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Als ich meine Augen wieder öffne, fühle ich mich nicht sonderlich erholter.

Mein Kopf brummt wie wild, alles tut weh.
Ich hebe nur die Hand an meine Schläfe und erkenne schon den ersten blauen Fleck.

Eine Uhr befindet sich leider nicht im Zimmer, dafür aber ein Fenster. Und das zeigt mir, dass die Sonne gerade erst leicht aufgeht.

Auf leisen Sohlen stehle ich mich aus dem Raum.
Dann die Treppe hinunter.

Als ich aber in Richtung Haustür schleiche, sehe ich im Augenwinkel Avery und Adrian in der Küche.

"Liv?", Averys Stimme bringt mich zum halten, dann seufze ich und stelle mich in die Tür.
"Du wolltest doch nicht einfach abhauen oder?", fragt sie.

Sie sitzt auf der Arbeitsfläche der Küchentheke und lässt ihre Beine baumeln, während ihr Bruder sich mit dem Rücken zu mir auf die Platte stützt.

"Ach quatsch", winke ich ab und lache etwas unbeholfen.
"Ich wollte nur... Danke, dass ich hier schlafen durfte", bedanke ich mich ehrlich.

"Das ist doch kein Problem", Avery springt von der Arbeitsplatte und kommt auf mich zu.

Sie zieht mich einfach in ihre Arme und aus irgendeinem Grund bin ich einfach nicht in der Lage, diese Umarmung zu erwidern, auch wenn ich sie so dringend brauche.

"Willst du was essen?", fragt sie dann einfach.
"Nein, danke, ich will einfach nachhause"

Avery nickt.

"Adrian kannst du sie eben fahren", bittet sie ihren Bruder.

Zum ersten Mal dreht er sich um und schaut mich an.
Sein Blick undefinierbar.

"Ich kann laufen", winke ich ab.
"Auf keinen Fall", Avery sieht ihren Bruder auffordernd an.

"Klar, ich fahr dich", bringt er dann doch noch hervor.

Im Auto herrscht angespannte Stille.
Erst, als er vor meiner Haustür anhält, spricht er.

"Ich hol dich hier um 7 ab", überrascht huscht mein Blick zu ihm.
"Du willst lernen wie man boxt?"

Ich nicke.
"Dann um 7 hier"

Ich nicke wieder.

"Und lauf trotzdem nicht einfach so nachts allein hier durch die Gegend", weist er mich zurecht.
Die Vorlage kann ich nutzen.

"Oh glaub mir, die Lektion habe ich gelernt", etwas in seinem Blick verändert sich.
"Bis heute abend"

Damit steige ich aus.
Ich hoffe Julie ist noch nicht wach.
Aber normalerweise ist sie auch nicht so eine Frühaufsteherin wie Avery und Adrian.

Als ich die Wohnung betrete, schläft Julie tatsächlich noch.

Die Zeit nutze ich, um ins Bad zu huschen.
Ich muss endlich diese Berührungen von mir waschen.

Nahezu gewaltsam versuche ich die blauen Flecken überall auf meinem Körper wegzuschrubben. Aber es funktioniert einfach nicht.

Und so muss ich verkrüppelt die Dusche verlassen.
Im Spiegel sehe ich, dass mein Gesicht mindestens genauso verbeult ist.

Noch zwei Pflaster kleben in meinem Gesicht von gestern abend.
Eins über meiner Nase, das andere an meiner Stirn.

Mit einem Satz ziehe ich diese ab und stelle erleichtert fest, dass die Wundheilung bei beiden schon eingesetzt hat.

Ich könnte also beruhigt darüber hinweg schminken.

Und das tue ich auch. Julie soll nichts erfahren.
Mit meinem Ergebnis zufrieden suche ich mir anschließend recht bedeckte Klamotten aus, meine alten werfe ich geradewegs in den Müll.
Nie wieder könnte ich das tragen.

BABEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt