Meine Finger spielten mit dem silbernen Ring, welchen ich aus meiner Hosentasche gekramt und an mein Ringfinger gesteckt hatte. Der grüne kleine Smaragd leuchtete hell, verspottete mich, während die Wut in mir stieg.
Langsam setzte ich mich gerade auf dem Sofa auf, spielte weiter mit dem Ring, während ich meinen Gedanken hinterher hing. Ich biss meine Zähne zusammen, als mir die Erinnerung an diese zwei Typen kam, die Alva bedroht hatten. Wäre mein kleines Mauerblümchen nicht dagesessen, völlig schutzlos und erstarrt, hätte ich diese ekelhaften Hurensöhne nicht so leicht davonkommen lassen. Es juckte in meinen Handflächen, nicht sofort wieder auf meine Kawasaki zu steigen, zurückzufahren, und meine Wut bis zum bitteren Ende an ihnen auszulassen.
Sie hatten es nicht verdient weiterhin solch eine Untat in dieser Stadt verrichten zu können. Würden sie mir nochmals über den Weg laufen, dann würde die ganze Situation nicht mit einem Krankenhausaufenthalt enden, sondern mit deren Körpern sechs Meter unter der Erde.
Ich raufte mir meine Haare, als Alva ins Wohnzimmer gelaufen kam. Mein Blick landete auf ihr und sofort umhüllte mich eine seltsame Ruhe, als ich sie musterte.
Ihre braunen Haare waren noch immer völlig zerzaust, umschmeichelten aber dennoch ihr schmales Gesicht, während ihr braunen Augen leuchteten. Ob sie wusste, dass sie auch Grün in ihren Augen hatte?
Ein schüchternes Lächeln zierte ihre Lippen, als sie unsicher einen weiteren Schritt auf mich zuging und mit dem Ärmel ihres viel zu dünnen Pullovers spielte. Weiß stand ihr sehr gut.
„Danke, Silver, dass ich mit hierher kommen durfte. Ich finde das Haus sehr schön.", versuchte sie die Stille zwischen uns zu brechen. Ich nickte nur, während sie unbehaglich von einem Fuß auf den andern trat. Ich wollte nicht sprechen, lieber überließ ich es ihr, denn verdammt, ihre Stimme war wie Musik in meinen Ohren. „Ich denke, ich sollte nach Hause gehen. Ich möchte deine Privatsphäre nicht stören." Da war sie wieder. Die Alva, die es jedem recht machen wollte und an andere Menschen mehr dachte, als an sich selbst. Es würde nicht lange dauern, bis sie merken würde, dass sie mehr Wert war, als das, was die Menschen von ihr hielten.
Mir war bewusst, dass sie keine Außenstehende war, egal ob in der Schule oder außerhalb. Fast jeder versuchte sich mit dem unscheinbaren Mädchen zu befreunden, die keinen ihr wahres Ich zeigte.
„Du bleibst.", sprach ich befehlend und deutete auf den freien Platz neben mir auf dem Sofa. Sie konnte vergessen, dass ich sie gehen lassen würde. Die heutige Nacht hatte eindeutig gezeigt, dass Alva Schutz benötigte und niemand konnte sie so beschützen, wie ich es konnte.
Zögernd näherte sie sich mir und setzte sich vorsichtig neben mich. Ihre Anspannung war deutlich zu spüren und auch ihre Haltung glich einer Statue.
Ich wusste, was die Menschen in dieser kleinen beschissenen Stadt von mir hielten und von mir dachten. Es könnte mir nicht weniger egal sein.
Aber Alva hatte keine Angst vor mir. Sie vertraute mir nicht, dass war mir bewusst, auch wenn sie freiwillig mit zu mir nach Hause gekommen war und ich ihr Einlass in mein Zufluchtsort gewährt hatte, aber alles wäre so viel einfacher gewesen, hätte sie Angst vor mir gehabt.
Und zwar eine riesige Angst.
„Ich will dir aber nicht auf die Nerven gehen.", fing sie an zu sprechen, aber keiner von uns sah den anderen an. „Ich möchte nicht, dass du dich gestört fühlst, nur weil ich wie ein Eindringling in deinem Zuhause aufgetaucht bin."
„Wie ein Eindringling?", lachte ich ohne jegliche Emotion und blickte nun zu ihr, nur um zu sehen, dass sie mich bereits ansah. „Dir ist bewusst, dass ich dich freiwillig hierher gebracht habe, damit du in Sicherheit bist, Alva."
„Ich weiß, aber ich habe mein eigenes Zuhause."
„In das du nicht gehen möchtest.", erinnerte ich sie und hob meine Augenbrauen, als sie sich auf die Innenseite ihre Wange biss. „Das hast du selbst zu mir gesagt. Was hätte ich tun sollen? Dich einfach bei diesen zwei widerlichen Arschlöchern stehen lassen?", zischte ich zum Ende hin, aber nicht wegen Alva, sondern wegen der wiederaufkommenden Erinnerungen der Drecksäcke, die Alva belästigt hatten.
„Entschuldige, ich glaube, ich bin etwas durch den Wind. Es war ein langer Tag.", sagte sie, fuhr sich durch ihre verknoteten Haare, worauf sich ein leichtes Lächeln auf ihr Gesicht mogelte.
„Schließlich war heute mein erster Tag als Kriminelle.", versuchte sie die angespannte Situation aufzulockern und das schaffte sie. Zwar bewegten sich meine Mundwinkel nicht und auch sonst kein Muskel in meinem Gesicht zeigte eine Regung aber eine Ruhe breitete sich in mir aus. Eine Ruhe, die ich bis jetzt nur bei Alva verspürt hatte - das erste Mal, als sie im Flur gegen mich gelaufen war.
„Abgesehen von der Polizei war dein erster Tag ziemlich gut.", ging ich auf ihr Gesagtes ein und hob eine Augenbraue, weswegen sie leicht lachte.
„Das nächste Mal wird's besser." Als sie merkte, was sie gesagt hatte, riss sie ihre Augen leicht geschockt auf und biss sich auf ihre Unterlippe, während eine Röte sich über ihre Wange legte.
„Das nächste Mal?" Diesmal konnte ich kein Grinsen verstecken. „Möchtest du etwa noch mehr von mir befleckt werden, Mauerblümchen?" Die Zweideutigkeit in meiner Stimme war Alva klar, weswegen sie die Luft scharf einsog und ich erkannte, wie sie ihre Beine zusammenpresste. Es war gut zu wissen, dass ich solch eine Auswirkung auf sie hatte. Denn sie war nicht die einzige, die die stetig ansteigende Hitze in diesem Raum bemerkte. So unscheinbar wie Alva war, so sehr ging sie mir auch unter die Haut.
Ich unterdrückte den Drang näher an sie heran zu rücken, ihre Wärme zu spüren, die meine Gedanken komplett vernebelte. Sie hatte einen traumatisierenden Abend gehabt, da musste ich sie nicht noch mehr verunsichern.
Ich sah sie noch immer an, spielte währenddessen mit dem Ring an meinem Finger, weswegen ihr Blick auf meine Hände landete.
„Silver, das sieht aber nicht gut aus.", sprach sie und ich folgte ihrem besorgten Blick. Ich hatte deutliche Schürfwunden an meinen Knöcheln der rechten Hand. Meine Haut war aufgeplatzt und getrocknetes Blut klebte daran. Ich unterdrückte ein zufriedenes Seufzen, als mir bewusst wurde, dass das das Blut der ekligen Wichser von heute Abend war. „Lass mich dir nun helfen."
Alva stand auf, stellte sich direkt vor mich und streckte ihre Hand mir entgegen, als wollte sie mir beim Aufstehen helfen. Statt ihre Hand zu nehmen, stand ich einfach auf und lief in Richtung Badezimmer. Ich konnte mich selbst verarzten. Es wäre nicht das erste Mal gewesen.
Ich räumte das Desinfektionsmittel aus meinem Schrank, schraubte die Kappe ab und schüttete den Alkohol einfach über meine Verletzungen.
Ich hörte ein mitfühlendes Zischen hinter mir. Ich wandte meinen Kopf zu Alva, die mich mit großen Augen ansah und auf ihre Unterlippe biss. Bei dem Gedanken an ihre Lippen wurde meine Hose sofort enger.
„Scheiße, tut dir das nicht weh?", fragte sie besorgt, als sie auf mich zukam und meine verletzte Hand in ihre nahm, um nochmals auf die Wunden zu schauen. „Die sind so tief, Silver. Das muss doch wehtun." Sie hatte recht, es müsste weh tun, aber das tat es nicht. Noch nie hatte mir eine Schnittwunde, ein Schlag oder eine allgemeine Verletzung wehgetan. Verdammt, ich hatte mir schon so viele Knochen gebrochen und nicht einmal hatte ich so etwas wie Schmerz empfunden. Dieses Gefühl gab es bei mir nicht.
„Tut es nicht." Ich entzog ihr meine Hand, als ihre Berührung eine Hitze in mir auslöste, die ich nicht kannte. Ich räumte mein Desinfektionsmittel wieder zurück an seinen Platz und nahm Verbandsmaterial heraus.
„Lass mich das machen.", versuchte sie wieder mir ihre Hilfe anzubieten, aber ich entzog ihr den Verband und schüttelte mit meinem Kopf.
„Nein."
„Silver, wenn du mich dir jetzt nicht helfen lässt, dann.."
„Was dann?", zischte ich und schmiss den Verband wütend ins Waschbecken. „Beende deinen Satz, Alva. Mich würde interessieren, was du machen würdest." Sie machte keine Anstalten, ihre unausgesprochene Drohung nun ganz auszusprechen, was mich mit den Augen rollen ließ. „Ich kann mir selbst helfen."
„Du bist ein Arschloch, Silver." Man konnte deutlich die Wut in ihrer Stimme hören, aber das ließ mich kalt. Was mein Blut in Wallung brachte, war ihre Wortwahl.
„Was bin ich?" Mit einem Schritt stand ich direkt vor ihr, ihre Brust berührte meine, während ihre Atmung schnell und unkontrolliert ging.
„Ein. Arschloch.", betonte sie jedes einzelne Wort, was mich zum Grinsen brachte.
„Oh, Alva." Ich packte sie an den Hüften, presste sie nun komplett gegen mich, während ich sie die letzten Meter nach hinten drückte. Sie knallte mit ihrem Rücken gegen die kalte Wand des Badezimmers.
Ein erstickter Laut kam ihr über die Lippen, als ich mich zu ihr hinunterbeugte. Unser Atem vermischte sich, ihre Wärme umhüllte mich, während sie mich mit geschockten braunen Augen ansah. „Soll ich dich daran erinnern, mit wem du hier redest? Wen du beleidigst?"
„Ich habe keine Angst vor dir, Silver." Mein Name aus ihrem Munde zu hören, wie sanft sie ihn sagte, auch wenn ein wütender Unterton dabei war, bescherte mir eine Gänsehaut. Wie mein Name sich wohl anhören würde, während sie ihn laut stöhnte und unter mir völlig die Fassung verlieren würde?
Ich hob meine Hand, strich sanft eine Strähne ihrer braunen Haare aus ihrem Gesicht, worauf ich meine Finger über ihren Hals hinunter zu ihrem Schlüsselbein wandern ließ. Noch immer bewegte sich ihr Brustkorb unregelmäßig. Ein Keuchen überkam ihre Lippen.
„Vielleicht wäre es besser, wenn du Angst vor mir hättest. Wie jeder Mensch mit einem gesunden Verstand."
„Dann bin ich wohl lebensmüde.", sagte sie leise, ihre Stimme war nur ein Flüstern, als ich zustimmend nickte.
„Das bin ich auch." Und damit ließ ich sie los, wandte mich von ihr ab und ging ohne ein weiteren Blick aus dem Badezimmer raus.
Ich musste jetzt erstmal irgendwie die Situation in meiner Hose klären.
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SILVER
Novela Juvenil"it's hard to resist a bad boy who's a good man. Jeder in der Stadt wusste wer er war. Jeder fürchtete sich vor ihm. Wenn man seinen Namen hörte zuckte jeder zusammen, denn sie wussten wie er war. Sie kannten ihn. Silver King. Jedoch, kannten sie ih...