Kapitel 19

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Völlig regungslos blickte er auf die vor ihm liegende Wölfin. Er hätte schwören können, sie hätte gerade mit ihm geredet! "Ich wusste, man kann euch Menschen nicht trauen!", dieser Satz hatte sich in seinem Kopf eingebrannt. Sie dachte wohl er hätte sie verraten und an die Menschen verkauft. Er spürte Collins Hand an seiner Schulter und blickte in die mitfühlenden Augen seines Bruders. "Nun gut, packt das Tier auf den Karren, damit wir sie in unser Dorf bringen können, bevor es aufwacht!", vernahmen die Brüder Jonathans Stimme hinter sich. "Können sie mir bitte sagen, was das hier zu bedeuten hat?", schaltete sich nun Collin ein. "Wir im Dorf hatten genug davon in Angst vor diesen Bestien zu leben. Sie halten uns von der Arbeit ab und greifen uns an, wenn wir das Land betreten, das uns gehört. Das müsste doch auch in ihrem Interesse sein, nicht wahr Mr. Carrington?", antwortete Jack mit einem Lächeln im Gesicht. "Aber natürlich.", antwortete Collin mit ruhiger Stimme. Thomas sah ihn entsetzt an und bevor er etwas sagen konnte flüsterte sein Bruder:" Spiel mit! Wir müssen so tun, als ob wir auf ihrer Seite wären." Sofort schloss der Jüngere den Mund. "Was macht ihr Bruder eigentlich hier im Wald, sie sagten doch er wäre in London?", meldete sich Jack erneut. "Ich bin früher wieder hergekommen, um mich etwas im Wald umzusehen und damit ich nicht gestört werde, hielt ich mein Wiederkommen unter Verschluss." Die Männer murmelten leise etwas, während sie versuchten die bewusstlose Wölfin auf ihren Karren zu heben. Thomas sah sich um, er bemerkte die Blicke einiger kleinen Waldbewohner und hörte wie sich etwas aus den Bäumen erhob. Er ahnte um wen es sich handelte. Still schweigend drehte er sich um und folgte der Männertruppe zurück ins Dorf.
"Shadow!!", der schwarze Wolf hob seinen Kopf. "Falco! Du bist ganz außer Atem, was ist denn los?", "Die Menschen aus dem Dorf! Sie haben Snow, sie haben sie erwischt!", beendete der Vogel seine Erzählungen. Shadow starrte das Tier vor sich an. "WIE BITTE?!", schrie Shadow, so das das ganze Rudel in Aufruhr geriet. "Was ist denn los?", fragte Alice vorsichtig und legte ihre Hand auf die Schulter des schwarzen Wolfes. "Die Menschen aus dem Dorf, sie haben Snow erwischt.", "Wie ist das passiert?", "Naja sie war mit diesem Thomas unterwegs, dann trafen sie auf den Bruder von ihm, anscheinend hat er nach Thomas gesucht. Während sie redeten wurde Snow angeschossen und da lag sie auch schon im Gras.", erklärte Falco. "Dieser Mensch hat sie verraten!", knurrte Shadow. "Das würde er niemals tun!", verteidigte Alice ihren Freund. "Wir hätten ihm nicht vertrauen dürfen, Snow hatte Recht. Alice ab jetzt wirst du ihn nicht mehr wieder sehen! Vergiss nicht zu wem du gehörst!", erhob Shadow seine Stimme bedrohlich. Völlig entgeistert sah sie ihm in die Augen, Tränen liefen ihr die Wange hinunter und sie hatte alle Mühe nicht laut zu schluchzen. "Das kannst du mir nicht antun!" schrie sie ihm ins Gesicht, drehte sich um und rannte aus der Grotte hinaus in den Wald. "Lass sie Shadow. Sie ist nur sehr mitgenommen, die Nachricht ist für uns alle ein Schock. Sie wird wieder kommen.", versuchte Corey den aufgebrachten Shadow zu beruhigen. Dieser atmete laut aus und wandte sich an Falco:"Du fliegst ins Dorf und suchst nach Snow. Sie soll uns Bescheid geben wie wir uns weiterhin verhalten sollen und was die nächsten Schritte sein werden. Zum Morgengrauen bist du wieder hier." Falco nickte und erhob sich schwungvoll in die Lüfte. "Nun gut wir werden abwarten bis Falco morgen wieder hier ist, bis dahin schont eure Kräfte und ruht euch aus.", damit legte sich Shadow auf seinen Schlafplatz und platzierte seinen Kopf auf dem kalten Stein. Seit Jahren spürte er nun den kalten Felsen unter seiner Schnauze und nicht den Kopf seiner geliebten Gefährtin. Seine Gedanken schweiften zu Snow, er hoffte es würde ihr nichts geschehen, genauso wenig wie Alice, hoffentlich würde sie bald wieder kommen. Schon bald spürte er wie seine Augen schwer wurden und bald umgab ihn völlige Finsternis.
