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Mit bebendem Kopf wache ich auf.
Kurz brauche ich, um mich zu finden.

Ich sitze im Auto.
Auf einer Rückbank, mein Blick schnellt nach vorn, was alle Lichter tanzen lässt.

Doch sobald ich Nathan dort sitzen sehe, verblasst alles und die Erinnerung an das, was er mit mir gemacht hat prassen auf mich ein.

"Ah babe, du bist wach", er sieht mich durch den Rückspiegel an.
"Wie komm ich hierher?", meine Stimme ist noch ganz heiser.

"Du hast etwas zu viel getrunken. Ich habe den Jungs gesagt ich fahre dich nachhause", erklärt er lächelnd.

"Verarsch mich nicht Morgige. Nur weil sich Julie nicht an ihre Vergewaltigung erinnern kann, gilt das nicht für mich", sage ich kalt.

Er macht eine Vollbremsung, sodass mein Kopf gegen den Sitz vor mir prallt, was meine Kopfschmerzen nur verschlimmert.

"Das war keine Vergewaltigung. Ich habe dich nicht gefickt", brüllt er und ich zucke zusammen.

"Red dir das bloß ein", am liebsten würde ich ihn anspucken. Nein, am liebsten würde ich ihn umbringen.

"Du bist meine Freundin, das ist der Deal", brüllt er weiter.
"Und wenn du dich nicht so verhältst, dann muss ich dich bestrafen. Anders hörst du ja nicht", ich will das alles nicht mehr.

"Also, benimm dich ab jetzt einfach und ich muss dir nichts antun", lächelt er.
"Aber wenn du meinst, aus unserer Vereinbarung aussteigen zu wollen... die Nachricht mit den Bildern von Julie habe ich schon in den Entwürfen. Und die passenden Posts auch"

Ich weiß wie ernst er das meint.

Vielleicht ja nur bis Schuljahresende.

Vielleicht wird alles gut, wenn ich mich einfach verhalte, wie es ihm passt.
Dann brauch ich mich nicht wieder so fühlen, wie ich es jetzt tu.
Ich will mich nie wieder so fühlen.

"Na schön", ich presse meine Zähne aufeinander.
"Aber ich kann das gerade nicht. Ich werde jetzt aussteigen, dann werde ich nachhause laufen, schlafen und wenn wir uns am Montag wieder sehen, ist alles vergessen, was heute passiert ist", schlage ich bestimmt vor.

Kurz schaut er aus dem Fenster.
Bitte werd nicht böse.

Er hat getrunken und fährt Auto.
Er hat mich vergewaltigt und erpresst mich mit der Vergewaltigung meiner Schwester.

Ich kann nicht mit ihm in einem Auto sitzen.
Nicht jetzt gerade.
Nicht jetzt, während mein Körper sich anfühlt, als würde er in tausend Teile zerspringen.

Ich weiß nicht ob es daran liegt, dass er mich zusammengeschlagen hat oder an der inneren Leere.
Aber es tut weh.

"Na schön", willigt er ein und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Er entriegelt die Tür und ich steige aus.
Schwankend fährt er los, fängt aber die Spur doch noch.

Ich wäre nicht traurig, wenn er den Weg nachhause nicht schafft.

Aber den Weg nachhause schaffe ich gerade auch nicht.
Ich kann mit dieser Schande nicht unter dem selben Dach wie Julie schlafen.

Sie soll mich so nicht sehen.
Ich schaue an mir herunter.

Ich trage eine sperrlich zugeknöpfte Bluse, durch die man meinen BH blitzen sieht, meinen Rock und zum Glück einen neuen Tanga, von dem ich garnicht wissen will, woher er stammt.

Ich schlüpfe aus meinen hohen Schuhen und mache mich barfuß auf den Weg.
Ohne Ziel irre ich umher, bis mich meine Füße an den Hafen tragen.

Ich sehe durch die alten, matten Industriefenster noch leichtes Licht fallen und ohne den Kopf dazu zu haben nachzudenken, gehe ich einfach auf die Boxhalle zu.

Draußen stehen noch ein paar alte Biker im Kreis und rauchen.
Ohne zu fragen nehme ich einem die Zigarette aus der Hand und rauche sie einfach weiter.

Als er mich ansieht, habe ich meine Blick schon von ihm gewendet und gehe weiter, dennoch sagt er nichts dazu.

Mit meinem gesamten Körpergewicht lehne ich mich gegen die schwere Eingangstür, die nachgibt und mir Eintritt gewährt.

Sasha steht noch hinterm Tresen, allerdings mit dem Rücken zu mir, da sie gerade noch den Kühlschrank sortiert.

Ich spaziere einfach weiter in einen Gang hinein, dem ich folge.
Ich merke, dass ich meinen Beinen auch nicht wirklich mehr vertrauen kann.

Eigentlich habe ich das Gefühl, ganz unabhängig von meinen Verletzungen, mir nicht mehr trauen zu können.

Intuitiv entscheide ich mich dafür, eine breite Tür in diesem Gang zu öffnen.
Und tatsächlich, kaum bin ich hindurch getreten, da stehe ich in der großen Halle, in der auch der Boxring steht. Und an dessen Fuß sitzen tatsächlich 4 lachende Gestalten, alle mit einem Getränk in der Hand.

Ich gehe einfach auf sie zu, was soll schon passieren.
Erst als die Tür hinter mir ins Schloss fällt sehen sie zu mir auf.

"Liv?", das ist Adrian.
"Was machst du hier?", er steht auf.

"Oh Gott was ist denn mit dir passiert", schnellen Schrittes eilt er auf mich zu.
Als er vor mir steht lasse ich mich einfach nach vorne Kippen und stütze meinen Kopf an seine Brust.

Kurz bleibt er einfach stehen und legt unbeholfen einen Arm schützend über meinen Nacken.

Dann packt er mich vorsichtig bei den Schultern, was mich zusammen fahren lässt.

Ich blicke zu ihm hoch und er zieht erschrocken die Luft ein.
Auch die anderen drei, wie sich rausstellt Calvin, Henry und Marc kommen näher.

"Komm wir bringen sie in eine der Kabinen. Calv hol das Verbandszeug", weist Henry an.

Ich ziehe einfach nochmal an der Kippe ohne mich zu regen.
Diese wird mir dann auch sofort von Marc abgenommen, der sie einfach auf dem ohnehin schon dreckigen Boden austritt.

Ich schenke dem ganzen aber garkeine Beachtung.

BABEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt