Sunny brachte Thomas zurück zum Anwesen, verneigte sich und sprang wieder davon. Er hoffte, dass es seiner Alice bald besser gehen würde, am liebsten wäre er bei ihr geblieben, doch er hatte sich schon gedacht, dass die weiße Wölfin nicht einverstanden wäre. Er ging wieder Richtung Haus, sah aber noch einmal in den Himmel, der schon die ersten Sterne zeigte. Kaum war er durch die Tür gegangen, kamen ihm schon die Sheffields entgegen, mit seinem Bruder Collin im Schlepptau. "Mr. Carrington, wo waren sie solange und was ist ihnen passiert?", fragte Mr. Sheffield aufgeregt. "Al... Das Wolfsmädchen ist in eine der Bärenfallen getappt und hatte sich verletzt, deshalb war der Wolf hier. Ich habe sie verarztet und werde morgen wieder nach ihr sehen.", erklärte Thomas kurz und knapp. "Sie wissen schon, dass es sich bei diesem Mädchen um ihre größte Konkurrenz handelt?", fragte Mirabelle skeptisch. "Natürlich ist mir das bewusst, trotzdem werde ich sie nicht hilflos ihrem Schicksal überlassen.", erklärte Thomas, schob sich an ihnen vorbei und verschwand in sein Gemach. Er zog sich um, legte sich in sein Bett und dachte schon an Morgen, wo er seine Alice wieder sehen würde.
Als der Morgen endlich anbrach, sprang Thomas förmlich aus dem Bett. Er zog sich um und machte sich auf den Weg in den Speisesaal. Dort saßen mal wieder die üblichen Verdächtigen. "Guten Morgen", begrüßte er die Runde. "Sie haben aber verdächtig gute Laune.", meinte Mirabelle, die darauf gleich einen tadelnden Blick von ihrem Vater erntete. "Ich weiß gar nicht wovon sie sprechen.", winkte Thomas das Gespräch so schnell wie möglich ab. Er aß eine Kleinigkeit, entschuldigte sich und verschwand durch die Eingangshalle. Vor dem Anwesen wartete Sunny schon auf ihn und begrüßte ihn mit einem kurzen Schnauben. "Hey mein Hübscher.", grüßte Thomas und strich dem edlen Tier über den schlanken Hals. Der Hirsch vor ihm legte sich wieder hin, damit er leichter aufsteigen konnte. Kaum saß er auf ihm, rannte er auch schon los. Er war überrascht, wie leichtfüßig das Tier durch den Wald sprang, ohne über eine Wurzel zu stolpern oder sogar mit dem Geweih in einem Ast hängen zu bleiben. Nach einiger Zeit sah er wieder die Wand aus Efeu, Sunny rannte darauf zu und mit einem eleganten Sprung waren sie auch schon hindurch und befanden sich wieder in der Grotte. Thomas stieg ab und sah sich um, heute war das Rudel nicht vollständig. 3 Wölfe schienen nicht da zu sein und anscheinend war der Eine unter ihnen, der ihn gestern das erste Mal hergebracht hatte. Doch sie war wieder da. Sie lag auf ihrem Felsen und funkelte ihn aus gefährlichen Augen an. "Morgen.", sagte er etwas nervös und bekam nur ein Knurren von dem edlen Tier, das den Blick von ihm abwendete. "So ein Schleimer.", dachte Snow. "Hey wie geht es der Patientin heute?", fragte Thomas und hockte sich vor Alice, die heute wieder zwischen den Zwillingen lag. "Ganz gut, bis auf das dreimalige Übergeben in der Nacht.", lächelte Alice. "Ich werde nun den Verband wechseln und mir kurz die Wunde ansehen.", erklärte Thomas, während er ihr mit einer Schere vorsichtig den Verband abschnitt. "Das sieht schon besser aus als gestern, du musst dich aber noch die nächsten Wochen schonen und ausruhen.", "Na toll ich muss jetzt den ganzen Tag nutzlos rumliegen.", schmollte Alice und verschränkte die Arme vor der Brust. Thomas lachte leise und auch Alice musste grinsen. Da hörte er wie die weiße Wölfin hinter ihm knurrte. "Komm schon Snow, ich möchte mich noch ein bisschen mit ihm unterhalten, immerhin habe ich ihn 6 Jahre nicht gesehen.", reagierte Alice auf das Knurren des Tieres. "Snow heißt sie also aha", dachte Thomas bei sich und sah wie diese den Kopf hoch warf und sich wieder auf ihren Platz nieder ließ. "Normalerweise ist sie nicht so knurrig, aber dich kennt sie halt noch nicht.", versuchte Alice die Situation aufzulockern.
Plötzlich kam Falco vom Himmel geschossen und setzte sich direkt vor Snow hin. "Snow du solltest dich mal wieder im Wald blicken lassen, die Bewohner machen sich schon langsam Sorgen, da du und Shadow nicht eure üblichen Runden geht.", "Das habe ich total vergessen! Shadow komm wir gehen die erste Runde, Lorey und Seth ihr geht die Zweite. Corey du bleibst hier und passt auf Alice auf.", wies Snow ihr Rudel an. Alle nickten und machten sich auf den Weg, Thomas sah Alice nur verwirrt an, da er die ganze Zeit nur ein Knurren vernahm und das Pfeifen des Falken. "Sie machen nur einen Rundgang durch den Wald.", erklärte Alice, während sie es sich auf dem Wolf gemütlich machte. Als alle aus der Grotte verschwunden waren, stand Corey auf und sagte:" Alice, ich gebe euch etwas Zeit zu zweit, ich halte vor unserem Zuhause Wache. viel Spaß!" Und schon war er verschwunden und Alice erntete wieder nur einen verwirrten Blick von Thomas. "Er will uns etwas Zeit lassen und hält draußen Wache.", erklärte sie ihm wieder und klopfte neben sich, damit er sich zu ihr gesellte. Beide lehnten nun gegen den Felsen, auf dem die Zwillinge sonst schliefen. "Alice, wie bist du hier her gekommen? Was ist damals passiert?", stellte er nun die Frage, die ihn schon seit Jahren den Schlaf raubte. Alice schluckte und fing an zu erzählen: "Naja nach dem du weg warst, hat mein Vater mich und Margret erwischt und mir ins Gesicht geschlagen. Margret wollte mich schützen, doch er hat sie einfach weggeschubst. Dann hat er mich am Arm gepackt und angeschrien. In meiner Panik hab ich eine Nadel aus meinem geheimen Nadelkissen genommen, ihm ins Bein gestochen und dann einen Tritt in den Bauch gegeben. Dann bin ich so schnell gerannt wie ich konnte, fiel eine Böschung hinunter und landete vor Seth, der mich von dort wegbrachte, wie du ja gesehen hast. Er brachte mich hier her und Snow meinte, wenn ich bei ihnen bleiben wollte, müsste ich alles hinter mir lassen, so auch dich. Und naja du siehst nun was 6 Jahre später passiert ist." "Wieso hast du dich nicht einmal gemeldet oder ein Lebenszeichen von dir gegeben, ich wurde fast verrückt vor Sorgen.", "Es tut mir so leid! Nur Snow war sehr streng, ich hatte Angst davor wieder zu den Menschen zu gehen und das mein Vater mich wieder finden würde." Thomas sah sie von der Seite an und bemerkte wie sich Tränen in ihren Augen sammelten. Er konnte seinem Impuls nicht widerstehen, legte seinen Arm um sie und sah wie sie ihr Gesicht an seiner Schulter vergrub. So blieben sie einige Zeit sitzen, bis Alice ihren Kopf anhob um ihm wieder ins Gesicht sehen zu können:" Sag mal was hast du mit diesem Kanal zu tun?" "Mein Bruder Collin hat ein sehr ausschweifendes Leben geführt und nun hat ihn mein Vater den Geldhahn zugedreht. Um sich aus der finanziellen Misere zu retten hat er nun zwei Möglichkeiten, reich heiraten oder diesen dämlichen Kanal bauen. Und da er sich weigert einfach so in das Netz einer reichen Dame zu laufen, bleibt nur Möglichkeit Nummer zwei. Meine Eltern dachten ich würde bessere Laune kriegen, wenn ich raus aus London komme und etwas anderes sehe. Wie du siehst bin ich nun hier." "Du willst diesen Kanal auch nicht bauen?", fragte Alice erstaunt. "Natürlich nicht! Aber er ist nun mal mein Bruder und ich muss ihn unterstützen, obwohl jetzt wo ich weiß, dass du hier bist, werde ich versuchen eine andere Lösung zu finden." "Du schließt dich also unserer Rebellion an?", "Nein das nicht, ich werde versuchen eine Lösung zu finden die für beide Seiten in Ordnung ist.", "Nun ja, besser als nichts.", sagte Alice und lehnte ihren Kopf an Thomas Brust. "Du hast mir übrigens auch gefehlt.", "Wirklich? Dann hast du aber eine seltsame Art dies zu zeigen.", witzelte Thomas und auch Alice erinnerte sich an den Vorfall. "Achja tut mir leid, nur ich dachte du hättest diesen ganzen Bau angezettelt und nur zur deiner Erinnerung du lagst sehr ungünstig auf mir.", erinnerte Alice ihn mit einem Lächeln. "Du wolltest mich umhauen!", "Ich dachte du wärst einer von diesen schmierigen Arbeitern!", "Das habe ich jetzt wohl überhört!", "Immer noch eine kleine Diva, wie?" Beide konnten sich kaum noch halten vor Lachen. Da fasste Thomas all seinen Mut zusammen, nahm ihre Hand in seine und verschränkte seine Finger mit ihren. "Fühlt sich an wie damals vor 6 Jahren", flüsterte Alice und konnte den Blick nicht von ihren Händen abwenden. "Nicht ganz.", sagte Thomas, nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte ihren Kopf zu sich. Wie damals an jenem Abend, beugte er sich zu ihr runter und sie sich zu ihm hinauf. Kurz bevor sich ihre Lippen trafen, hörten sie wie Corey angelaufen kam und gingen sofort etwas auseinander. "Snow ist gleich da.", waren die einzigen Worte die er an Alice richtete und legte sich wieder hinter sie und Thomas setzte sich gegenüber von ihr hin. Kurze Zeit später kam Snow mit Shadow angelaufen. "Wie war die Runde?", fragte Corey, "Ganz gut, die Waldbewohner waren sehr erleichtert uns zu sehen, ansonsten war alles ruhig.", erklärte Snow kurz und knapp. Thomas verstand mal wieder gar nichts, sondern hörte nur das bekannte Knurren. "Sunny wird dich wieder zum Anwesen bringen, kommst du morgen wieder?", fragte Alice, "Ja ich werde morgen wieder nach dir sehen, wenn es in Ordnung ist.", sagte Thomas und sah die weiße Wölfin an, die ihm mit einem leichten Nicken ihr Einverständnis gab. Alice pfiff und Sunny kam nach kurzer Zeit wieder angesprungen. "Bis morgen.", verabschiedete sich Thomas und kletterte wieder auf den Rücken des Hirsches, der sich sofort in Bewegung setzte und ihn zu den Sheffields zurück brachte.
"Und was habt ihr besprochen?", fragte Snow und versuchte dabei gelassen zu klingen. "Nur über alte Zeiten geredet und wie es dem jeweils Anderen in den letzten Jahren ergangen ist.", "Sonst ist nichts passiert?", "Snow worauf willst du hinaus?", "Gar nichts! Man wird doch mal fragen dürfen.", murrte Snow und ließ sich auf ihrem Platz nieder. Shadow machte es ihr nach, legte sich neben sie und platzierte seinem Kopf auf ihrem. "Sei nicht so besorgt, unsere Alice weiß schon was sie tut.", flüsterte er ihr zu, während er ihr liebevoll über die Schnauze leckte. Kurze Zeit später trafen auch Seth und Lorey ein. "Na wie geht's unserer tapferen Kleinen?", fragte Seth und setzte sich vor ihr hin. "Ganz gut, mein Bein tut noch etwas weh, aber mir ist nicht mehr kalt und mein Fieber scheint auch abgeklungen zu sein. Aber ich darf mich in den nächsten Wochen noch nicht rühren, bis die Verletzung komplett verheilt ist." "Wird er uns jetzt öfter besuchen?", fragte Lorey die sich nun auch zu Alice gesellte. "Er kommt nur so oft es unbedingt notwendig ist.", mischte sich Snow sofort ein. "Ich hätte nichts dagegen, wenn er öfter zu Besuch käme, er wirkt doch recht nett. Nicht wahr Alice?", konnte Lorey mal wieder nicht für sich behalten. "Ja er hat sich kein Stück verändert, naja außer dass er etwas größer ist und besser gebaut.", sagte Alice während sich eine leichte Röte in ihrem Gesicht breit machte. "Da ist jemand verknaaaaallt.", lachte Lorey und erntete einen bösen Blick, aber nicht von Alice. "Halt die Klappe Lorey, es freut mich einfach nur meinen besten Freund aus Kindertagen wieder zu sehen.", gab Alice zurück, konnte ihr Lächeln aber nicht ganz verbergen.
Thomas stieg gerade von Sunny ab und bewegte sich Richtung Haus. Gemütlich schritt er durch die Eingangshalle und wunderte sich noch, wo denn alle waren. Er entschied sich seinem Bruder in seinem Gemach einen Besuch abzustatten, um mit ihm bezüglich des Kanals zu sprechen. Er trat vor seine Türe , machte sie auf und im nächsten Moment schlug er sie wieder zu. Das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Er rannte schon fast den Gang entlang in sein Zimmer und schlug die Türe hinter sich zu. Kurze Zeit später kam auch Collin angetanzt. "Bitte sag mir du hast mich gerade mit Mirabelle erwischt und nicht ihr Vater.", keuchte er heraus. "Ja ich war es. Aber eine Frage hätte ich doch noch. BIST DU NUN VÖLLIG ÜBERGESCHNAPPT? Du und Miss Sheffield? Kannst du nicht einmal mit deinem großen Kopf denken, anstatt mit deinem Kleinen?", Thomas redete sich richtig in Rage. "Ja ich weiß was du denkst und wie das jetzt aussehen muss, aber sie ist anders. Thomas die Frau hat eine eigene Meinung! Weißt du wie selten das heutzutage ist!" "Trotzdem! Sie ist die Tochter unseres Gastgebers und einer deiner größeren Feinde, wegen dem Kanal. Du erinnerst dich?", "Achja da wollte ich noch mit dir darüber reden. Komm mit mir in mein Zimmer, wir haben einen neuen Verlauf gefunden, mit dem die Menschen zufrieden sein müssten im Dorf." Zusammen gingen sie in Collins Zimmer, diesmal ohne große Überraschungen und er zeigte seinem Bruder eine Landkarte, auf dieser er den neuen Verlauf gezeichnet hatte. "Moment mal, was ist denn dieser Fleck, dort mitten am Weg.", fragte Thomas aufgeregt. "Ach irgend so ein großer Fels, der vom Efeu fast verschlungen wird, den sprengen wir einfach weg und die Bahn ist frei." Moment! Großer Fels? Efeu? Mitten im Wald? "Du darfst dort den Kanal nicht bauen!", rief Thomas sofort aus. "Wieso nicht?", fragte Collin verwirrt. "Das ist das Gebiet, wo Alice mit ihrem Rudel lebt, das darfst du nicht zerstören!", "Thomas es ist die einzige Lösung mit der alle zufrieden sind.", versuchte sein Bruder ihm zu erklären. "Nicht alle!", warf Thomas sofort ein und verschränkte die Arme vor der Brust. "Sie werden schon ein neues Zuhause finden, das sind Tiere, die leben sich schnell in neuen Ortschaften ein.", "Collin du weißt ich unterstütze dich in allem was du tust, doch in diesem Fall kann ich dir einfach nicht helfen. Wenn du den Kanal nach dem Plan baust, kannst du meine Hilfe vergessen!", fauchte Thomas, ehe er am Absatz kehrt machte und aus seinem Zimmer stürmte. Er ging in den Garten und setzt sich wieder auf die Bank im Pavillon. Irgendwie musste er Alice warnen und zwar heute noch! Da kam ihm eine Idee. Er stand auf und ging Richtung Wald. "Sunny!", rief er laut und bemerkte nicht wie der Falke oberhalb seines Kopfes plötzlich verschwand. Einige Zeit später kam Sunny angelaufen und blieb vor Thomas stehen. "Ich muss ganz dringend mit Alice und Snow sprechen, bring mich zu ihnen.", bat er ihn. Sunny nickte und ging vor ihm wieder in die Knie, damit er leichter aufsteigen konnte. Kaum saß er oben auf, rannte der Hirsch auch schon los.

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Heart of the Pack
RomantizmDie kleine süße Alice lebt in einer typischen Londoner Familie. Eine Mutter, ein Vater und ein kleines Brüderchen, von außen her eigentlich die perfekte Familie, doch hinter den Kulissen sieht es ganz anders aus. Von der Mutter ignoriert und vom Vat...