Kapitel 5

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Völlig geschockt rührte sich Alice keinen Millimeter, sie wagte es auch kaum zu atmen. Wie gebannt sah sie in die zwei Augenpaare, die ihr in den letzten 3 Jahren immer wieder begegnet waren und nun wusste sie auch wieso ihr diese Augen immer so animalisch vorkamen. Sie gehörten zu einem riesigen Wolf, mit bernsteinfarbenen Augen und dunkelblondem Fell. "Du bist Alice nicht wahr?", hörte sie plötzlich die Stimme eines jungen Burschen sagen. Erschrocken blickte sie das Tier an:" Wieso verstehe ich dich und woher kennst du mich?", "Ich hab dich damals vor 3 Jahren im Wald gesehen, als du den Hirsch gerettet hast. Seit dem habe ich ab und zu nach dir geschaut, weil du einfach anders warst als die anderen Menschen und ich dich interessant fand. Sag wovor rennst du weg und wieso riechst du nach Blut und Angst?" Bevor Alice antworten konnte hörte sie wieder ihren Vater brüllen:"ALICE!! Komm sofort heraus, ansonsten ertränke ich dich im nächsten See den ich finde!!" Voller Panik stand Alice auf und wollte weiterlaufen, doch der Wolf stellte sich vor sie hin und sagte:" Schnell klettere auf meinem Rücken, ich bringe dich von hier weg, ich bringe dich in Sicherheit, versprochen." Sie überlegte kurz, sollte sie ihm wirklich vertrauen oder wollte er sie nur woanders hinbringen und fressen? Obwohl, ob sie jetzt gefressen oder von ihrem Vater ertränkt wird, da war die erste Aussicht doch eine bessere. Sie nickte und kletterte auf den Rücken des riesigen Tieres. Sobald sie oben saß stellte sich das Tier zu seiner vollen Größe auf, schüttelte sich und machte sich bereit zum Loslaufen. Sie blickte ein letztes Mal zurück und was sie sah zerriss ihr das Herz. Sie sah Thomas oberhalb der Böschung stehen und hörte ihn noch ihren Namen rufen, bevor sich das Tier unter ihr in Bewegung setzte.
Thomas traute seinen Augen kaum, nachdem er die Verfolgung aufgenommen hatte, ist er einen etwas anderen Weg gelaufen um ihren Vater nicht in die Quere zu kommen, der in gewissen Abständen nach ihr rief und ihr alle möglichen Tode androhte, ihm wurde schon schlecht vom zuhören. Doch diese Drohungen stachelten ihn an noch schneller zu laufen, damit seiner Alice bloß nichts passierte. Auf einmal hörte er ein Rascheln und etwas was so ähnlich klang, als würde jemand einen Hang hinunter rutschen. Er rannte in die Richtung in der er glaubte die Geräusche wahrgenommen zu haben. Als er nach einer Zeit des Suchens endlich die vermutete Böschung erreicht hatte, blieb ihm die Luft weg, Alice saß auf einem riesigen und hellen Wolf. Sie drehte sich nochmal zu ihm um und sah ihm in die Augen, er rief sie bei ihrem Namen, doch bevor er reagieren konnte war das Tier mit ihr auf den Rücken in den Wald verschwunden. Hatte er sie jetzt für immer verloren? Er hatte das Gefühl als hätte man ihm das Herz aus der Brust gerissen, völlig erschöpft sackte er zusammen, am liebsten hätte er einfach um sich geschlagen und seine Verzweiflung heraus geschrien. In diesem Moment hasste er ihren Vater mehr als irgendeinen anderen Menschen auf dieser Welt, wenn er nicht wäre, hätte Alice keine so schreckliche Kindheit gehabt, sie hätten sich viel öfter sehen können und sie wäre jetzt nicht von einem riesigen Wolf entführt worden. Völlig verstört richtete er sich auf und ging gedankenverloren zurück zu seinem Anwesen. Er hoffte nur, seine Kleine wäre in nicht noch größerer Gefahr und eines war sicher, er würde sie wiederfinden, egal wie lange es dauern würde. 
