28

143 4 0
                                    

Die ganze Fahrt über haben wir gestern nicht geredet.
Auch in der Schule habe ich jeglichen Blickkontakt mit Adrian gemieden.

Nicht, dass wir sonst so viel interagieren würden, aber eine Person bewusst meiden, ist dann doch was anderes.

Ich sage nicht, dass ich richtig reagiert habe, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr Verhalten auch nicht richtig war.
Aber was ist schon richtig und was falsch?

Normalerweise würde ich das mit Julie ausdiskutieren.

Oder zur Not auch mit Sarah oder Van.
Aber das kann ich nicht.
Und so sitze ich jetzt hier im Cafe mit den beiden und muss ihnen mein perfektes Liebesleben vorgaukeln.

"Und wie weit geht's so bei euch", fragt Van Augenbrauen wackelnd.
"Ich befürchte ich weiß nicht wovon du sprichst", lenke ich falsch grinsend ab und trinke einen Schluck von meinem Kakao.

"Ach komm schon", Van zappelt leicht.
"Wir wissen ja wie prüde du bist", dafür kassiert sie einen Schlag von mir. "Aber wir wissen auch wer fucking Nathan Morgige ist"

"Naja", ich zögere. Welches Bild schafft Nathan.
"Er respektiert mich voll und ganz und er weiß auch, dass ich Jungfrau bin. Also wir hatten noch keinen Sex", erkläre ich und senke meine Stimme.

"Aber...", fragt Sarah und lehnt sich vor, während ich mich zurücklehne.

"Eine Frau schweigt und genießt", grinse ich.

"Ach Liv", seufzt Van.
"Aber krass, so hätte ich Nate nicht eingeschätzt. Das zerstört mein schlechtes Bild von ihm"

Ich lächle schwach.
"Hast du vor mit ihm zu schlafen?", fragt Sarah.

Ich seufze.
"Nicht nach zwei Wochen", ich lehne mich nach vorn.
"Aber er ist schon verdammt heiß", die beiden beginnen laut loszulachen.

"Ich befürchte die heiligen Jungfrauen verlieren bald ein Mitglied", lacht Van.
"Ich befürchte auch", lache auch ich, aber in Wahrheit lässt mir das Thema auch den ganzen restlichen Tag keine Ruhe.

Ich bin nicht aus irgendeiner Überzeugung heraus Jungfrau.

Ich wollte nur irgendwie immer, dass mein erstes Mal was besonderes ist.
Dass ich mich wohlfühle und, dass es, zumindest in dem Moment, der richtige ist. Das richtige ist.

Umso mehr hoffe ich, dass Nathan nicht auf dumme Ideen kommt.

Denn er erfüllt nichts davon.

"Warst du den ganzen Tag zuhause?", frage ich Julie, als ich schon um 8 von der Arbeit komme, die ich nach meiner Verabredung mit Van und Sarah angetreten habe und jene mit einem alten Buch in der Hand auf der Couch vorfinde.

"Hm", es scheint als hätte ich sie gerade aus ihrer Welt gerissen.
"Achso, ja", antwortet sie dann aber doch noch, bevor ich meine Frage wiederholen kann.

"Warst du diese Woche überhaupt mit deinen Freunden draußen", frage ich nach, während ich ein Fenster öffne und mir die laue Abendluft entgegenströmt.

Sie schüttelt nur mit ihrem Kopf.
Zweifelnd schaue ich sie an, sie hebt ihren Kopf allerdings nicht.

"Hast du Stress mit denen?", frage ich nach und bleibe am Fenster stehen.

Wieder schüttelt sie den Kopf.
"Viel zu tun"

Besorgt mustere ich sie.
Sie scheint das zu merken und schaut mir entgegen.

Sie lächelt mich an.
Ich kenne dieses Lächeln.
Es ist unaufrichtig und erzwungen.

"Julie was ist los?", frage ich mit ruhiger Stimme und komme auf sie zu.

BABEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt