Kapitel 6

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"Thomas komm schon versuch doch wenigstens zu lächeln", versuchte seine Mutter ihn aufzumuntern. "Wozu denn, ihr zwingt mich meinen bescheuerten Bruder Collin nach Hamshire zu begleiten, damit er dort irgendein Dorf dazu bringt einen Kanal durch ihre schöne Landschaft zu bauen, nur damit die Bergarbeiter leichter das Erz transportieren können, ist ja ein toller Grund zur Freude.", fauchte Thomas. "Liebling du warst doch sonst auch nicht so zynisch, was ist bloß mit dir geschehen?", seine Mutter hoffte auf eine Antwort doch diese bekam sie nicht, er schwieg einfach nur, seufzend verließ sie den Raum. Tja was war wohl geschehen, in nur einer Nacht verlor er einen der wichtigsten Menschen in seinem Leben, vom Vater verjagt, direkt in die Fänge eines Wolfes. Wieder spürte er einen Stich, verdammt nicht mal nach 6 Jahren konnte er daran denken ohne fast wieder in ein tiefes Loch zu stürzen. Er war nun 22 Jahre alt, fühlte sich aber keineswegs erwachsen oder bereit für die Gesellschaft, er war antriebslos, depressiv, zog sich immer mehr zurück, er sah einfach keinen Sinn mehr in seinem Leben ohne seine Alice. "Thomas es ist soweit die Kutsche wartet", sagte sein Vater während er ihm die Türe aufhielt, mit einem Seufzen drehte er sich um, ging durch die Türe, an seinem Vater vorbei, durch die Halle, durch die große Türe und stieg zu seinem Bruder in die Kutsche. "Na da hat aber jemand gute Laune", witzelte Collin, woraufhin er gleich den Fuß seines Bruders am Schienbein spürte. "Schon gut du alter miese Peter, kaum zu glauben, dass du jünger als ich seien sollst, du siehst von uns unserem Vater nämlich am ähnlichsten, mit deinem dauer bösen Blick.", "Wärst du nicht so ein Casanova und hättest 3 Hochzeiten platzen lassen, hätte Vater dir nicht den Geldhahn zugedreht und wir müssten jetzt nicht in ein Dorf fahren um diesen blöden Kanal zu bauen, damit du finanziell gut dastehst, also nenn mich nicht miese Peter, nur weil ich nicht von einem Bett in das nächste springe." "Im Gegensatz zu dir weiß ich wenigstens die schönen Dinge im Leben zu genießen.", konterte Collin, woraufhin er wieder einen Tritt seitens seines Bruders bekam. Thomas saß mit verschränkten Armen auf seinem Sitz und blickte aus dem Fenster, das Gefährt bewegte sich und fuhr los. Thomas sah wieder den Wald wo er Alice damals das letzte Mal gesehen hatte, bevor sie ihm genommen wurde, sein Bruder spürte wie die Trauer wieder in ihm hoch kam:"Du kannst sie immer noch nicht loslassen oder?" "Wie soll man einen geliebten Menschen loslassen, wenn er einem so plötzlich aus dem Leben gerissen wird?" "Hey das ist 6 Jahre her, sie hätte sicher gewollt, dass du nach vorne blickst und nicht in ein tiefes Loch stürzt.", "Sprich nicht von ihr als wäre sie tot!!", keifte Thomas ihn an. "Du musst schon langsam einsehen, dass sie seit 6 Jahren niemand mehr gesehen hat und nach deinen Erzählungen ist sie auf dem Rücken eines Wolfes verschwunden und du weißt was Wölfe tun wenn sie Hunger haben." "Alice ist anders sie kann gut mit Tieren, sie hat ein Gespür für sie.", "Wir reden hier nicht von einem Hund oder einem lieben Kätzchen, es handelt sich um ein wildes Tier, es gibt einen Grund wieso niemand einen Wolf als Haustier hat.", "Hör auf!! Sie ist noch irgendwo da draußen und ich werde sie wiederfinden!", damit war für ihn das Gespräch beendet und er wendete sich wieder dem Fenster zu. Er sah die vorbeiziehende Gegend an, irgendwann fielen ihm die Augen zu und er fiel in einen tiefen Schlaf. Er träumte von dem Abend vor 6 Jahren, von dem Ball, den Kuss im Pavillon und dann veränderte sich der Traum. Er stand wieder auf der