Alice klammerte sich fest in das Fell des riesigen Tieres, welches mit erstaunlicher Geschwindigkeit durch den Wald rannte. Thomas Blick zerriss ihr Herz in zwei Teile, sie wusste nicht ob sie ihn jemals wiedersehen würde oder wo ihre Reise sie jetzt hin verschlagen würde, aber sie war einfach nur erleichtert ihrem Vater entkommen zu sein. "Hast du auch einen Namen?", fragte sie den Wolf, dieser drehte den Kopf leicht in ihre Richtung und antwortete:"Meine Name ist Seth.", "Und wo kommst du her?", "Ich komme aus Hamshire, ab und zu macht aber jeder aus unserem Rudel einen Alleingang.", "Du hast ein Rudel?", "Haben nicht, ich und meine Schwester Lynn gehören nur einem an, unsere Anführerin heißt Snow, dann gibt es noch ihren Gefährten Shadow, die Zwillinge Corey und Lorey, Paul und dann noch Eric.". Alice staunte nicht schlecht:"Und du bringst mich jetzt zu ihnen?", "Ja das wäre der Plan, weil zurück zu deinem Vater kann ich dich schlecht bringen, der ist ja ein Monster.", "Okay aber eine Frage hab ich noch, wieso kann ich dich eigentlich verstehen?", "Wie dir sicher schon aufgefallen ist, bin ich etwas größer als ein normaler Wolf, das liegt daran, dass meine Rasse so etwas wie die Hüter des Walds und deren Bewohner sind, wir verstehen jedes einzelne Tier und sprechen auch deren Sprache, so auch eure." Sie war völlig perplex, merkte aber wie sehr sie ihre Flucht doch erschöpft hatte, eher sie genauer die Information überdenken konnte, war sie auch schon eingeschlafen.
Seth richtete seinen Blick wieder nach vorne, er hatte keine Ahnung wie er Snow nun erklären sollte, dass er mit einem Menschen plötzlich bei ihnen auftauchen würde. Wahrscheinlich wird sie ihn zwingen sie wieder fortzuschicken, aber er könnte das nicht übers Herz bringen sie wieder ihrem Schicksal zu überlassen. Ihr Vater war ein grausamer Mensch, das ist ihm schon vor 3 Jahren zum ersten Mal aufgefallen, als Alice damals das Leben des Hirsches gerettet hatte, am liebsten hätte er diesen Menschen die Kehle aufgerissen, als er die Hand gegen seine Tochter erhoben hatte. Seit diesem Tag hatte er immer wieder ein Auge auf sie gehabt, wenn sein Weg wieder nach London geführt hatte. Auch heute bei diesem seltsamen Fest hatte er sich kurz näher an die Straße getraut und konnte so einen kurzen Blick auf sie erhaschen, er hätte aber nie gedacht, dass sie ihm heute noch vor die Schnauze laufen würde und er plötzlich zum Held des Tages wird. Er lief jetzt schon eine ganze Weile, das Mädchen schien auf seinem Rücken eingeschlafen zu sein, er roch schon den vertrauten Geruch seiner Heimat und sah schon die ersten bekannten Waldstellen. Er verlangsamte seine Schritte und schlich nun langsam zu dem Ort, wo er und sein Rudel schliefen. Er war hinter einem Vorhang aus Efeu versteckt. Seth sprang hindurch, schritt durch den dunklen Gang und fand sich schon bald in ihrer Grotte wieder. Als er näher kam, richtete Snow sich von ihrem Schlafplatz auf, sprang hinunter und kam vor Seth zum stehen. "Seth was ist das da auf deinem Rücken?", knurrte Snow bedrohlich, er machte einen Schritt Rückwärts und bemerkte nun den Rest der einen Halbkreis um ihn bildete. "Snow weißt du noch das Mädchen vor 3 Jahren von dem ich dir erzählt habe?", "Moment wie hieß sie nochmal. Alice?", "Ja genau, die mit der schrecklichen Familie, sie ist heute völlig panisch von einem Fest davon gelaufen, ihr Vater hatte ihr durch den ganzen Wald Morddrohungen nach geschrien, plötzlich rutschte sie eine Böschung hinunter und lag vor mir. Wie es aussah hatte ihr Vater diesmal sehr hart zugeschlagen, denn sie blutete aus der Nase und ich konnte sie einfach nicht zurücklassen." Als er zu Ende erzählt hatte, blickte Snow zu dem jungen Mädchen, sie schlief unruhig und zuckte etwas, an ihrem Gesicht klebte noch immer das getrocknete Blut:"Seth wir können sie nicht hier bei uns lassen, sie ist und bleibt ein Mensch, am besten ist es wenn wir sie in das Dorf bringen." "Bitte schickt mich nicht zurück zu den Menschen", alle Köpfe wandten sich nun Alice zu, die auf unsicherem Fuß vor dem riesigen Rudel stand. "Ich möchte hier bei euch bleiben, keiner der Menschen liebt die Natur und ihre Bewohner mehr als ich, ich möchte euch helfen diesen Schatz vor den meines Gleichen zu bewahren.", "Ist dir bewusst, dass du dann alles aufgeben würdest, was dir bekannt ist, deine Familie, deine Freunde, deine Heimat und du müsstest dich unserem Lebensstil anpassen." "Ich bin bereit dafür, nur lasst mich einfach bei euch bleiben.", sagte Alice und versuchte den Stich in ihrem Herzen zu vergessen, da ihr bewusst wurde, was sie noch aufgeben würde. "Nun gut du kannst bei uns bleiben, aber wir müssen etwas zum anziehen für dich finden, weil mit dem Kleid fällst du zu sehr auf und wirst Probleme haben mit uns mitzuhalten.", "Hey haben wir nicht noch diesen schwarzen Stoff, den die Zwillinge früher als Decke verwendet haben?", "Stimmt, den hatte ich ja komplett vergessen, Alice kannst du nähen?", "Ja kann ich, ich hab sogar Nadel und Faden dabei.", schon hob Alice ihr Kleid an und entblößte ein kleines schwarz-rotes Strumpfband an dem ein Nadelkissen befestigt war. "Lynn zeig ihr den Stoff, der Rest kann sich schlafen legen und morgen schauen wir weiter.", entschied Snow und jeder legte sich wieder hin, bis auf Lynn, die Alice in eine kleine Höhle führte und ihr zeigte wo der Stoff lag. Es war eine große schwarze Decke aus etwas dickerem Stoff wo sie mindestens 5-mal reingepasst hätte:"Werden die Zwillinge ihre Decke nicht vermissen?", "Keine Sorge, die hatten sie nur als sie noch klein waren jetzt kuscheln sie einfach miteinander" Beim Wort klein musste Alice leise lachen und auch Lynn zeigte Andeutungen von einem Grinsen. "Ich werde jetzt schlafen gehen, falls du etwas zum Schneiden brauchst, da hinten liegt ein Messer, Gute Nacht", sagte Lynn und verschwand aus der Höhle. Der Mond schien hell und erleuchtet die komplette kleine Höhle, sodass Alice ohne Mühe alles sehen konnte. Fast die ganze Nacht schnitt und nähte sie,  bis die Sonne aufging.
Snow kitzelten die ersten Sonnenstrahlen an der Schnauze, sie öffnete ihre Augen, streckte sich und gähnte einmal herzhaft, wobei ihre prächtigen Fangzähne im Licht glänzten. Sie entschied sich nach dem Mädchen zu sehen und trabte Richtung Höhle, doch bevor sie auch nur eine Pfote reinsetzen konnte, kam ihr Alice schon entgegen. Sie hatte zwar fast die ganze Nacht gebraucht, hatte es aber geschafft den Stoff in eine lange eng anliegende Hose zu verwandeln. Für oben hatte sie ein kurzes Shirt genäht, mit langen Ärmeln, leichten V-Ausschnitt, welches ab der Hälfte ihrer Rippen wieder aufhörte, den Bauch hatte sie freigelassen, endlich konnte sie mal in einem Gewand richtig durchatmen. "Gar nicht mal so schlecht.", schnurrte Snow und Alice lächelte. "Komm steig auf, ich zeige dir deine neue Heimat und danach können wir anfangen.", "Womit anfangen?", "Na mit deinem Training." Alice grinste und kletterte auf den Rücken der weißen Wölfin, diese zeigte ihr nun ihr neues Leben.

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