwei Männer beugen sich über Adrian, der schon blutverschmiert am Boden liegt. Der eine schlägt trotzdem noch auf ihn ein, der andere zückt gerade ein kleines Messer.

Völlig geschockt greife ich nach dem Schürhaken des Kamins.
Ich bin zu spät.
Er hat es Adrian schon in den Bauch gerammt. Und mindestens genauso schlimm: Er zieht es direkt wieder raus.

Trotzdem nutze ich die Chance und ziehe ihm mit aller Kraft einen über.
Kurz schwankt er hin und her, dann fällt er einfach zu Boden.

Das hat nur leider die volle Aufmerksamkeit des anderen auf mich gelenkt.
Huch, so weit hätte ich vielleicht noch denken sollen.

Gefährlich bäumt er sich vor mir auf.
Drohend hebe ich den Schürhaken, auch um Abstand zwischen uns zu bringen.

"Liv renn", hustet Adrian und versucht sich schmerz verzerrt aufzurichten.
Mein Gegenüber tritt ihm einfach in den Bauch und Adrian sackt wieder in sich zusammen.

Dann schaut er mich wieder an und legt seinen Kopf schief.
"Liv also", grinst er gefährlich.
"Olivia", korrigiere ich ihn aus irgendeiner Laune heraus, die ich mir auch einfach hätte verkneifen können.

Ehe ich reagieren kann, greift er nach dem Stab in meiner Hand und zieht daran. Das sorgt dafür, dass ich nach vorne Falle, ihm direkt in die Arme.
Er schmeißt den Schürhaken, jetzt in seinem Besitz, einfach nach hinten.
Er fasst mich fest bei den Schultern.

"Olivia", haucht er mir in mein Ohr.
Verbittert sehe ich ihn an.

"Du kannst seine Schulden natürlich auch bezahlen", grinst er.
Er schubst mich nach hinten und ich stolpere über den anderen Typen, der immernoch am Boden liegt.

Ich rutsche auf dem Boden nach hinten. Als ich an einer Wand ankomme, versuche ich mich zittrig daran aufzubauen.

Als ich fast schon stehe, hebt mich der Typ wieder hoch.
Und drückt mich an die Wand.
Das Grinsen auf seiner Visage macht mir wirklich Angst.
Nicht schon wieder.

Ein stöhnen von Adrian lässt unsere beide Blicke zu ihm huschen.
Als der Kopf vom Monster vor mir wieder zu mir schießt, schaue ich auch ihn an.

"Wenn ich das auch an dir abarbeiten kann", sein Grinsen wird noch breiter, sodass es nicht nur gefährlich sondern regelrecht psychopatisch.
Er legt den Kopf wieder schief.
"Kann ich ihn auch endgültig loswerden"

Ich weiß genau was er damit meint.
Er bringt ihn um.
Er wird ihn vor meinen Augen umbringen.
Wtf Adrian, wie kommst du in so eine Situation.

Mein Gegenüber holt aus und verpasst mir voll eine.
Meine Ohren klingeln und ich sinke zu Boden. Er hat allerdings den Punkt verfehlt, der mich einstweilig ins Jenseits befördern würde.

Und so lässt mich das Adrinalin aufrappeln. Ich greife nach der kleinen Lichterkette, die als Deko an der Wand hängt und stürze mich damit bewaffnet auf den Mann, der sich gerade nach dem Messer auf dem Boden bückt.

Eigentlich dachte ich, dass mein Gewicht ihn ganz zu Boden bringen würde, aber er schafft es noch mit mir auf dem Rücken sich wieder aufzuraffen.
Währenddessen habe ich die Lichterkette vor seinen Hals gespannt und ziehe sie mit beiden Armen fest nach hinten.

Er geht dabei auch etwas in Rücklage, was mich meine Beine noch fester um ihn schlingen lässt.

Als er seine Arme hochreißt um zu versuchen, die Schnur von seinem Hals zu lösen, lässt er glücklicherweise das Messer fallen.
Dumm von ihm, aber ich schätze das macht der Überlebensinstink mit einem. Ich frage mich nur was mit meinem ist.

Und so tänzeln wir erbärmlich durch dieses Wohnzimmer, während Adrian am Boden um sein Leben ringen muss.