Um sie herum war es schwarz, nur dumpf nahm sie einige Stimmen war, die sie nicht deuten konnte. Langsam öffnete sie ihre Augen und erblickte Gitter vor sich, so wie ihr völlig unbekannte Menschen. "Na wer ist denn da aus dem Traumland erwacht?", vernahm sie die Stimme eines Mannes, der ihr direkt in die Augen sah. Ein lautes Knurren verließ ihre Kehle und ließ einige Männer vom Käfig zurückschrecken. "Hältst du es für richtig den Wolf gefangen zu halten Jack?", fragte ein Mann der nach Angst erbärmlich stank. Jack hieß also der Mann der sie hier reingesteckt hatte. Wieder knurrte sie laut und funkelte die Gruppe böse an. "Aber natürlich halte ich es für eine gute Idee! Immerhin haben wir jetzt etwas gegen das Rudel in der Hand, sie werden es nicht riskieren einen ihrer Leute zu verlieren.", als Antwort stellte sich die weiße Wölfin auf und fing an lauthals zu heulen. Kurze Zeit später antwortete das Rudel ebenfalls mit lautem Geheul. "Jack! Ich hoffe dein Plan geht auf!", "Jetzt seid nicht solche Angsthasen! Wenn wir jetzt Schwäche zeigen, haben uns diese Bestien wieder genau da wo sie es wollen. Am besten wir ziehen uns alle erst mal zurück, immerhin hatten wir heute eine erfolgreiche Jagd.", beruhigte Jack die anderen Männer, bevor er lachend sich umdrehte und seines Weges ging, so wie die anderen Männer. Snow legte sich wieder hin und ruhte ihren Kopf auf ihren Pfoten aus. Da landete jemand vor ihrem Käfig. "Snow", begrüßte Falco die Gefangene. "Falco! Was bringst du mir für Nachrichten?", "Shadow ist ziemlich wütend auf den Menschen den wir aufgenommen habe. Er hat sogar Alice verboten ihn zu treffen, aber sie hat ihn nur angeschrien und ist abgehauen.", "Alice hat Shadow angeschrien?", "Ja, sie war ziemlich aufgebracht und hatte Tränen in den Augen.", "Ich wusste dieser Mensch würde nichts Gutes bedeuten.", "Shadow fragt nun wie die nächsten Schritte deiner Meinung nach aussehen.", "Das Rudel soll die Waldbewohner versammeln und auf einen Kampf vorbereiten. Wie es aussieht werden wir um einen Kampf nicht herum kommen.", "Snow kann ich dir noch eine Frage stellen?", "Ja, was willst du wissen?", "Hat dich der Mensch verraten?" Snow dachte nach, sie versuchte den Nachmittag zu rekonstruieren. Eigentlich hatte Thomas nicht so gewirkt als hätte er Bescheid gewusst, er war mindestens genauso erschrocken wie sie und zog ihr auch etwas aus dem Fell. Ob sie ihn doch zu früh verurteilt hatte? "Falco, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Er hatte sich genauso erschrocken wie ich und zog mir etwas aus dem Fell, was wohl dafür sorgte, dass ich mein Bewusstsein verlor.", "Hm. Verstehe. Ich hoffe, ihr habt euch nicht in dem Menschen getäuscht.", und damit erhob sich der Falke in die Lüfte. Snow hoffte ebenfalls, dass sie sich nicht in dem Menschen getäuscht hatte.
Die Brüder standen in der Nähe des Anwesens, seit die Männer Snow in einen Käfig am Marktplatz gesperrt hatten, sprach Thomas kein Wort. Schweigend betraten beide das Anwesen und rannten gleich darauf Mirabelle in die Arme. "Mr. Carrington! Was machen sie denn wieder hier?", bevor der Jüngere antworten konnte, plapperte Collin sofort los. "Er ist wieder zurück aus London und sehr erschöpft, wenn er dürfte, würde er sich gerne in sein Gemach zurück ziehen." Thomas schwieg immer noch betreten. "Aber natürlich! Ich werde nur Vater Bescheid geben, damit er sich morgen beim Frühstück nicht erschreckt.", und damit verließ sie beide Männer wieder schnellen Schrittes. Thomas ging immer noch ohne ein Wort zu sagen in sein Gemach und ließ seinen Bruder einfach stehen. Er setzte sich auf das Bett und legte seinen Kopf in seine Hände. Erst jetzt reagierte sein Körper mit heftigen Zitteranfällen und unfassbare Wut kam in ihm auf. Am liebsten hätte er alles kurz und klein geschlagen, aber selbst das hätte seinen Zorn nicht besänftigen können. Plötzlich hielt er es in dem Zimmer nicht mehr aus, er hatte das Gefühl, dass die Wände näher kamen und ihm die Decke in jedem Moment auf den Kopf fallen würde. Er stand auf, öffnete die Türe, streckte seinen Kopf in den Flur, um zu überprüfen, dass niemand mehr zu so später Stunde wach war. Auf leisen Sohlen schlich er sich aus dem Haus hinaus in den Garten, wie automatisiert steuerte er den Pavillon an und setzte sich, so wie am ersten Tag auf die kleine Bank. Er legte den Kopf zurück und schloss seine Augen, doch die Szene von heute Nachmittag spielte sich immer wieder vor seinem geistigen Auge ab. Er fragte sich, ob das Rudel schon Bescheid wusste was los war oder sie jetzt verzweifelt nach ihr Suchen würden. Wahrscheinlich ersteres, da Falco so gut wie nichts entging. Am liebsten würde er zurück zur Grotte laufen, doch bei dieser Dunkelheit, würde er den Weg niemals finden. Seine Gedanken schweiften wieder zu Alice, wie sie die Nachricht wohl aufgenommen hatte? Er hoffte sie würde ihm nicht böse sein, wenn er heute nicht auftauchen würde, doch die Menschen waren einfach zu misstrauisch geworden. Um ihm und seinem Bruder Probleme zu ersparen, ist er brav wieder ins Dorf mitgegangen, um den Schein aufrecht zu erhalten, dass auch er auf ihrer Seite war. Am Weg durch den Wald, fielen Thomas die fielen Waldbewohner auf, die fassungslos auf den Karren starrten, als sie Snow darauf erkannten. Auch Koda kam angelaufen und wollte an Thomas hochklettern, doch er schob ihn schweren Herzens beiseite, damit ihn die anderen nicht bemerkten und sagte ihm er soll schnell verschwinden. Ein Glück war nur, dass er und Collin das Schlusslicht der Gruppe gebildet hatten. Thomas wusste nicht, was dieser... Jonathan, Jack? Vor hatte, aber er würde versuchen Snow zu befreien und einen bevorstehenden Kampf zu vermeiden, denn dieser würde sicherlich nicht gut enden. Weder für die eine, noch für die andere Seite. Da hörte er ein Rascheln und etwas was sich anscheinend an der Mauer bewegte. Blitzschnell stand er auf und sah im Augenwinkel, wie etwas im Garten landete und anscheinend über die Mauer geklettert war. Leise schlich er sich an dieses Etwas heran. Es schien sich um eine Person zu handeln, doch wer würde um dieser Uhrzeit in einen Garten klettern? Kidnapper? Räuber? Mörder? Seine Gedanken waren auf Verteidigung geschaltet und bevor die Person reagieren konnte, hatte er sie von hinten gepackt und zu sich umgedreht. Da sah er im schwachen Mondlicht nur zwei verweinte große braune Augen. "Alice?", doch bevor er weiter etwas sagen konnte, hatte sie ihre Arme um ihn geschlungen und drückte ihre Lippen auf seine.


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