Böschung und sah wieder wie Alice auf dem Rücken des Wolfes davon getragen wurde. Er rief ihren Namen und wieder veränderte sich sein Traum. Diesmal stand er auf ihrer Lichtung, Alice stand mitten auf der Wiese im Sonnenschein und lächelte. Thomas rannte auf sie zu, er wollte sie einfach wieder in seinen Armen spüren, doch bevor er sie erreichte, sprang der Wolf mit seinen bernsteinfarbenen Augen aus dem Gebüsch hervor und hetzte auf sie zu. Er rannte noch schneller und wollte sie retten, doch kurz bevor er sich vor sie werfen konnte, packte der Wolf ihre Kehle und zerfetzte sie und schon bald lag sie schlaff und blutüberströmt vor ihm. "ALICE!!!", schrie Thomas und wachte Schweiß gebadet auf. Er sah sich um und erinnerte sich, dass er ja am Weg nach Hamshire war, mit seinem Bruder, den er anscheinend zu Tode erschreckt hatte, denn dieser lag nun auf dem Boden der Kutsche und sah ihn besorgt an. "Wie lange ist der letzte Albtraum her?", "Vorige Woche hatte ich ihn das letzte Mal und naja wie du bemerkt hast, jetzt wieder.", "Thomas das ist nicht normal, du solltest dir das wirklich anschauen lassen.", "Es geht mir gut, keine Sorge und übrigens ich glaube wir sind da." Collin zuckte mit den Schultern und sah ebenfalls aus dem Fenster. Sie waren wirklich angekommen, na endlich, die Fahrt war auch so schon unbequem genug. Die Kutsche kam zum still stehen und Collin stieg mit seinem Bruder aus. Sie waren vor einem Haus stehen geblieben, welches der Familie Sheffield gehörte. Mr. Sheffield war ein berühmter Naturforscher, der gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau, viel für den Umweltschutz tat. Seine Tochter Mirabelle, die schon in jungen Jahren in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten war, führte mit ihren 28 Jahren als einzige, das Anwesen. Sie war sehr beliebt, hochangesehen im Dorf und wahrscheinlich ihr größter Konkurrent, aber sie und ihr Vater waren die einzigen die die Landschaft am besten kannten, deshalb bezogen sie auch in ihrem Haus ihr Quartier. Sie gingen die Treppen hinauf zu dem recht imposanten Haus und wurden als Begrüßung direkt von einer Frau umgerannt. Thomas viel direkt nach hinten, doch Collin schaffte es auf den Beinen zu bleiben und gleichzeitig die Frau aufzufangen. "Verzeihung, meine Name ist Mirabelle Sheffield und ich nehme an sie sind die zwei Carrington Brüder und Mr. Carrington sie können mich jetzt loslassen es besteht keine Gefahr mehr, dass ich umfalle.", "Ahm, ja natürlich, verzeihen sie mir, ich darf mich vorstellen ich bin Collin Carrington und der charmante Mann da unten ist mein Bruder Thomas Carrington.", sagte Collin mit hoch rotem Kopf und ließ Mirabelle los. Er musste schon zugeben, für ihre 28 Jahre war sie wirklich attraktiv und dafür, dass sie gerade über und über mit Staub bedeckt war, sah sie einfach nur bezaubernd aus. Währenddessen hatte auch Thomas sich wieder erhoben, verdrehte die Augen, schubste seinen Bruder bei Seite und streckte Mirabelle ebenfalls die Hand hin:"Damit auch ich mich vorstellen darf Thomas Carrington, sehr erfreut.", "So da wir uns jetzt nun alle vorgestellt haben, werde ich ihnen eure Zimmer zeigen damit sie sich nach der langen Reise ausruhen können." Beide nickten und folgten der Dame tiefer in das Haus hinein, sie gingen die Treppe hoch und bogen links ab, als Mirabelle plötzlich stehen blieb:"Mr. Thomas Carrington das hier ist ihr Zimmer, wir erwarten sie um 6 Uhr zum essen, mein Vater ist zurzeit im Wald draußen und wird hoffentlich pünktlich wieder hier sein. Mr. Collin Carrington sie folgen mir weiter zu ihrem Zimmer.", damit verschwanden beide um die Ecke und Thomas betrat sein Zimmer. Es war groß und geräumig, mit einem massivem Bett, einem Spiegel und eine Ankleideraum. Er setzte sich aufs Bett und ließ sich nach hinten fallen, nach kurzer Zeit schlief er wieder ein, doch diesmal blieb ihm ein Albtraum erspart. Kurz vor 6 Uhr klopfte es an seiner Zimmertüre und sein Bruder steckte den Kopf rein. "Aufwachen Bruderherz das Essen ist gleich fertig.", müde rieb er sich die Augen, setzte sich auf und folgte seinem Bruder in den Speisesaal. Dort saß Mirabelle schon bereit und lächelte beide höflich an, während Thomas neben ihr Platz nahm, setzte sich Collin ihr gegenüber. "Guten Abend, ist ihr Vater denn schon von seiner Expedition zurück?", fragte Collin mit seinem charmanten Lächeln. "Nein noch nicht, aber er müsste jeden Moment da sein.", erklärte sie und genau in diesem Moment hörte man die Eingangstüre aufgehen und eine Gruppe von Männern wild diskutieren. Alle 3 erhoben sich und gingen in die Eingangshalle, wo ein älterer Mann mit einer Gruppe von 4 Männern stand, die lauthals und aufgeregt redeten. "Vater was ist denn hier los?", fragte Mirabelle und ging auf den älteren Herren zu. "Ich habe diese 4 Männer im Wald gefunden, sie waren Kreide bleich und völlig verängstigt, da habe ich sie eingeladen mit uns zu essen, damit sie sich etwas beruhigen können.", da wandte sich der alte Mann den zwei Neuankömmlingen zu:"Ah sie müssen bestimmt die Carringtons sein, verzeihen sie normalerweise geht es bei uns eher ruhig zu, ich darf mich vorstellen Arthur Sheffield." Er reichte beiden die Hand und zusammen ging die Gruppe zurück in den Speisesaal. Während dem Essen sprach niemand auch nur ein Wort, jeder aß in Ruhe und hing seinen eigenen Gedanken nach. Als schlussendlich der Tee serviert wurde ergriff Mirabelle das Wort:" Also meine Herren was hat sie in den Wäldern so zu Tode erschreckt?"."Es war einfach nur unheimlich, wir waren im Wald um erste Durchmessungen zu machen und ein paar Bäume zu markieren, als wir plötzlich ein Rascheln hörten. Zuerst dachten wir uns nichts dabei, aber plötzlich vernahmen wir so etwas wie ein Scharben und Knurren, da wurden wir schon etwas nervöser, versuchten aber trotzdem unserer Arbeit weiterhin nachzugehen. Ehe wir uns versahen wurden wir angegriffen. Mich und Jake hat ein gewaltiger Hirsch mit seinem Geweih weggeschleudert, Steven wurde von einem riesigen Wolf angesprungen. Und unser Phillip hier, das war überhaupt das seltsamste an dieser ganzen Geschichte, wurde von einer jungen Frau niedergeschlagen." "Moment eine junge Frau?", fragte Thomas aufgeregt. "Ja, doch bevor wir genauer hinsehen konnten, schwang sie sich auf den Rücken des Hirsches und ritt auf ihm davon, gefolgt von dem riesigen Untier."Halt! Es gibt ein Mädchen in diesem Wald das auf einem Hirsch reitet und gestandene Männer umhaut?", fragte Collin völlig perplex. "Wir im Dorf nennen sie das Wolfsmädchen, sie ist vor ein paar Jahren hier in unserer Gegend aufgetaucht, seit dieser Zeit haben sie nur ganz wenige Menschen zu Gesicht bekommen und sie ist so etwas wie die Beschützerin des Walds. Jeder der dem Wald schaden will, wird von ihr und den Tieren des Walds aufgehalten. Sie wird wahrscheinlich eure härteste Konkurrentin in der Sache mit dem Kanal." "Wir zwei großen und starken Männer werden doch bitte mit einem Mädchen fertig.", sagte Collin selbstsicher. "Sie ist ja nicht euer größtes Problem, viel mehr ihre Begleiter, das sollen angeblich riesige Wölfe sein und einmal so heißt es, habe sie sogar einen Bären auf ein paar Jäger losgelassen." Collin verstummte, doch Thomas hatte nur einen Gedanken. Könnte es sein, könnte es seine Alice sein? Würde er sie nach all den Jahren wieder sehen?

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