Kapitel 1

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"Alice!!", hörte sie die laute Stimme ihres Vaters poltern. Müde rieb sich das kleine Mädchen ihre großen braunen Augen. Sie setzte sich in ihrem Bett etwas auf und streckte sich, dann blickte sie aus dem Fenster und beobachtete einen kleinen Vogel, der auf ihrem Balkon saß und fröhlich zwitscherte. "Alice!! Du kleine Göre, komm endlich frühstücken! Dein Musiklehrer kommt gleich!!!", dröhnte die Stimme ihres Vaters erneut durch die Türe. Mit einem Seufzer stand Alice auf und setzte sich vor ihren Spiegel. Sie nahm ihre Bürste in die Hand und versuchte das Nest auf ihrem Kopf zu bändigen. Sie band ihr Haar zu einem Zopf zusammen und zog sich schnell ihr Lieblingskleid an. Es war rot, mit kleinen Stickereien von unterschiedlichen Tieren darauf. Alice hatte es damals von ihrem Kindermädchen zum Geburtstag geschenkt bekommen. Wie sehr sie doch die Frau vermisste! Schnell schlüpfte sie in ihre Schuhe und machte sich auf den Weg in den Speisesaal, wo ihre Eltern schon ungeduldig auf sie warteten. Wie jeden Morgen nahm Alice gegenüber von ihrem Bruder, direkt neben ihrer Mutter, Platz. "Da bist du ja endlich, du sollst doch morgens nicht immer so trödeln! Du weißt, ich kann das nicht leiden", tadelte ihr Vater. "Ja Sir", sagte Alice und unterdrückte es, mit den Augen zu rollen. "Dein Musiklehrer ist in 15 Minuten hier, also los iss schnell auf und mach dich bereit", erklang die Stimme ihrer Mutter, die sie zum ersten Mal an diesem Tag hörte. Sie würdigte sie keines Blickes. "Ja Mutter", sagte Alice und schluckte einen Seufzer hinunter. Schnell aß sie ihr Butterbrot auf und verschwand dann wieder in ihr Zimmer. Sie ging zu ihrem Schrank und holte ihre Querflöte heraus. Sie liebte dieses Instrument, weil es in ihren Ohren fast so klang, wie das Zwitschern der Vögel. Alice öffnete ihre Balkontür und trat hinaus. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht und auf den Straßen herrschte bereits reges Treiben. Sie beobachtete die Menschen, die auf der Straße gingen, und wünschte sich nichts sehnlicher, als auch einfach hinunter zu gehen, um mit diesen Menschen zu reden. "Alice dein Lehrer ist da!!", hörte sie ihren Vater rufen, bevor er klangvoll die Türe ins Schloss haute. Kurz darauf vernahm Alice ein Klopfen an ihrer Türe, "Herein", sagte sie höflich mit einem Lächeln im Gesicht. "Hallo Alice, hast du denn fleißig geübt?", fragte Mr. Collins mit einem leichten Lächeln. "Ja habe ich und sie werden mich vielleicht für etwas verrückt halten, aber ich hätte schwören können, dass ein paar Vögel mitgesungen haben und sogar ein Hund anfing mitzuheulen", erzählte sie mit einem Strahlen in den Augen. "Das ist schon gut möglich, Tiere haben manchmal ein viel besseres Gehör, als die meisten Menschen heutzutage. Aber nun fangen wir an." Und so spielten sie den ganzen Vormittag die verschiedensten Stücke, doch so schnell und schön es begonnen hatte, so schnell war es auch wieder vorbei. "So meine Liebe, ich muss schon sagen du wirst mit jedem Mal besser und ich freue mich schon auf unsere nächste Stunde in 2 Wochen", sagte der ältere Herr mit einem breiten Grinsen im Gesicht. "Erst in 2 Wochen?", fragte Alice traurig. "Ja meine Kleine, ich bin leider in den nächsten Tagen in Schottland bei meinen Verwandten, die noch lebendig sind, zu Besuch.", erklärte Mr. Collins und tätschelte das kleine Mädchen am Kopf. "So alt sind Sie nun auch wieder nicht Mr. Collins.", sagte Alice und schenkte ihm ein ehrliches Lächeln, das sie ihrer Familie schon lange vorenthielt. Der ältere Herr packte sein Instrument und seine Noten zusammen und verließ das Zimmer. Alice ging auf den Gang und sah sich um. Wie es aussah, war ihr Vater schon in der Arbeit und ihre Mutter ausgegangen. Eins der Hausmädchen wollte gerade an ihr vorbeigehen, als Alice sich ihr in den Weg stellte, "Verzeihung können Sie mir bitte sagen, wo mein Bruder und meine Mutter sich befinden?" "Aber natürlich, ihre Mutter und ihr Bruder sind einkaufen gegangen und werden nicht vor 5 Uhr wieder hier sein", sagte das Dienstmädchen und zwinkerte ihr zu. "Danke!!", sagte Alice schnell und lief den Gang hinunter zum Hinterausgang. Sie öffnete die Türe und lief durch den Garten zum Zaun. Sie ließ den Blick einmal nach links und einmal nach rechts schweifen, bevor sie über den Zaun kletterte und das Haus der Nachbarn ansteuerte.


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