"Adrian was ist hier los", höre ich Henrys Stimme durch die Wohnung.
Sowohl der Mann unter mir als auch ich halten kurz inne, als Henry, Calvin und Marc in der Tür stehen.

Nach kurzem Moment der perplexität ist ausgerechnet der Typ unter mir der erste, der reagiert.
Er schafft es, die Lichterkette von sich zu reißen und so landet sie am Boden, da sie auch mir aus den Händen gleitet.
Da ich in diesem Moment nur durch meine Beine halt habe, ist es für ihn ein leichtes mich abzuschütteln.

Ich lande voll auf meinem Rücken, was mich rau aufstöhnen lässt.
Zum Glück stürzen die drei sich aber direkt auf meinen Gegner.

Ich ignoriere die Sternchen vor meinem Augen und robbe mich am Boden direkt zu Adrian.
Ich knie mich bestmöglich vor ihn und ziehe schnell mein Oberteil aus.
Direkt drücke ich es auf die rote Stelle auf seinem Tshirt.

Ich umgreife sein Kinn und richte sein Gesicht zu mir, dann taste ich an seinem Hals den Puls.
Schwach aber vorhanden.
Genau wie seine Atmung.

"Ich ruf Lukas an, der kennt jemanden der sich um Adrian kümmern kann", gehetzt tippt Calvin auf seinem Handy rum.

"Ich schätze jetzt schuldet ihr mir doch eine Erklärung", ich lächle Adrian bedauernd an.
Henry legt eine Sportjacke von Adrian über mich.

"Was war das", drehe ich mich zu den anderen um.
Sie schauen sich lang an.
"Adrian", beginnt Henry.
"Henry nicht", unterbricht Marc.
"Sie hat ein Recht es zu wissen.
Adrian hat in Spanien ein paar üble Dinge am laufen gehabt. Er war Boxer. Aber nicht nur im legalen Rahmen. Underground Fights, üble wetten, all der scheiß. Aber er hat aufgehört. Und das fanden einige Leute nicht so witzig. Ihr ganzes Geld für die übrigen Kämpfe war verloren. Und jetzt behaupten die beiden hier, Adrian würde ihnen dieses Geld schulden. Sie gehören angeblich zu einer Gang. Die hat überall gefühlt ihre Ausbuchtungen, in Spanien, aber auch hier in der Gegend. Es gehen auch Gerüchte über Frauenhandel rum. Einige Stripclubs hier in der Umgebung sollen da mit drin hängen."

Ich schlucke. Die Aussage, ich könne das Geld abarbeiten bekommt so eine ganz neue, viel weitgreifendere Bedeutung.

"Wieviel?", frage ich nach.
"98 tausend vierhundert und 3", ich stuze.
"Wer wettet bitte um so viel Geld"

Zwei weitere Männer kommen in den Raum gestützt.

Kurz schrecke ich auf.
Aber beim näheren Hinsehen und der entspannten Reaktion der Jungs rege ich mich wieder ab.

Der eine Typ ist Lukas, ein Junge zwei Jahrgänge unter mir und der andere ein älterer Mexikaner.

Er eilt mit einem Arztkoffer auf Adrian zu.
Ich übergebe ihm ihn einfach und stelle mich zu den übrigen Jungs.
Wir alle betrachten sein Handeln einfach.

"Das ist doch scheiße. Selbst wenn sie jetzt verloren haben und Adrian wieder fit wird, die kommen doch immer wieder", beschwert sich Lukas.
Er hängt oft mit Leuten aus Julies Jahrgang rum.
Er kifft. Dabei ist er nichtmal sechzehn.
Oder gerade erst sechzehn.
Ich kenne ihn ja nicht näher.

Aber mit seiner Aussage hat er recht.

Wenn es nur einen Weg gäbe, seine Drohungen nichtig zu machen. Ihn zu diskreditieren. Den Spieß umzudrehen und ihn zu erpressen.

Mit einem Geistesblitz gesegnet schießt mein Kopf hoch.
"Das wichtigste ist ihr Ruf oder?", frage ich nach.

Alle sehen mich fragend an.
Ich grinse.

"Ich hab da so eine Idee"

BABEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt